Böhlitzer Steinbruch soll mit Bauschutt verfüllt werden
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Dieser vor Jahrzehnten geschlossene Steinbruch am Holzberg in Böhlitz soll verfüllt werden. Während sich eine Bürgerinitiative um die Flora und Fauna sorgt, muss der Eigentümer einer gesetzlichen Auflage nachkommen.
© Quelle: Frank Schmidt
Thallwitz/Böhlitz. Etwa Mitte der 70er-Jahre wurde im Steinbruch am Holzberg in Böhlitz (Gemeinde Thallwitz) der Steinbergbau eingestellt. Inzwischen hat sich Mutter Natur breit gemacht – Flora und Fauna haben neuen Raum erobert. Aber auch Kletterer haben insbesondere den Nordwesthang mit seinen bis zu 40 Meter hohen schroffen Felsen für sich entdeckt und nutzen das bei Insidern als "Kletterparadies Holzberg" bekannt gewordene Areal für ihren Extremsport.
Deponie Böhlitz
Ein Holzberg Böhlitz hat eine Diskussion entfacht.
Jetzt schreckt die Nachricht auf, dass der Steinbruch mit einer Fläche von etwa drei Hektar verfüllt werden soll. Fassungsvermögen: eine Million Kubikmeter. Unmittelbare Anrainer sowie Dorfbewohner laufen dagegen Sturm. Um das Vorhaben zu verhindern, eine Erdstoffdeponie im stillgelegten Steinbruch Holzberg zu schaffen, hat sich eine Bürgerinitiative (BI) formiert.
1000 Personen haben Petition bereits unterzeichnet
Mit Gunter Winkler steht ein Bürger aus Böhlitz der elfköpfigen Gruppe vor. Um deren Forderungen Gewicht zu verleihen, reichte die Initiative eine Petition an die Staatsregierung ein. 1000 Personen hatten sie am Freitagmittag bereits unterzeichnet. In dem Schreiben an Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wird die Landes- und Regionalpolitik aufgefordert, "die Natur und die charakteristische Landschaft unseres Ortes wirksam gegen jegliche Beeinträchtigung und die Gefahr der Zerstörung zu schützen". In der Petition spricht, beziehungsweise schreibt Winkler Tacheles. "Das Planvorhaben ist nicht im gesellschaftlichen, sondern lediglich im privaten Interesse des Eigentümers", beklagt er unter anderem.
Bergbaubehörde hat Verfüllung zur Auflage gemacht
Eigentümer des umstrittenen Geländes ist seit Anfang des Jahres die Firmengruppe Kafril in Großzschepa. "Schon das Wort Deponie lässt bei den Leuten alle Alarmglocken läuten, die sachliche Argumente übertönen", bedauert der Firmenchef, Jens Karnahl. Doch das sei eine Verfälschung der Tatsachen, denn der ehemalige Steinbruch müsse verfüllt werden. Nicht etwa mit Müll, betont er, sondern mit Abbruchmaterial. Denn: "Für den Gesteinsabbau gab es eine Genehmigung der Bergbaubehörde. Und die hat mit einem Abschlussbetriebsplan zur Auflage gemacht, das Loch, welches durch Menschenhand als Eingriff in die Natur geschaffen wurde, wieder zu schließen", umschreibt Kafril-Prokuristin Katrin Weist die mit dem Grundstückserwerb bestehende "gesetzliche Pflicht zur Verfüllung".
Aufschüttung in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten
Was im Übrigen eine Auflage ohne Verjährungsfrist sei, ergänzt Karnahl. Vor dem Grundstückskauf habe sich das Unternehmen für die Verschüttung die nötige Rückendeckung der zuständigen Behörden im Landratsamt geholt, die die bestehende Rechtsgrundlage stützt. Außerdem, so betont Weist, erfolge die Verfüllung nicht in den nächsten zwei, drei Jahren, sondern in den nächsten zwei- bis drei Jahrzehnten. „Wir haben erkannt, dass sich die Natur dort wieder etabliert hat. Deshalb wurde ein Ingenieurbüro beauftragt, die Verschüttung unter Naturschutzaspekten zu begleiten, um die Biotope anzuheben und zu erhalten“, versichert Karnahl. In diesem Kontext weist er vehement den Vorwurf der Bürgerinitiative zurück, aus privatem Interesse zu handeln.
Dass sich der Holzberg zum Eldorado für Alpinisten entwickeln konnte, sei einer Duldung des Vorbesitzers, die Basalt-AG, zu verdanken. Und daran wolle auch Kafril nichts ändern, lässt Karnahl wissen.
Einwohnerversammlungen am Dienstag und Mittwoch
Um sich zum Pro und Contra der Renaturierung am Holzberg zu informieren, lädt das Unternehmen für den 27. November zu einer Informationsveranstaltung ein. Am Tag drauf ruft die BI zu einer Bürgerversammlung auf. Beide Veranstaltungen finden in der Gaststätte „Zur Königslinde“ in Böhlitz statt und beginnen jeweils um 19 Uhr.
Kommentar: In Böhlitz droht eine Gerölllawine
Von Frank Schmidt
Nicht nur ein Stein des Anstoßes, sondern gleich eine ganze Gerölllawine ist in Bewegung geraten, nachdem eine Bürgerinitiative die Idylle im Steinbruch Holzberg bei Böhlitz in Gefahr sieht. Um zu verhindern, dass diese schon vor Jahrzehnten stillgelegte etwa drei Hektar große und bis zu 40 Meter tiefe Abbaustelle verfüllt wird, hat die Initiative eine Petition an die Landesregierung auf den Weg gebracht. Neben redlichen und edlen Motiven werden von der Gruppe aber auch Emotionen ins Rollen gebracht, die wiederum drohen, alle sachlichen Argumente zum Für und Wider zu verschütten.
Um genau das zu verhindern, respektive sich weg vom Abgrund des Steinbruches zu bewegen, müssen beide Parteien den transparenten Austausch von Meinungen und Argumenten zulassen. Deshalb ist es gut, dass auf der einen Seite die Kafril-Firmengruppe zum Informationsabend und auf der anderen Seite die Gegner zur Bürgerversammlung einladen. Besser noch wäre es, wenn sich die Befürworter und Gegner der Verschüttung auf beiden Veranstaltungen treffen und gegenseitig informieren würden. Dann werden alle erfahren können, dass der berechtigte Wunsch zum Schutz und Erhalt von Flora und Fauna ebenso wichtig ist, wie eine gesetzliche Verpflichtung zur Korrektur von Eingriffen in die Natur, die wir Menschen mit dem Steinbergbau nun einmal zu verantworten haben. Nur so könnte vermieden werden, dass dem Stein des Anstoßes die Kraft für eine noch größere und nur schwer zu kontrollierende Gerölllawine genommen wird.
Mail an den Autor: landkreis.leipzig@lvz.de
Von Frank Schmidt
LVZ