Schrottreife Transporter: LVZ-Spendenaktion hilft, dass Altenburger Tafel nicht auf der Strecke bleibt
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Peter Albrecht mit einem der lang gedienten Transporter. Mehr als 200 000 Kilometer hat das Fahrzeug auf dem Tacho.
© Quelle: Mario Jahn
Altenburg. Kommen wir hin? Es ist die zentrale Frage, die sich in jeglichem Sinne durch jeden von Peter Albrechts Arbeitstage zieht. Die ihn, den Chef der Altenburger Tafel, jeden Morgen bereits um vier aus dem Bett treibt, damit er eine Stunde später als Erster im Büro den Tag anschiebt. Wenn seine Fahrer um halb sieben auftauchen, beginnt der alltägliche Kreislauf aus Holen, Bringen und Weitergeben – sofern der Fuhrpark mitmacht.
Zwei Transporter und ein „Hundefänger“ zählt dieser auf dem Papier. Die Realität jedoch sieht düster aus: „Zwei von drei Fahrzeugen haben über 200 000 Kilometer auf der Uhr und sind eigentlich hinüber“, seufzt Albrecht. Nur dem jüngeren der beiden Sprinter – Tachostand 160 000 Kilometer plus – vertraut er überhaupt noch auf der Langstrecke. Und damit ist alles jenseits der Stadtgrenzen gemeint.
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Peter Albrecht mit einem der lang gedienten Transporter. Mehr als 230 000 Kilometer hat der Wagen auf dem Tacho.
© Quelle: Mario Jahn
Weniger Lebensmittel für mehr Bedürftige
Technische Tatsachen, die den von Haus aus schon sehr unvorhersehbaren Alltag in der Altenburger Gabelentzstraße zusätzlich belasten. Denn während die Schlange von Bedürftigen – getrieben durch Inflation, Armut, Ukrainekrieg – immer länger wird, die Menschen selbst jetzt im Winter bei Frost und Dunkelheit schon lange vor 9 Uhr auf Einlass warten, kommen immer weniger Lebensmittel bei der Tafel an. „Genug für alle ist nie da, das muss man so sagen“, bekennt Albrecht. Daran sei nicht nur die aktuelle Lage der Nation schuld, sondern auch neue Geschäftsfelder, die die Supermärkte selbst eröffnet hätten.
„Da gibt es jetzt ,Rettertüten’ oder stark reduzierte Produkte mit kurzem Haltbarkeitsdatum. Früher wären diese Lebensmittel bei uns gelandet“, führt Marion Beyer aus. Als Regionalstellenleiterin für Ostthüringen ist sie das Bindeglied zwischen den Abgabestellen und dem Trägerverein Talisa, betreut neben Altenburg noch die Tafeln in Eisenberg und Greiz sowie den „Tali Tisch“ in Gera. Sie weiß: „Die Probleme sind überall die gleichen.“
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Für ein möglichst großes Angebot jeden Tag im Laden der Altenburger Tafel geben Regionalstellenleiterin Marion Beyer und Tafel-Chef Peter Albrecht alles.
© Quelle: Maike Steuer
Gemüse im Pelzmantel
Und das, was noch abgeholt werden darf, ist sehr oft mit sehr großen Abstrichen tafelfertig. Der Inhalt von nur sechs von zehn Kisten, schätzt Albrecht, kann letztlich in den Regalen zum stark reduzierten Preis angeboten werden, der Rest landet in den acht großen Biotonnen im Hof. „Egal, was uns hingestellt wird: Wir diskutieren nicht, nehmen alles mit und fragen uns doch oft, ob die Mitarbeiter mancher Supermarktketten wirklich denken, dass man vergammeltes Obst und Gemüse im Pelz oder sogar Scherben noch essen könnte?“, merkt der 64-Jährige mit einer gehörigen Portion Ironie an. Wobei der Großteil der Ausbeute längst nicht mehr aus der Skatstadt kommt.
Abholstationen in ganz Thüringen und auch Sachsen
Bis nach Apolda, Weimar und Erfurt und über die sächsische Landesgrenze spannt sich inzwischen das Netz, das der gelernte Kraftfahrer Peter Albrecht seit fünf Jahren mit viel Ausdauer und gebetsmühlenartigem immer wieder nachfragen und regelmäßig erinnern knüpft. Die Visitenkarten von Wolf, Alaska und anderen hängen im Büro an der Pinnwand, aber, er tippt sich an den Kopf, „eigentlich ist das alles hier abgespeichert, wann ich wen mal wieder anrufen sollte“. Gleiches gilt für die aktuellen Preise in den Supermärkten, den Bestand in der Kühlzelle, die Routen der Fahrer genauso wie die nächste Werkstattrechnung.
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Mehr als 268 000 Kilometer gerollt: Mit diesem hohen Tachostand und den zahlreichen Mängeln taugt dieses Fahrzeug nur noch für Stadtverkehr.
© Quelle: Mario Jahn
Neuer Transporter notwendig
„Wir bräuchten wirklich dringend einen neuen Transporter“, betont der Chef und malt bei dem Wort „neu“ Gänsefüßchen in die Luft. Ob da etwas preislich Passendes und überhaupt Verfügbares zu finden ist? ... Sein Schulterzucken beendet den Satz.
Umso mehr freuen er und Marion Beyer sich über die Unterstützung der LVZ mit der Spendenaktion „Ein Licht im Advent“. Des Öfteren hätten sie schon angebotene Waren ablehnen müssen mangels verfügbarem Fahrzeug.
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Doppelt bitter mit Blick auf die stetig größer werdende Schar an Bedürftigen. Bis zu 90 Menschen pro Tag beziehungsweise 450 bis 500 Familien im Monat werden mit den Lebensmitteln zum kleinen Preis unterstützt. „Anspruch hätten weitaus mehr, aber gerade unter den Rentnern ist die Hemmschwelle groß. Viele schämen sich“, weiß Marion Beyer. Besonders Fisch, Obst, Tomaten und Paprika seien gefragt, Veganes hingegen nicht so, merkt Peter Albrecht an.
Besuch vom OB erwünscht
Das Schönste an ihren Jobs, da sind sich Beyer und Albrecht einig, sei die Dankbarkeit ihrer Kundinnen und Kunden, die aus dem ganzen Landkreis kämen. „Wir werden dringend gebraucht und fühlen uns doch auf kommunaler Ebene allein gelassen“, bedauert Peter Albrecht. Altenburgs Oberbürgermeister Andre Neumann (CDU) zum Beispiel, den habe er schon mehrfach eingeladen, „doch hier war er noch nie“.
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