Demo beendet – Poggenburg will wiederkommen
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André Poggenburg spricht bei der Kundgebung am Simsonplatz in Leipzig.
© Quelle: Dirk Knofe
Leipzig. Das war also der Grund für die Geheimniskrämerei der Stadt: Ex-AfD-Mann André Poggenburg durfte mit seiner Partei Aufbruch deutscher Patrioten Mitteldeutschland (AdPM) nun doch keine Kundgebung im linken Szenestadtteil Connewitz abhalten. "Ein am 12. Juli ergangener Bescheid, wonach die Versammlung im Kreuzungsbereich Brandstraße/Windscheidstraße/Selneckerstraße hätte stattfinden sollen, ist aufgehoben worden", teilte das Ordnungsamt am Mittwoch um 13.48 Uhr, knapp vier Stunden vor dem geplanten Versammlungstermin, völlig überraschend mit. Bis dahin hatte die Verwaltung sämtliche Anfragen rigoros abgeblockt und im Gegensatz zur Polizei zu dem erwarteten Ausnahmezustand im Leipziger Süden hartnäckig geschwiegen.
Aufgrund einer „entscheidend verschärften Gefahrenprognose“ werde die AdPM-Versammlung „Linker Anarchie und Aggression konsequent entgegnen“, für die 50 bis 100 Teilnehmer angemeldet waren, auf den nördlichen Simsonplatz verlegt, so die Stadt. Auch Grünen-Politiker Jürgen Kasek kommentierte, wie viele andere Twitter-Nutzer, über den Hashtag #le1707 die Entscheidung der Stadt online.
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Hier fanden sich am Abend dann rund 30 Poggenburg-Sympathisanten ein, begleitet von lautstarken Protesten durch mehrere Hundert Gegendemonstranten. Kurz vor 18.30 Uhr begann Poggenburg mit seiner Kundgebung. Der Simsonsplatz war komplett mit Polizeifahrzeugen abgesperrt. Ernsthafte Zwischenfälle blieben nach Polizeiangaben aus. Gegen 20.30 Uhr wurde der Einsatz der Polizei beendet.
Wenig Koordination
Für Außenstehende wirkte das behördliche Vorgehen rund um die Versammlungsanmeldung wenig koordiniert. Wusste die Polizei was im Rathaus vorgeht? Längst hatten sich die Ordnungshüter mit einem Großaufgebot auf ihren brisanten Einsatz in Connewitz vorbereitet – und zwar auf Grundlage des von der Versammlungsbehörde der Stadt ergangenen Auflagenbescheids. Neben Kräften der Polizeidirektion und der sächsischen Bereitschaftspolizei sollten auch Einheiten aus anderen Bundesländern auf eine mögliche Gewalteskalation reagieren. Noch am Dienstagabend hatte sich Polizeipräsident Torsten Schultze mit einem Statement und einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit gewandt – ein Novum. „Zur Gewalt gegen Polizeibeamte wird in Leipzig mittelbar, aber auch unverhohlen aufgefordert“, sagte er. „Es verwundert nicht, wenn sich dann Straftäter unter der Rechtfertigung der Moral finden, die die zunächst verbalisierte Gewalt dann ausleben.“ Am Mittwochmorgen wurden dann in Connewitz weiträumig Absperrungen aufgebaut und Autos abgeschleppt.
Kundgebung AdPM - Poggenburg will wiederkommen
Aufgrund einer verschärften Gefahrenprognose dufte Ex-AfD-Mann André Poggenburg und seine AdPM am 17. Juli 2019 wieder nicht nach Leipzig-Connewitz und demonstrierten auf dem nördlichen Simsonplatz.
Depots von Pflastersteinen
Währenddessen wurden jedoch im Rathaus die bisherigen Planungen über den Haufen geworfen. Anlass seien Gewaltaufrufe auf dem linken Szene-Portal Indymedia, „denen bereits mit tatsächlichen Aktionen in Form von Sperrmüllanhäufungen auf den Straßen, angelegten Depots von Pflastersteinen als offensichtlich gedachte Wurfgeschosse gegen friedliche Demonstranten und Einsatzkräfte der Polizei sowie auch mit einigen Brandstiftungen im öffentlichen Raum im Bereich Connewitz, in den letzten Stunden tatsächlich gefolgt wurde“, begründete die Stadt ihren Rückzieher.
Tatsächlich tauchten in Connewitz mittlerweile Flyer und Graffitis auf, in denen die Antifa Nachbarn auffordert, Sperrmüll vor die Tür zu stellen, um Material für den Barrikadenbau zu haben. Und es soll im Zusammenhang mit der Poggenburg-Demo in der Nacht zum Mittwoch auch „einige Sachverhalte in Connewitz“ gegeben haben, wie es aus Polizeikreisen hieß. Allerdings handele es sich um keine schweren Straftaten. In der offiziellen Pressemitteilung der Behörde tauchte am Mittwochnachmittag überhaupt keine Meldung dazu auf. Die Polizei dementierte auch Berichte, die Poggenburg via Twitter in Umlauf gebracht hatte, wonach es in Leipzig „nächtliche Überfälle mit Waffen auf ,Rechte’“ gegeben habe und die Polizei „linke Waffenlager ausgehoben“ habe.
Treffen mit Polizeichef
In einer Pressemitteilung informierte die AdPM, dass der aktuelle Bescheid der Stadt eine ausführliche Gefahrenanalyse beinhalte. Demnach seien „schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte Dritter zu befürchten – insbesondere Leben, Gesundheit und Eigentum“. Damit wollte sich die Stadt vermutlich juristisch absichern. Immerhin hatte das Verwaltungsgericht bereits bei Poggenburgs letzter Versammlungsanmeldung Anfang Juni im Zuge seiner Klage erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids zur Verlegung der Kundgebung durch die Stadt geäußert und der Kommune die Verfahrenskosten aufgedrückt. Ein Grund: Dem Bescheid der Kommune lag damals keine auf den Einzelfall bezogene Gefahrenprognose bei.
Dieses Mal verzichtete Poggenburg auf den Rechtsweg. „Wie fast zu erwarten, knickt der Rechtsstaat ein!“, twitterte er am frühen Nachmittag. „Aufgrund massiver linker Eskalation sieht sich die Stadt Leipzig nun doch außerstande, eine sichere Demo in Connewitz zu ermöglichen. In Absprache mit der Stadt folgen wir noch einmal der Verlegung auf den Simsonplatz.“ Zum vierten Mal scheiterte der Versuch des AdPM-Gründers, nach Connewitz zu gelangen. Er regt nun ein Treffen mit Polizeichef Schultze an. „Zur weiteren Diskussion und Abstimmung über zukünftige Demonstrationen in Leipzig-Connewitz“, wie seine Partei mitteilte. André Poggenburg kündigte zum Abschluss seiner Kundgebung eine erneute und erweiterte Demonstrations-Anmeldung für Leipzig-Connewitz an. Am 14. August will er mit seiner AdPM wieder kommen.
Von Frank Döring
LVZ