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Verfall gestoppt

Bund fördert Rettung von Wilhelm-Wundt-Haus in Großbothen

Das Wilhelm-Wundt-Haus in Großbothen ist seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Diplom-Psychologe Prof. Gerd Jüttemann und sein Sohn Andreas setzen sich schon seit Jahren für die Rettung des Anwesens ein.

Das Wilhelm-Wundt-Haus in Großbothen ist seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Diplom-Psychologe Prof. Gerd Jüttemann und sein Sohn Andreas setzen sich schon seit Jahren für die Rettung des Anwesens ein.

Grimma/Großbothen. Der Bund fördert die Rettung und den Wiederaufbau des Wilhelm-Wundt-Hauses in Großbothen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages fasste dazu am Donnerstag einen entsprechenden Beschluss. Insgesamt 250 000 Euro werden aus dem 2018er-Denkmalschutz-Sonderprogramm der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung bereitgestellt. "Das ist eine gute, freudige Nachricht für Großbothen und für den Landkreis Leipzig wie auch für die deutsche und internationale Wissenschaft", kommentiert die Bundestagsabgeordnete Katharina Landgraf (CDU) die Entscheidung.

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Wundt wählt Sommersitz in Großbothen

Wilhelm Wundt

Wilhelm Wundt.

Wundt (1832-1920) gilt als Nestor der Psychologie in Deutschland. Im Jahr 1879 gründete er das weltweit erste Institut für experimentelle Psychologie. Er forschte und lehrte an der Leipziger Universität. Seinem Sommersitz in Großbothen kommt besondere Bedeutung zu. Denn das Haus 28 in der Grimmaer Straße in Großbothen ist der einzige noch erhaltene, authentische Ort, der mit Wundts Leben und Wirken in Verbindung steht. Die Häuser, in denen der Gelehrte in Leipzig wohnte, wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.

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Um die Rettung des Wundt-Hauses bemüht sich seit Jahren ein Kreis engagierter Akteure. Insbesondere dem Berliner Professor Gerd Jüttemann und seinem ebenfalls als Wissenschaftler tätigen Sohn Andreas seien die bisherigen Initiativen zu verdanken, hebt Landgraf hervor. „Vor allem aber hat die jetzige Eigentümerin Katharina Ungerer-Heuck mit ihrem beispielgebenden persönlichen Engagement den endgültigen Verfall des Hauses in jüngster Zeit verhindert und so einen Wiederaufbau überhaupt erst möglich gemacht.

Landgraf selbst ereilte der Hilferuf im März dieses Jahres: Der Bund, so Jüttemann, müsse helfen. Anderenfalls gebe es in Großbothen nicht mehr viel zu retten.

Verfall der Villa in Großbothen weit fortgeschritten

Der Verfall des Villa war nach Meinung vieler Enthusiasten, die sich um das wissenschaftliche Erbe von Wundt sorgen, nicht mehr mit anzusehen. Im Jahr 1904 im lombardisch-toskanischen Stil erbaut, gehörte das Anwesen in den Jahren 1915/1916 Wundts Tochter Eleonore. Der berühmte Forscher wollte Großbothen anfangs nur als Sommerdomizil nutzen, kaufte das Anwesen dann aber selbst und verfasste hier eines seiner bedeutenden Spätwerke. Wenige Tage vor seinem Tod am 31. August 1920 diktierte er in Großbothen noch das Vorwort zu seinem Hauptband „ Erlebtes und Erkanntes“.

Haus mit Potenzial

Ein Mann, den die Fachwelt in einem Atemzug mit Sigmund Freud nennt, drohte an seiner letzten Wirkungsstätte in Vergessenheit zu geraten. Die Rede ist von Wilhelm Wundt, Begründer der experimentellen Psychologie. Während die nationale und internationale Wissenschaft weiß, was sie am Erbe des berühmten Gelehrten hat, ließ der Zustand des Wundt-Hauses in Großbothen bislang nur den Schluss zu, dass man den berühmten Bewohner vergessen hatte. Denn das Schicksal seiner über hundert Jahre alten Villa stand bislang auf des Messers Schneide. Dabei ist das Anwesen der einzig noch erhaltene authentische Ort, der an Leben und Wirken des international bedeutenden Forschers erinnern kann.

Nur ein Notkauf verhinderte vor wenigen Monaten Schlimmeres. Dem Haus drohte der Einsturz. Ein verzweifelter Hilferuf erreichte auch den Bund, der nun unerwartet seine Schatulle öffnet und einen Zuschuss für den Wiederaufbau gewährt. Die wenigen Enthusiasten, die sich seit Jahren für die Rettung des wissenschaftshistorisch einmaligen Objektes einsetzen, sprechen angesichts der Berliner Entscheidung von einem Durchbruch.

In der Tat wäre es ein Unding, würde Wundts Villa weiter verrotten. Der Nestor der Psychologie in Deutschland war nicht nur mit Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald befreundet, er begeisterte eine große Schar von Studierenden auf der ganzen Welt mit seinen Ideen und genoss bereits zu Lebzeiten internationale Anerkennung. Für Wundts Weltruhm spricht, dass sogar in China eine gewaltige, lebensgroße Skulptur an den Forscher erinnert. Vor der Southwest University in Chongqing haben die Chinesen dem Deutschen ein Denkmal gesetzt. Eine Ehrerbietung in Stein gemeißelt, die die hiesige Vernachlässigung von Wundts Erbe noch schäbiger erscheinen lässt. Zu DDR-Zeiten reichte es in Großbothen nur für eine Gedenktafel am Wohnhaus in der Grimmaer Straße 28. Noch zur Jahrtausendwende lehnte es die Ortschaft sogar ab, eine Straße nach ihrem berühmten Bewohner zu benennen. Inzwischen hat sich Blatt glücklicherweise gewendet.

Nun sollten alle die Rettung vorantreiben. Mit dem durchaus anspruchsvollen Ziel, dass sich Touristen einen Besuch der Region künftig ohne Wundt-Haus und Ostwald-Park nicht mehr vorstellen können.

Rettungskauf durch jetzige Eigentümerin

Zwar steht das Haus seit vielen Jahren unter Denkmalschutz, doch der letzte Besitzer war nicht wirklich am Erhalt des baulichen Zeitzeugen interessiert. Über mehrere Jahre war die Villa zuletzt dem Verfall preisgegeben. Nur ein Rettungskauf durch die jetzige Eigentümern Katharina Ungerer-Heuck verhinderte Schlimmeres.

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Das Wundt-Haus in Großbothen

Das Wundt-Haus in Großbothen.

Zu den Unterstützern der ersten Stunde gehört auch Landrat Henry Graichen (CDU). „Gutes kommt manchmal auch unerwartet“, kommentierte der Kreischef am Freitag die Finanzspritze des Bundes, von der sich auch Graichen einen wirklichen Schub erhofft. „Es ist nicht nur aus Sicht des Denkmalschutzes und der Bedeutung von Wundt ein lohnenswertes Projekt.“ Durch die räumliche Nähe zur Wirkungsstätte von Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald mache die Restaurierung noch mehr Sinn.

Förderverein 2015 gegründet

Der Landkreis engagiert sich bereits seit längerem, um das Sterbehaus von Wilhelm Wundt vorm Einsturz zu bewahren. So gehörte Graichen neben dem Berliner Professor Gerd Jüttemann, der jetzigen Eigentümerin Katharina Ungerer-Heuck aus Freiburg im Breisgau und dem Großbothener Ortschaftsrat Matthias Deutschbein im Jahr 2015 zu den Initiatoren bei der Gründung eines Fördervereins.

Nunmehr bestehe die Chance, den Wiederaufbau anzugehen. "Die Bundesförderung", so die örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Landgraf, "gibt einen wichtigen Impuls dafür, dass es mit der eigentlichen Arbeit losgehen kann." Auch in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Ostwald-Park der Tschira-Stiftung und der historischen Verbindung der beiden Forscher-Persönlichkeiten Wundt und Ostwald werden wertvolle Ansätze gesehen, Großbothen als Ort der Professoren national und international ins Gespräch zu bringen. Für die Wundt-Forschung könnte damit eine neue Zeitrechnung anbrechen.

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Von Simone Prenzel

LVZ

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