Altenburger Apotheker erklärt, was es bei Arzneimittelspenden zu beachten gilt
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Der Altenburger Apotheker Lutz Gebert erklärt, was bei Medikamenten-Spenden für die Ukraine geht – und was nicht. Am besten sei es, Geld zu spenden.
© Quelle: Mario Jahn
Altenburg. Mit jedem Tag des verheerenden Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ist die Spendenbereitschaft immer weiter gewachsen. Das gilt auch für das Altenburger Land, wie die vielen Initiativen und Hilfsaktionen zeigen. Medikamente und medizinische Produkte zählen zu den am dringendsten benötigten Hilfsgüter. Doch dabei gilt es einiges zu beachten, erklärt der Altenburger Apotheker Lutz Gebert.
Problem: Beratungspflicht
Völlig in Ordnung sei, wenn eine Klinik an eine andere Klinik mit einer Liste herantritt, wie bei der ukrainischen Partnerklinik der Altenburger Psychiatrie, so der Pharmazeut. „Denn dann ist davon auszugehen, dass die Sachen gebraucht werden und klar ist, wie sie verwendet werden.“ Anders sei das aber bei Bürgern, die 20 Packungen Schmerztabletten kaufen und an eine Hilfsorganisation schicken wollen.
„Die Masse der Arzneimittel ist rezept- oder apothekenpflichtig“, erklärt Gebert das Grundproblem. „Damit ist wiederum eine Beratungspflicht und eine Aufklärung über Neben- und insbesondere Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verbunden.“ Deshalb dürfe selbst er, ohne zu beraten oder sicherzugehen, dass der Empfänger mindestens den Beipackzettel lesen und verstehen könne, nichts schicken.
Besser Geld spenden – oder Verbandsmaterial
„Es bringt auch nichts, etwas mit einem Medikament anzubehandeln, wenn der Nachschub fehlt und man dann umstellen muss“, sagt der 59-Jährige und rät daher von Einzelspenden ab. „Besser ist es, bei Partner X aus dem medizinischen Bereich anzufragen, was konkret gebraucht wird, oder Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Apotheker ohne Grenzen eine Summe zu spenden, die dann gezielt benötigte Arzneimittel kaufen.“ Diese bekommen ohnehin meist bessere Preise und damit mehr Hilfe fürs Geld.
Wer sich dennoch nicht von Sachspenden medizinischer Produkte abhalten lassen will, dem rät Lutz Gebert zu Verbandsmaterial und Hygieneartikeln. „Das ist unproblematisch, weil klar ist, wie es zu verwenden ist und nichts überdosiert werden kann“, sagt er. Und wenn es unbedingt Medikamente sein sollen, dann am ehesten Schmerzmittel wie frei verkäufliches Paracetamol oder Ibuprofen, weil hier die Gefahr von Neben- und Wechselwirkungen vergleichsweise gering sei.
Jod-Tabletten machen keinen Sinn
Gänzlich ab rät der Pharmazeut indes von Jod-Tabletten – insbesondere ohne ärztlichen Rat. „Die frei verkäuflichen Produkte sind so gering dosiert, dass sie nicht helfen, und die mit starker Dosis sind vom Katastrophenschutz aufgekauft“, sagt Gebert und verweist auf gut gefüllte Lager der Behörden. „Zudem sollen Menschen über 45 Jahren prinzipiell kein Jod nehmen.“
Die Idee hinter der Jod-Einnahme ist, dass man die Schilddrüse damit füllt, um die Aufnahme des radioaktiven Jods zu vermeiden, was als Zerfallsprodukt bei Kernreaktionen entsteht. „Das kann sich einlagern und Krebs verursachen“, sagt der Apotheker. „Das muss es aber nicht.“ Ganz zu schweigen, dass es nur eine Möglichkeit der radioaktiven Verseuchung ist.
Von Thomas Haegeler