Groitzsch: Kretschmer trifft Kohlegegner
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Eine Demonstrationsgruppe fordert beim Besuch von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer den Kohleausstieg und den Erhalt der Dörfer Pödelwitz und Obertitz.
© Quelle: Olaf Krenz
Groitzsch. Berührungsängste vor den Kohlegegnern hat Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in Groitzsch nicht gezeigt. Bevor er am Montagabend zu seinem Bürgergespräch ins Kino ging, wo Kohleausstieg und Strukturwandel eine wesentliche Rolle spielten, ging er auf die vorm Gebäude demonstrierenden Akteure zu. Was diese ihm wohl nicht so recht zugetraut hatten, was sie aber nicht sprachlos machte. Jens Hausner, Sprecher der Bürgerinitiative Pro Pödelwitz, der selbst in dem von der Abbaggerung bedrohten Ort wohnt, forderte: "Vergreifen Sie sich nicht an den Dörfern!"
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Ministerpräsident Michael Kretschmer (M.) geht auf die Demonstrationsgruppe zu und spricht mit dem Pödelwitzer Jens Hausner (2. v. l.).
© Quelle: Olaf Krenz
Auf der dem Bürgerhaus gegenüberliegenden Seite der Breitstraße hatten sich 15 Klimaschützer aufgestellt. Mit zwei großen gelben X-Kreuzen als Protest gegen die Abbaggerung, zwei Spruchbannern und mehreren hölzernen Grabkreuzen für verschwundene Orte der Region präsentierten sie ihr Anliegen. Michael Götze vom Bündnis "Pödelwitz bleibt!" rief die Bürgergespräch-Besucher per Mikrofon und Lautsprecher dazu auf, nicht einfach auf die "Männer in den schönen Anzügen" zu hören, sondern kritisch nachzufragen. Dazu skandierte die Gruppe "Pödelwitz bleibt" und "Hopp, hopp, hopp, Kohlestopp".
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Mit Holzkreuzen erinnert die Bürgerinitiative an abgebaggerte Orte der Region.
© Quelle: Olaf Krenz
Hausner verlangte von Sachsens Regierungschef endlich eine feste Zusage zum Erhalt von Pödelwitz und des ebenfalls gefährdeten Obertitz (beides sind Groitzscher Dörfer). Nach dem Bericht der Kohlekommission sei deren Inanspruchnahme bis zum Ausstieg 2038 überhaupt nicht erforderlich. Schließlich sei mit dem Rahmenbetriebsplan für den hiesigen Tagebau Vereinigtes Schleenhain genug Braunkohle für das Kraftwerk Lippendorf bis 2040 gesichert.
Kretschmer lässt sich auf Erhalt von Pödelwitz und Obertitz nicht festlegen
Kretschmer entgegnete, dass er in der Kohlekommission daran mitgewirkt hatte, dass Ende 2038 Schluss mit dem Braunkohleabbau sein soll. Ein vorzeitiger Ausstieg komme für ihn nicht in Frage. "Wir brauchen für den Strukturwandel einfach einen Korridor an Zeit. Etwa zehn Jahre, um neue Strukturen aufzubauen, und weitere zehn Jahre, damit diese richtig wirksam werden", sagte er. Und natürlich sei das Ergebnis der Kohlekommission ein Kompromiss.
Auf den Erhalt der betroffenen Dörfer wollte er sich nicht festlegen lassen. Entschieden sei noch nichts, es müsse weiter überprüft werden. Als Kind habe er die Devastierung von Orten in seiner Heimatregion erlebt. „Das ist sicherlich nicht schön. Und wenn man am Tagebau steht und hineinsieht, auch nicht.“ Deshalb müsse für den Fall einer Genehmigung auch geklärt sein, was später daraus wird.
Bürgerinitiative lädt Regierungschef zum Klimacamp ein
"Wir werden dran bleiben", kündigte Jens Hausner an. "Es ist legitim und ihr gutes Recht, dass Sie ihre Interessen vertreten", meinte dazu Kretschmer. Warum denn die Gruppe nicht zum Bürgergespräch komme? "Das lehnen wir ab, weil wir da nicht auf Augenhöhe agieren können", so Hausner. Der Ministerpräsident als Gastgeber könne ihnen da einfach das Wort entziehen. "Dann komme ich zu Ihnen", sagte Kretschmer. Hausner lud ihn zum neuen Klimacamp vom 3. bis 11. August in Pödelwitz ein. "Aber dann", machte der Regierungschef zur Bedingung, "müssen wir uns einigen, dass es keine Gewalt gegen Menschen und Sachen gibt und die Besetzung von Baggern ausfällt."
Von Olaf Krenz
LVZ