Newsletter „Leipzig Update“

Der Sonntag in Leipzig: Proteste gegen weitere Aufnahme von Geflüchteten nehmen zu

Guten Abend, liebe Leserinnen und Leser,

die Zahl der Flüchtlinge aus der Afghanistan, Venezuela oder Georgien, die in Deutschland ankommen, steigt wieder. Auch Leipzig und andere sächsische Kommunen stehen vor der Herausforderungen Platz zu schaffen. Die Kapazitäten an Unterbringungsmöglichkeiten zu erhöhen, ist aktuell ein täglicher Kraftakt in vielen Städten, und Landkreisen Sachsens. Auch in Leipzig soll nun eine weitere Flüchtlingsunterkunft in Stötteritz errichtet werden. Gerade in der weltoffenen Stadt waren Proteste gegen solche Pläne bislang kaum wahrnehmbar. Heute versammelten sich dann vor dem Gelände in der Kommandant-Prendel-Allee 100 Anwohner des Viertels, um ihre Skepsis zu äußern, warum man eine Zeltstadt für 330 Flüchtlinge in einem Wohnviertel errichten müsse, wenn doch woanders viele Gebäude leer stünden.

Wahrscheinlich ist es so, dass einige derjenigen, die die Unterkunft in Stötteritz ablehnen, ausschließlich einer subjektiven Motivation gefolgt sind, um gegen die Unterkunft zu argumentieren (Flüchtlinge? Meinetwegen, aber nicht in meiner Nachbarschaft) und keiner politischen. Aber auch am Sonntag in Leipzig ließ sich herleiten, dass politisch rechtsoffene Gruppen die Sorgen der Menschen vor Ort nutzten, um Stimmung zu machen. Meine Kollegin Denise Peikert kennt die Entwicklungen in Sachsen ziemlich genau und war auch am Sonntag in der Kommandant-Prendel-Allee vor Ort. Sie hat auch beobachtet, wer eine Spontandemonstration angemeldet hatte und welche Rolle die AfD vor Ort einnahm.

Peikert und der Kollege Felix Huesmann haben zum Thema auch über Leipzig hinausgeblickt. In der gestrigen Ausgabe des Leipzig Updates haben Sie schon lesen können, welche Tendenzen zum Thema steigender Flüchtlingszahlen in Ostdeutschland absehbar sind. Einige politische und gesellschaftliche Beobachter befürchten sogar eine neue Gewaltwelle, weil Rechtsextremisten in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und anderswo die politische Lage für sich ausnutzen,.

Sachsen hat beim Thema Geflüchtete aktuell zwei Probleme. Im vergangenen Jahr kamen mehr Schutzsuchende als 2015 – aus der Ukraine und zuletzt wieder vermehrt aus Syrien und Afghanistan. Die Menschen brauchen Sprachkurse, Ärztinnen und Ärzte, Kita-Plätze, Woh­nungen. Die Kapazitäten werden knapp, die Unterkünfte zum Beispiel sind zwischen 60 und 90 Prozent ausgelastet. Bei der Suche nach weiteren Immobilien stoßen Landkreise und Kommunen dann auf Problem Nummer zwei: auf den Widerstand von Menschen, die ganz grundsätzlich gegen Asyl sind. „Wir haben doch 2015/16 so viel gelernt“, sagte kürzlich Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD). „Dass wir mancherorts wieder bei null anfangen, betrübt mich.“

In Stötteritz war am Sonntag aber auch das verlässliche Leipzig zu sehen: Etwa 80 Menschen wendeten sich den Gegnern der Unterkunft mit Plakaten und Blasmusik gegen diesen aus ihrer Sicht rassistischen Protest.

 

Bild des Tages

Musikalische Gegendemo zum Asyl-Protest in Stötteritz - für ein Willkommen an Geflüchtete: Demonstration mit Blasmusik, organisiert von „Leipzig nimmt Platz“.

Musikalische Gegendemo zum Asyl-Protest in Stötteritz - für ein Willkommen an Geflüchtete: Demonstration mit Blasmusik, organisiert von „Leipzig nimmt Platz“.

 

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Das wird morgen für Leipzig wichtig

  • Eröffnung der Study Hall in Leipzig: Für Schüler ab Klassenstufe 5 hat die Stadt Leipzig ein Konzept entwickelt, das zu mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit verhelfen sowie herkunfts- und pandemiebedingte Nachteile ausgleichen soll.
  • Friedensgebet für die Ukraine: Das Gustav-Adolf-Werkes lädt um 17 Uhr in die Nikolaikirche, es werden Statements von evangelischen Bischöfen aus Russland und der Ukraine erwartet.
 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Restsonntag und einen guten Start in die Woche,

Ihr Thomas Lieb

(Reporterchef)

 

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Der Fall Lina E.

Seit Jahren machen sich gewaltbereite Neonazis in Eisenach in Thüringen breit. Viele in der Stadt rätseln, wie man die Rechtsextremen wieder los wird. Eine linksextreme Gruppe aus Leipzig soll auf diese Frage ihre ganz eigene Antwort gehabt haben. Hören Sie hier die zweite Folge des LVZ-Podcasts „Der Fall Lina E.“

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