Grimmaer Hebammen rufen zur Demonstration auf
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YQ3BGQNUV5CKRBP3C3IWWGGTSA.jpg)
Das Team der Beleghebammen am Krankenhaus Grimma wurde zum 1. April 2024 von den Muldentalkliniken gekündigt.
© Quelle: David Rieger/Redok Art
Grimma. Die Proteste gegen das Aus für die Geburtshilfe in Grimma nehmen Fahrt auf: Die Grimmaer Beleghebammen rufen am 19. September zur Demonstration auf. „Rettet die Geburtshilfe in Grimma! – Stoppt das Krankenhaussterben!“ ist der Aufruf überschrieben. Die Veranstaltung beginnt 17 Uhr auf dem Marktplatz. Von dort geht es Richtung Krankenhaus, wo symbolisch Grablichter gegen das allgemeine Krankenhaussterben abgestellt werden sollen. OBM Matthias Berger (parteilos) unterstützt die Demonstration.
„Wir möchten mit dieser Aktion auf unsere Situation aufmerksam machen“, erklärt Mandy Wendrich, Sprecherin der Grimmaer Beleghebammen. „Wir sind fassungslos und traurig, dass der Kreißsaal in Grimma geschlossen werden soll.“ Gegen die Schließung der Geburtshilfe hatten Eltern bereits eine Online-Petition gestartet, die seit einer Woche läuft und inzwischen über 45 000 Unterstützer zählt.
Vertrag mit Hebammen in Grimma ist gekündigt
Die Muldentalkliniken haben den Vertrag mit dem Beleghebammen-Team Wendrich & Partnerinnen zum 1. April 2024 gekündigt. Während die Hebammen im Krankenhaus Wurzen bei den Muldentalkliniken angestellt sind, arbeiten in Grimma seit 1. August 2018 freiberufliche Geburtshelferinnen. „Die Eltern sind entsetzt, dass unsere Arbeit nun enden soll“, erklärt Wendrich, die aktuell zehn Kolleginnen vertritt.
„Wir haben die Frauen idealerweise von der Schwangerschaft über die Geburt bis ins Wochenbett begleitet. Das ist das Besondere unseres Modells. Außerdem legen wir Wert auf eine selbstbestimmte und möglichst interventionsarme Geburt.“ Dieser Ansatz und die individuelle Betreuung der Schwangeren seien zuletzt von immer mehr Betroffenen geschätzt worden.
„Im Jahr 2017 gab es in Grimma lediglich noch 202 Geburten. Wir konnten diese Zahl um 66 Prozent steigern.“ Schwangere würden teilweise weite Wege in Kauf nehmen. Das Einzugsgebiet reiche von Döbeln, Leisnig, Mutzschen, Wermsdorf über Colditz, Bad Lausick bis Naunhof. Bei Wegfall des Grimmaer Angebotes würden die Wege für Gebärende zum nächsten Kreißsaal unzumutbar. „Frauen, vor allem von zweiten oder dritten Kindern, müssen befürchten, ihre Kinder auf dem Weg in die Geburtsklinik oder im Rettungswagen ohne geburtshilflich qualifiziertes Fachpersonal zu gebären. Die freie Wahl des Geburtsortes wird noch weiter eingeschränkt“, so die Initiatorinnen des Demo-Aufrufs.
Medizinische Versorgung auf dem Lande gewährleisten
Die Hebammen betonen, dass sie nicht nur für ihre Belange auf die Straße gehen. „Unsere Sorge ist, dass das gesamte Krankenhaus Grimma nicht mehr lange existiert. Wir stehen mit unseren Befürchtungen quasi exemplarisch für das ganze Haus.“
Am Ende gehe es darum, die medizinische Versorgung auf dem Lande für alle Einwohner der Region zu sichern. „Denn kurze Wege sind wichtig – egal ob jemand eine Gallenkolik hat oder ein Kind bekommt.“ Insofern würden die Beleghebammen auch dafür plädieren, dass Kinder weiterhin in Grimma und Wurzen auf die Welt kommen.
Lesen Sie auch
Stadtchef Matthias Berger, betroffene Eltern und eine Hebamme der Hebammenpartnerschaft werden sich äußern. Inzwischen, so hieß es unmittelbar vor der Veranstaltung, hätten auch Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) und Landrat Henry Graichen (CDU) ihr Kommen zugesagt. Zur Demonstration wird ebenso Stephanie Hahn-Schafarczyk, Vorsitzende des Sächsischen Hebammenverbandes (SHV), sprechen.
Lautstarker Protest mit Trommeln und Kochtöpfen
Die Teilnehmer werden ermuntert, der Forderung nach einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum lautstark Nachdruck zu verleihen. „Bringt Trommeln, Pfeifen, Kochtöpfe und Löffel mit“, heißt es im heute Morgen verbreiteten Aufruf.
Die Stadt Grimma informiert über die abgestimmte Strecke des Demonstrationszuges. „Dieser wird vom Markt über die Marktgasse, den Nicolaiplatz, die Zwinger- und Schulgasse über den Wallgraben, an der Sparkasse vorbei über die Straße des Friedens in die Käthe-Kollwitz-Straße führen. Die Käthe-Kollwitz- und die Kleiststraße werden während der Demonstration halbseitig für den Verkehr gesperrt. An den Querungen Straße des Friedens und Wallgraben ist eine Polizeischleuse beantragt“, so Stadtsprecher Sebastian Bachran. Mit Verkehrsbehinderungen sei zu rechnen.
LVZ