Archäologische Grabungen

Sensationsfund aus dem 5. Jahrhundert bei Altenburg

Grabungsmitarbeiterin Susanne Hauptfleisch legt vorsichtig das Skelett aus dem 5. Jahrhundert frei.

Grabungsmitarbeiterin Susanne Hauptfleisch legt vorsichtig das Skelett aus dem 5. Jahrhundert frei.

Molbitz. Dass Ferngasleitungen (FGL) nicht für die Ewigkeit gemacht sind, freut Ines Spazier, Gebietsreferentin beim Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie dieser Tage ganz besonders. Denn der bis Sommer 2020 geplante Austausch der FGL 32 Räpitz-Niederhohndorf, die sich durch Sachsen und Thüringen schlängelt, eröffnet dem Team aus Archäologen seit April die Chance, eine Schneise von mehr als 20 Kilometern quer durch das nördliche Altenburger Land umzugraben.

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Was sie in den vergangenen acht Wochen fanden, „fühlt sich an, als würden Weihnachten, Ostern und auch noch Pfingsten auf einen Tag fallen", schwärmt Ines Spazier beim Vor-Ort-Termin im Hanffeld an der Molbitzer Straße.

Mit 19230/7 hatte niemand gerechnet

Statt weiterer Urnengräber aus dem 9. Jahrhundert vor Christus, derer sich in dieser Gegend bereits zahlreiche fanden, entdeckten sie es: das Skelett einer jungen Frau, die vor etwa 1500 Jahren unweit der heutigen Straße ihre letzte Ruhestätte fand. Die sterblichen Überreste von 19230/7 – so die Inventarnummer der Unbekannten – samt der Grabbeigaben gleichen nicht weniger als einer Sensation, frohlockt Ines Spazier: „Ihr Tod datiert zurück auf die frühe Völkerwanderungszeit, wovon es bislang sehr wenige Funde im Altenburger Land gibt. Den letzten vor etwa 40 bis 50 Jahren.“

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Geschmückt mit einem bronzenen Halsring, ist es dem für den Landkreis typischen Lößboden zu verdanken, dass das Skelett der etwa 25-jährigen Frau so gut erhalten blieb, wie Spazier erklärt: „Im Sandboden hätten sich die Knochen zersetzt und wir hätten – wenn überhaupt – nur noch einen so genannten Leichenschatten gefunden.“

1500 Jahre nach ihrem Tod überraschten ihre Überreste nun die Archäologen

1500 Jahre nach ihrem Tod überraschten ihre Überreste nun die Archäologen. Bestens erhalten wegen des typischen Altenburger Lößbodens.

Schon acht Fundstellen und kein Ende in Sicht

Auch wenn das weibliche Skelett mit Abstand der spektakulärste Fund für die Archäologen ist, hielt das Grabungsgebiet bislang noch zahlreiche weitere spannende Bodenschätze parat und macht die Gegend zu einer der fundträchtigsten Stätten des Freistaats, wie Spazier bestätigt.

Nur ein paar hundert Meter weiter stießen die Grabungsmitarbeiter auf eine so genannte Hockerbestattung – ein menschliches Skelett mit angewinkelten Beinen, umgeben von Feuerstein und einem Beil. „Eindeutig ein junger Mann, weil rechts gehockt und nicht links, wie bei Frauen üblich, und noch mal 2000 Jahre älter als 19230/7“, weiß Grabungsmitarbeiterin und Zeichnerin Susanne Hauptfleisch. Bislang sei nur ein weiterer derartiger Fund in Thüringen aus Apfelstädt bekannt.

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 Volker Neubeck und Ines Spazier zeigen ein Foto von einem weiteren Skelett, das in unmittelbarer Nähe als Hockerbestattung gefunden wurde

Volker Neubeck und Ines Spazier zeigen ein Foto von einem weiteren Skelett, das in unmittelbarer Nähe als Hockerbestattung gefunden wurde.

An acht verschiedenen Stellen fanden die Experten bislang Spuren der vergangenen Jahrtausende. „Noch mal so viele, wenn nicht gar mehr“ erhofft sich Spazier für die kommenden Monate, in denen auch die bei Kürbitz und Kosma entdeckten riesigen Siedlungsgebiete mit jeweils über 100 Fundstücken noch ausgiebiger erforscht und analysiert werden sollen. „Auch wenn die Wahrscheinlichkeit groß war, dass wir bei unseren Grabungen etwas finden, übertreffen diese Top-Ergebnisse alles.“ Aus den Funden ergebe sich ein unwahrscheinliches, ganz fantastisches neues Siedlungsbild für das Altenburger Land, wird Ines Spazier nicht müde zu betonen.

Ausstellung in Altenburg denkbar

Auch Ralf Borschinsky vom Netzbetreiber Ontras Gastransport GmbH ist sichtlich beeindruckt von den unverhofften Bodenschätzen. „Das Schöne bei diesem Projekt ist, dass wir genügend Zeit eingeplant haben, damit die Archäologen sich in Ruhe dem Gebiet widmen können, bevor wir loslegen.“ Umso besser, wenn dann auch noch solche Entdeckungen gemacht würden.

„19230/7“ reist derweil in den kommenden Tagen ins Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar, um dort gesäubert und anthropologisch umfassend untersucht zu werden. War die junge Frau krank? Und wann konkret wanderte sie im 5. Jahrhundert durch das Altenburger Land? Diesen Fragen gehen die Experten nach.

Dass die Unbekannte irgendwann auch mal in Altenburg von der Öffentlichkeit betrachtet werden kann, hält Ines Spazier für durchaus möglich: „Denkbar wäre eine Ausstellung im Altenburger Schloss zu den Grabungsfunden der vergangenen 20 Jahre im Landkreis. Da wäre ihr Skelett natürlich dabei.“

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Von Maike Steuer

LVZ

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