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Ringelnatzbilder gegen Polymobil

Aus der Traum vom Kunsttausch? Hühn: Ich möchte mich nicht aufdrängen

Matthias Hühn will in ehemaliger Werkhalle seine Oldtimer-Ausstellung eröffnen.

Matthias Hühn will in ehemaliger Werkhalle seine Oldtimer-Ausstellung eröffnen.

Wurzen. „Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss Sie von der Absicht der Familie Hühn unterrichten, ihr Angebot zurückzuziehen.“ Die Zeilen von Museumsleiterin Sabine Jung an Wurzens Ringelnatzfreunde verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Ringelnatzbilder gegen Polymobil – ist der viel diskutierte Tausch schon vor dem mit Spannung erwarteten Votum der Stadträte geplatzt?

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Gegenüber der LVZ machte Privatsammler Matthias Hühn am Montag klar, nicht auf das Polymobil angewiesen zu sein: „Sollte die Stadtgesellschaft das Auto lieber im Museum belassen wollen, möchte ich mich keineswegs aufdrängen. Es war nur ein Angebot meinerseits.“ Wortmeldungen von Kritikern, die den Deal sowohl juristisch als auch moralisch für fragwürdig hielten, hätten ihn tief getroffen, sagt Hühn: „Das klingt ja beinahe so, als wollte ich mich persönlich bereichern.“ Daher werde er nichts forcieren, er habe weiß Gott genügend Modelle, die es zu restaurieren gelte. Doch wer ist dieser Matthias Hühn? Was hat er vor? Und was verbindet den Oldtimerfan ausgerechnet mit Joachim Ringelnatz?

Exklusiv für die LVZ öffnete der 62-Jährige am Montag in der Dresdener Straße seine 2500 Quadratmeter große Werkhalle aus Backstein, die an die Zeit des Manchester-Kapitalismus erinnert: „Die Firma Lieder hatte hier seit 1913 Fördertechnik für Schüttgut produziert. Meine Frau Brigitta und ich haben es uns zur Lebensaufgabe gemacht, Wurzens großartige Industriegeschichte auferstehen zu lassen. Wir beauftragten einen unabhängigen Sachverständigen, einen namhaften deutschen Automobilhistoriker, die Sammlung als wissenschaftlich zu klassifizieren“, sagt der Oldtimerfreund, zu DDR-Zeiten Vorsitzender des Motorsportclubs PS Leipziger Veteranen. 2019 soll alles fertig sein. Dann stehen in der aufwendig sanierten Halle jede Menge sächsische Modelle der einstigen Autounion Chemnitz. Ein reicher Fundus für Studenten, Doktoranden und ähnlich Interessierte.

Und Ringelnatz? „Das Unternehmen Hoffmann Fördertechnik wurde am 1. Januar 1948 von meinem Schwiegervater Dietrich Hoffmann gegründet – im Ringelnatzgeburtshaus.“ Das, so Hühn weiter, sei auch der Grund gewesen, weshalb die sich erweiternde und später in die Dresdener Straße gezogene Firma von Beginn an Ringelnatzsche Devotionalien gesammelt und in den Geschäftsräumen präsentiert habe. Auf Hinweise der Ringelnatzfreunde beteiligte sich der international erfolgreich agierende Familienbetrieb regelmäßig an Auktionen, um für Wurzen vor allem Bilder des charismatischen Artisten zu sichern, sagt Hühn, bis Ende 2016 Geschäftsführer. Inzwischen ist die Firma verkauft. Hühn, Vorsitzender im Beirat von Hoffmann Liftket: „In Kürze werden die Gemälde im Betrieb abgehängt. Ich bin der Meinung, sie gehören nicht in den Tresor, sondern ins Museum. Deshalb habe ich sie der Stadt angeboten, im Gegenzug würde ich das Polymobil restaurieren und es in unserer Ausstellung für Interessierte zugänglich machen.“

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Vermutlich, so der Tüftler, sei Wurzens erstes Auto schon eher als 1907 gebaut worden. „1904 erwarben die Polyphon-Musikwerke Leipzig die Lizenz zum Nachbau der in den USA gefertigten Autos der Marke Oldsmobile. Deshalb stand auf dem Typenschild ursprünglich noch Oldsmobile.“ Das Auto des damaligen Direktors der Arnimschen Werke in Altenbach, Richard Funke, der den Wagen 1936 dem Museum vermachte, habe aber bereits unter Polymobil firmiert. Hühn recherchierte zu den Leipziger Musikwerken: „Das erste mechanische Musikinstrument namens Polyphon wurde 1890 auf der Leipziger Herbstmesse gezeigt. Zehn Jahre später war die Firma auf der Weltausstellung in Paris präsent.“ Er selbst restauriere derzeit mechanische Musikinstrumente des namhaften sächsischen Betriebes, die er gern neben dem Polymobil zeigen würde. Wie bitte? Ist der Deal also doch noch nicht geplatzt? „Wenn es nach mir ginge nicht. Ich finde, der Tausch Polymobil gegen Ringelnatzbilder hätte nur Gewinner: Die Bilder bleiben zugänglich, das Auto könnte endlich fachmännisch restauriert werden. Übrigens: Die Kosten dafür übersteigen den eigentlichen Wert bei weitem.“

Von Haig Latchinian

LVZ

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