Böhlen benötigt neue Fernwärmelösung bei Leipziger Ausstieg 2023
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Wenn das Kraftwerk Lippendorf (l.) Leipzig künftig nicht mehr mit Fernwärme versorgt, benötigt auch Böhlen eine andere Lösung.
© Quelle: Jens Paul Taubert
Böhlen. Leipzig baut seit Monaten ein Gaskraftwerk im Stadtteil Lößnig. Hintergrund des 150 Millionen teuren Vorhabens: Die Messestadt will ab 2023 auf die Versorgung mit Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf verzichten. Das stellt Böhlen vor eine Herausforderung. Denn die 7000-Seelen-Stadt hängt an eben jener Leitung, die nun voraussichtlich in zwei Jahren gekappt werden soll. Heißt: Böhlen muss sich auf die Schnelle nach Alternativen umsehen.
„Unser Stand der Dinge ist, dass der ganze Strang abgeschaltet wird, wenn die Fernwärmelieferung an Leipzig eingestellt wird“, sagt Böhlens Bürgermeister Dietmar Berndt (parteilos). Für die Kleinstadt würde das bedeuten: In den Wohnungen wird es kalt. Damit es nicht so weit kommt, haben Berndt und die Wohnungsgenossenschaft (WG) Böhlen erste Gespräche mit der Getec-Gruppe geführt. Das Unternehmen aus Magdeburg ist Eigentümer des Netzes, „und es wurde uns zugesichert, dass die Versorgung von Böhlen mithilfe von Erdgas gesichert sei“, fasst Berndt zusammen.
Berndt: Erdgas ist keine nachhaltige Lösung
Klingt an sich nach einer schnellen und einfachen Lösung. Könnte aber für Böhlen bedeuten, sich von der Getec-Gruppe abhängig zu machen. „Wenn nämlich der Gaspreis steigt, müssen wir wohl oder übel zahlen, weil wir keine andere Alternative haben“, macht der Rathauschef deutlich.
Dennoch: Böhlen wird das Angebot der Getec annehmen, sich aber dennoch weiterhin Gedanken über eine andere Lösung machen. Denn nach Aussage von Berndt ist Erdgas nun auch nicht die nachhaltigste Variante. Das Gedankenkarussell drehen auch die beiden Vorstandsmitglieder der WG Böhlen, Uwe Graupner und Jörg Becker. Sie fordern, Mittel aus dem Topf für den Strukturwandel für den Weiterbetrieb der Fernwärmeleitung zu nutzen, um Böhlen weiterhin aus Lippendorf versorgen zu können. „Die Kappung der Leitung wäre ja nun eine direkte Auswirkung der Energiewende und des damit einhergehenden Strukturwandels“, begründet Becker.
Wärme aus Lippendorf ungenutzt
Eine andere Idee, welche die Vorstandsmitglieder mit Berndt besprochen haben, sind dezentrale Blockheizkraftwerke. Das wäre zwar eine mögliche Lösung für die Quartiere, „aber wie man es dreht und wendet, bleibt doch ein Effekt, der eigentlich nicht gewünscht sein kann“, betont Becker. Nämlich der, dass die Wärme, die in Lippendorf noch bis zum Ausstieg aus der Kohle im Kraftwerk entsteht – also bis 2035 – „ungenutzt in die Luft geblasen wird“.
Zur Debatte stand auch schon einmal, künftig das Chemieunternehmen Dow als Wärmelieferant zu nutzen. Das aber bringe nach Aussage von Berndt, Becker und Graupner einen gravierenden Nachteil mit sich. "Wenn die Dow für ihre Wartung das Werk abschaltet, steht Böhlen einige Tage ohne Wärme da." Zudem sei unklar, wie viel Fernwärme das Unternehmen für sich selbst und eigene Produktionsprozesse benötige und darüber hinaus abgeben könne.
Fernwärmeversorgung ist Thema bei Ratssitzung
Währenddessen übrigens kommen die Arbeiten am Leipziger Gaskraftwerk gut voran. Das soll – und muss vor allem – den Dienst aufnehmen, wenn die Leitung nach Lippendorf stillgelegt wird.
Welche Lösung nun auf Dauer für Böhlen angelegt sein könnte, steht noch in den Sternen. Die kurzfristige Lösung jedenfalls wäre da. Am 25. März steht das Thema der Wärmeversorgung auf der Tagesordnung der öffentlichen Stadtratssitzung. Diese beginnt 18.30 Uhr im Kulturhaus.
Von Julia Tonne