Colditzer Wirtschaftsforum diskutiert Arbeitswelt 4.0
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Professor Jutta Rump ist viel gefragte Forscherin zu Trends in der Arbeitswelt.
© Quelle: privat
Colditz. New Work – die Arbeitswelt 4.0. Wie sieht sie aus? Für Professor Jutta Rump sind aller guten Dinge vier. So habe die Digitalisierung vier, nicht drei Dimensionen: Neben Technologien, Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten eben auch den Faktor Mensch. „Wenn wir davon ausgehen, dass wir die vierte industrielle Revolution haben, ist es an der Zeit, über diese vierte Dimension nachzudenken: Was macht Digitalisierung eigentlich mit Belegschaften?“
Colditz ist Gastgeber
Stadt Colditz sowie Bildungs- und Sozialwerk Muldental (BSW) laden am Donnerstag, 19 Uhr, zum Wirtschaftsforum „Fachkräfteoffensive“ in die Landesmusikakademie auf Schloss Colditz ein. Vertreter des Landratsamtes, der Handwerkskammer, der Arbeitsagentur sowie Partner aus der Wirtschaft diskutieren die Frage, wie die moderne Arbeitswelt im ländlichen Raum aussehen könnte. Als prominente Impulsgeberin spricht Jutta Rump.
Die 52-Jährige leitet an der Hochschule Ludwigshafen das Institut für Beschäftigung und Employability. Seit 2007 gehört sie zu den „40 führenden Köpfen des Personalwesens“ und zu den acht wichtigsten Professoren für Personalmanagement im deutschsprachigen Raum. Digitalisierung ist für sie weder Schreckgespenst noch Jobkiller: „Aus einer aktuellen Studie unter 900 Unternehmen wissen wir – Digitalisierung wird ganz neue Arbeitsfelder schaffen. Wir werden positive Beschäftigungseffekte haben.“
Roboter übernehmen Arbeit
Aber, so betont Jutta Rump, es werde auch Berufe geben, in denen „ Kollege Algorithmus und Kollege Roboter“ die Arbeit übernehmen. Welche Perspektiven könne man dann Menschen bieten, die im Job 25 Jahre gute Leistungen erbracht haben? Eine Frage von größter Aktualität, da es neben An- und Ungelernten, auch mittel- selbst höher Qualifizierte treffe. Aber man habe keine Wahl, gerade in einer solch globalisierten Welt.
Ein bedingungsloses oder solidarisches Grundeinkommen sei nicht geeignet, Betroffene ruhig zustellen, sagt die Wissenschaftlerin: „Wir definieren uns über Fähigkeiten, sie gehören zu unserem Selbstverständnis. Geld vom Staat für das Dach überm Kopf und das Essen auf dem Tisch reicht sicher nicht.“ Umso wichtiger sei es schon heute an morgen zu denken – und nicht alles schwarz zu sehen: Wenn Rechner bestimmte Tätigkeiten übernehmen, eröffne das Raum für Kreativität. „Digitalisierung schenkt uns Zeit.“
Generationswechsel im Mittelstand
Im Osten, wo es viele kleine und mittelständische Firmen gebe, sei die Betriebsnachfolge ein Problem. Unternehmer, die sich nach der Wende selbstständig gemacht hätten, gingen in Rente. Rump sieht dem Generationswechsel mit Spannung entgegen: „Ich glaube, dass es nicht wenige jüngere Menschen gibt, die eine eigene Vorstellung von Unternehmertum haben. Diese Sicht muss sich nicht unbedingt mit der Auffassung der Älteren decken.“
Jüngere Menschen tickten einfach anders. Während sich der Nachwuchs früher rasch anpassen musste, sobald er in Lohn und Brot stand, sei er heutzutage selbstbewusster: „Er weiß, was er wert ist und dass ihm die Firmen wegen der geringeren Geburtenzahlen schon in der Schule beinahe den roten Teppich ausrollen.“ Jüngere wollten arbeiten und leben. Ihnen sei die Work-Life-Balance wichtig. „Und das finde ich auch sehr vernünftig“, sagt Rump nicht zuletzt mit Blick darauf, dass künftig länger gearbeitet werden müsse.
Andreas Röding, Stadtteilmanager von Colditz, bezeichnet die Veranstaltung als Auftakt. „Um unseren Wirtschaftsstandort zu stärken, planen wir weitere Aktivitäten – Hilfen für Langzeitarbeitslose etwa oder eine Rückkehrermesse mit Speed-Dating. Ronny Kriz vom BSW: „Ja, in der Region gibt es weniger Lohn als im Westen. Dafür punkten wir mit Kitas und Schulen, bezahlbarem Wohnraum und weniger Staus. Gerade letzteres bedeutet mehr Lebenszeit.“
Für das Wirtschaftsforum gibt es nur noch wenige freie Plätze. Anmeldung unter 034381/ 8380 erforderlich.
Von Haig Latchinian
LVZ