„Licht im Advent“: LVZ sammelt Geld für Urlaubsreise von Waisenjungen Max
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Maximilian (12) mit seinem Großvater Dietmar Faust (66). Beide verstehen sich gut und unternehmen einiges miteinander.
© Quelle: Haig Latchinian
Grimma. Max braucht Urlaub. Nicht nur er. Auch die Großeltern müssen dringend durchatmen. Und so bittet die LVZ in ihrer Aktion „Licht im Advent“ um Spenden. Das Reiseziel richtet sich danach, wie viel Geld zusammen kommt. Hoffentlich so viel, dass der Zwölfjährige, Oma Carola und Opa Dietmar vielleicht sogar ins Flugzeug steigen können. Denn Fußballer Max ist von den Dreien der einzige, der schon mal abgehoben ist – im Strafraum, um einen Elfer zu schinden.
Mögliche Reise nach Spanien – ein Traum
Spanien? Barcelona? Camp Nou, das größte reine Fußballstadion der Welt – für Max ein Traum. Bei Barça schwärmt der Junge nicht etwa für Lichtgestalt Lionel Messi. Sein Idol ist Ansu Fati, jener dunkelhäutige 18-Jährige, dem der Durchmarsch aus der vereinseigenen Kinderabteilung bis ins Champions-League-Team gelang. Ihm eifert Max nach, wenn er beim TSV Großsteinberg ackert und rackert. Bis Corona den Spielbetrieb zum Erliegen brachte.
Dabei ist das alles nur Nebensache. Max erlebte Anfang des Jahres Furchtbares. In der Nacht zum 17. Februar brach in der Wohnung seiner Familie ein Feuer aus. Die Flammen, die offenbar in der Küche ihren Ausgang nahmen, stellten das Leben des Jungen auf den Kopf. Von da an war nichts mehr wie zuvor. Es wird lange dauern, bis er die Bilder aus seinem Kopf bekommt. Zu schmerzlich ist der Verlust seiner Liebsten.
Max überlebte als einziger
Garnituren von RB spenden Trost: Hemden, Hosen, Schuhe. Ein Feuerwehrmann, der in jener schicksalhaften Brandnacht im Februar selbst mit gelöscht hatte und Fan der Leipziger ist, brachte sie vorbei. Max hatte bei der Katastrophe in der Stecknadelallee 8 alles verloren: Mama Stephanie (32), Schwester Paulina (8) und Bruder Lennart (7). „Geblieben war ihm allein der Schlüpfer“, sagt Opa Dietmar Faust (66). Mit Carola überlegte er keine Sekunde, den Enkel zu sich zu nehmen.
Carola Faust, 55, stammt aus dem Norden. Sie lernte in Bitterfeld und arbeitete mit ihrem Mann im Tagebau Breitenfeld. 1987 kam ihre Tochter, ihr einziges Kind, auf die Welt. Stephanie lernte beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden und bezog dort mit ihrem Partner eine Wohnung. Vor einigen Jahren starb Stephanies Mann. Nach dessen Tod übersiedelte sie mit den Kindern ins Muldental, wo ihre Oma gelebt hatte. Das Haus der inzwischen verstorbenen Oma übernahmen die Eltern.
Letzte Ruhe im Familiengrab
Anfangs wohnte Stephanie mit den drei Kindern noch mit im Haus in Parthenstein, ehe alle vier in den Block nach Grimma-Süd zogen. In der Unglücksnacht sei Max von ihrer Tochter noch nach draußen begleitet worden, sagt Carola: „Dann ging sie zurück in die brennende Wohnung, um die Kleinen zu retten ...“ Opa Dietmar zeigt ein Foto vom Familiengrab. Er übernehme die Pflege. „Ich war schon zweimal da“, sagt Max: „Auch Klassenkameraden meiner Geschwister bringen Blumen.“
Die Anteilnahme ist groß. Anfang September gab es für den Waisenjungen ein Benefizkonzert. Grimmas Bürgermeister Matthias Berger organisierte einen Fernseher samt Videospielen. Hilfe kommt auch von „Wolfsträne“, dem Verein für trauernde Kinder und Jugendliche in Leipzig. Dessen Gründerin Katrin Gärtner kommt einmal in der Woche vorbei. Vereinsmitglied Julia fuhr mit Max in den Harz, Kollege Sebastian ging mit ihm zum RB-Spiel gegen Hertha BSC.
Großeltern: Max ist pflegeleicht
Max war das erste Mal in der Arena, die wegen Corona beinahe verwaist schien: „Ich war einer von 999 erlaubten Zuschauern, durfte im Innenraum sogar bis zur Werbebande laufen“, bemerkt Max. „Wir drei kommen schon klar“, sagt Großmutter Carola. Max sei pflegeleicht und selbstständig, was sich gerade in der Pandemie zeige. Mit gemeinsamen Kräften habe man in doppelt schwierigen Monaten auch den Unterricht von zu Hause gemeistert.
Bei Fragen zu Mathe hilft Frau Mai. Sie wohnt im Dorf, war Lehrerin. Opa Dietmar fährt mit Max extra nach Leipzig, um Autos zu gucken. Wenn er groß ist, möchte er Kfz-Mechaniker werden, verrät der Junge. Noch im November werde er 13. Eigentlich wollten die Fausts zum Geburtstag etwas unternehmen, um auf andere Gedanken zu kommen. Wegen Corona sei aber alles zu, bedauert Carola und hat eine Idee: „Ich weiß schon, was wir machen: Wir bestellen eine Pizza!“
Urlaub soll Licht ins Dunkel bringen
Max hofft, dass das Training bald wieder beginnt. Seit drei Monaten ist er im Verein. Früher war das nicht möglich. Wenn er zum Fußball gegangen wäre, hätten seine Geschwister auch in einen Verein gewollt. Unbezahlbar, seine Mutter lebte von Hartz IV. Wenn nicht alle, dann eben keiner. Also blieb auch er daheim.
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In den nächsten großen Ferien muss bei den Fausts niemand zu Hause bleiben. Dann geht es auf große Reise. Hoffentlich. So Corona will, und die Leser spenden.
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Von Haig Latchinian