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Welches Weihnachtslied im Hochsommer entstand – und andere Geschichten über Klassiker zum Fest

Weihnachten ist auch die Zeit der Musik: Es wird viel gesungen – doch wo und wie sind die Lieder eigentlich entstanden?

Weihnachten ist auch die Zeit der Musik: Es wird viel gesungen – doch wo und wie sind die Lieder eigentlich entstanden?

„Jingle Bells“

Der Weihnachtsmann kommt, heißt es ja immer, mit seinem Schlitten durch die Luft. Aber dass er wirklich durchs Weltall zu fliegen schien, war 1965 auch für die Nasa etwas überraschend. Am 16. Dezember dieses Jahres zumindest erklangen in der Kontrollstation am Boden plötzlich altbekannte Schlittentöne: Die beiden Astronauten Tom Stafford und Wally Schirra waren zu jener Zeit gerade in der Gemini-6-Kapsel unterwegs, als sie einen musikalischen Gruß in die USA und an ihre Kollegen in der parallel im All fliegenden Gemini-7-Kapsel schickten: „Jingle Bells“. Heimlich sollen die beiden eigens dafür eine Mundharmonika und ein Schellenband mit an Bord genommen haben. „Wir haben ein Objekt, das aussieht wie ein Satellit, der von Norden nach Süden wandert“, meldeten sie. „Ich sehe ein Kommandomodul und acht kleinere Module davor. Der Pilot des Kommandomoduls trägt einen roten Anzug.“

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„Jingle Bells“ ist eines der international bekanntesten Weihnachtslieder – dabei war es ursprünglich gar nicht als solches gedacht. Der Kirchenmusiker James Lord Pierpont hatte es 1857 unter dem Titel „One Horse Open Sleigh“ („offener einspänniger Pferdeschlitten“) komponiert, und es war daraufhin vor allem anlässlich des Thanksgivingtages in den USA zu hören, des Erntedankfestes. Experten nehmen an, dass Pierpont es eigens für einen Erntedank-Gottesdienst komponierte. An einer Schule, an der er unterrichtete, soll er es mit den Kindern einstudiert haben.

Im Kern ist „Jingle Bells“ ein Lied über Pferdeschlittenrennen von Jugendlichen. Der Refrain erinnert an die Glocken des Gurtgeschirrs der Schlittenpferde. Die sollten zu jener Zeit Zusammenstöße im Schnee verhindern. Im All hat es zumindest geklappt: Gemini 6 und Gemini 7 kamen sich an jenem Tag planmäßig bis auf 30 Zentimeter nah – aber sie stießen nicht zusammen.

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„O Tannenbaum“

Zum Fest der Liebe besingen Millionen den Tannenbaum, der das gesamte Jahr über ein Schmuckstück ist – „... wie oft hat nicht zur Weihnachtszeit ein Baum von dir mich hoch erfreut“. Der Liebe hat auch dieses Lied seine Entstehung zu verdanken, allerdings einer eher unglücklichen. Der Prediger und Volksliedsammler August Zarnack schrieb den ursprünglichen Text nach dem Aus einer Beziehung als trauriges Liebeslied. Seine Angebetete soll ihm untreu geworden sein oder ihn verschmäht haben. Als Gegenbild zur unzuverlässigen Frau fiel Zarnack vor rund 200 Jahren die brave Tanne ein, und er dichtete „O Tannenbaum, o Tannenbaum! / Wie treu sind deine Blätter; / du grünst nicht nur zur Sommerzeit, / nein, auch im Winter, wenn es schneit“. Heute singen wir allerdings meist von grünen und nicht von treuen Blättern. Und Zarnacks zweite Strophe „O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist dein Gemüte“ hat es auch nicht in den Weihnachtsliedkanon geschafft.

Dass es dort gelandet ist, verdankt es dem Leipziger Lehrer und Organisten Ernst Anschütz, der den Text 1824 ummodelte, sodass fortan von einer Tanne statt von einer Frau gesungen wurde. Ob bei Zarnack oder Anschütz – beide sangen ihre Texte zur Melodie des bekannten Studentenlieds „Lauriger Horatius“.

Und das ist wahrlich unverwüstlich und nicht nur für ein Weihnachtslied geeignet. Selbst die Fans des FC Chelsea schmettern ein Lied zu dieser Melodie. Statt das Nadelgehölz zu besingen, heißt es beim Londoner Fußballklub allerdings „From Stamford Bridge to Wembley / We‘ll keep the blue flag flying high“.

„Stille Nacht, heilige Nacht“

Im Jahr 2011 hat die Unesco „Stille Nacht, heilige Nacht“ als immaterielles Kulturerbe Österreichs anerkannt. Das ist aller Ehren wert, aber auch ohne diesen Titel zählt das Weihnachtslied wohl zu dem weltweit bekanntesten Kulturerbe. Es soll in mehr als 300 Sprachen und Dialekte übersetzt worden sein, darunter in Maori, der Sprache der neuseeländischen Ureinwohner, und in die südindische Sprache Kannada. Ganz schön international für ein Lied, das in einem Dorf in Österreich entstanden ist.

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Die Verbreitung von „Stille Nacht“ ist beeindruckend, die Entstehungsgeschichte berührend – und das hat das Weihnachtslied mit anderen ikonischen Musikstücken gemein. 1816 schreibt Joseph Mohr, Hilfspfarrer im Salzburger Land, das Gedicht „Stille Nacht, heilige Nacht“. Er bittet den Organisten Franz Xaver Gruber, mit dem er befreundet ist, den Text zu vertonen. Zwei Jahre später ist es so weit: Am Heiligen Abend 1818 tragen die Männer das Lied gemeinsam in der Oberndorfer St.-Nikola-Kirche in der Nähe von Salzburg vor. Tenor Mohr, der auch Gitarre spielte, singt die erste Stimme, Bariton Gruber die zweite.

Um die Frage, warum das Lied mit Gitarrenbegleitung und nicht mit Orgelklängen uraufgeführt wurde, ranken sich diverse Legenden. So soll, heißt es zum Beispiel, eine hungrige Maus den Blasebalg des Instruments angeknabbert haben, und Mohr nahm deshalb die Gitarre zur Hand. Die Wahrheit war profaner: Die Oberndorfer Orgel war schlicht reparaturbedürftig. Doch auch mit Gitarrenbegleitung begeisterte und rührte „Stille Nacht“. 1819 wurde es schon im rund 130 Kilometer entfernten Fügen im Zillertal gesungen – der Beginn einer wunderbaren Erfolgsgeschichte.

„White Christmas“

Der Komponist Irving Berlin neigte nicht gerade zu Bescheidenheit, als er 1940 „White Christmas“ vollendete. Seinem Sekretär soll er erklärt haben: „Es ist nicht nur der beste Song, den ich jemals geschrieben habe. Es ist auch der beste Song, den je irgendjemand geschrieben hat.“ Und geschrieben haben soll er ihn ausgerechnet inmitten hochsommerlicher Temperaturen im Westen der USA. Deswegen womöglich die Textzeile „I‘m dreaming of a white christmas“ (Ich träume von weißen Weihnachten).

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Zwei Hotels streiten sich darum, Entstehungsort von „White Christmas“ gewesen zu sein: das Arizona Biltmore in Phoenix/Arizona und die Resortstadt La Quinta in Kalifornien. Ein drittes Hotel hatte zwar überhaupt nichts damit zu tun, freute sich aber später über unfreiwilligen Ruhm: Der Song entstand für den Musicalfilm „Holiday Inn“ (1942), Name einer Jahre danach gegründeten Hotelkette. Bing Cosby sang „White Christmas“ zuerst, und er verhalf dem Song zu internationalem Ruhm: Mit 50 Millionen verkauften Exemplaren gilt seine Version als die bestverkaufte Single der Welt. Zählt man Interpretationen anderer Künstler dazu, waren es sogar mehr als 100 Millionen. Der Song gewann zudem einen Oscar, den für den besten Originalsong (1943).

Jahre später erlangte das Lied noch einmal eine ungeahnte Bedeutung: Am Morgen des 29. April 1975 ertönte im US-Militärsender in der damaligen südvietnamesischen Hauptstadt Saigon überraschend der für diese Jahreszeit ungewöhnliche Klassiker. Es war ein Codewort: Die letzte Phase der Evakuierung begann – die USA hatten den Krieg verloren.

„Feliz Navidad“

Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Die zentrale Botschaft eines Weihnachtsliedes kann es schließlich sein, einander frohe Weihnachten zu wünschen. Und warum nur einmal, wenn es auch öfter geht? Etwa so wie in „Feliz Navidad“. Streng genommen besteht nahezu der gesamte Hit aus diesem Wunsch – mal auf Spanisch gesungen, mal auf Englisch, und das etwas mehr als drei Minuten lang.

Dass der Text zweisprachig ist, hängt mit der Biografie des Texters und Komponisten José Feliciano zusammen. Geboren wurde er 1945 in Puerto Rico, fünf Jahre später zog die Familie nach New York. Feliciano, der von Geburt an blind ist, war zuerst als spanischsingender Musiker in Lateinamerika erfolgreich, veröffentlichte seit Mitte der Sechzigerjahre aber auch zahlreiche Alben auf Englisch. Nach eigener Aussage hat der Sänger und herausragende Gitarrist „Feliz Navidad“ 1970 innerhalb von fünf Minuten komponiert. Das klingt glaubhaft.

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Der Weihnachtssong ist wohl Felicianos bekannteste Komposition, aber nur eine von vielen – er hat zum Beispiel mehrere Grammys in der Kategorie Latin Pop gewonnen. Und sein Auftritt 1968 zu den World-Series-Baseball-Spielen, als er die amerikanische Nationalhymne sang, ist legendär. So unpathetisch hat man den „The Star-Spangled Banner“ bei Megaevents selten gehört. Viele fanden Felicianos Version jedoch auch unpatriotisch – und attackierten den Musiker anschließend scharf. Sogar seine Ausweisung aus den USA wurde gefordert. Mittlerweile lebt er in Österreich.

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