Verkehrspolitik / Leipzig

Falschparken auf Radwegen: Behörde soll künftig mehr abschleppen

Keine Seltenheit in Leipzig: parkende Autos auf Radwegen.

Keine Seltenheit in Leipzig: parkende Autos auf Radwegen.

Leipzig. Das wird Autofahrer aufhorchen lassen: Wer sein Fahrzeug auf Radwegen parkt, muss künftig damit rechnen, nicht nur ein Knöllchen zu kassieren, sondern gleich abgeschleppt zu werden. Bislang ist das für den Halter teure „Umsetzen“ die Ausnahme. Doch der Stadtrat beauftragte am Mittwoch die Verwaltung, „sämtliche Radverkehrsanlagen und Gehwege vom ruhenden Kraftfahrzeugverkehr im Rahmen des rechtlich Zulässigen frei zu halten“.

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Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal hatte sich zuvor noch vehement gegen einen solchen Beschluss ausgesprochen, da das Abschleppen „immer eine Ermessensentscheidung des Kontrolleurs vor Ort“ sei, die vor einem Gericht Bestand haben müsse. „Wenn wir das zur ständigen Praxis machen, ist das rechtswidrig“, warnte Rosenthal. Das Pikante an der Sache: Der Vorschlag dazu kam ausgerechnet von Rosenthals eigener Partei, der Linken.

Diese hatte ihren Vorstoß damit begründet, dass widerrechtlich abgestellte Kraftfahrzeuge auf Radwegen Kinder und Erwachsene nicht nur gefährdeten, sondern auch einen indirekten Eingriff in den fließenden Kfz-Verkehr darstellten. Radfahrer würden dadurch gezwungen, zum Ausweichen die Fahrbahn des Kraftverkehrs zu verwenden.

Doch der damit erhobene Vorwurf, sein Ordnungsamt würde nicht genug kontrollieren, ginge an der Realität vorbei, wandte Rosenthal ein und versuchte, dies mit konkreten Zahlen zu belegen. 69 Politessen würden montags bis freitags von jeweils 7 bis 22 Uhr und an Sonnabenden von 9 bis 17.30 Uhr den ruhenden Verkehr in Leipzig überwachen. Allein in der von Fahrrädern und Autos stark frequentierten Karl-Liebknecht-Straße wurden im Jahr 2017 insgesamt 1533 Park- und Halteverstöße festgestellt, 30 Mal hingen Autos am Haken. 2018 gab es dann schon 2483 Knöllchen und 19 abgeschleppte Fahrzeuge. Und allein in diesem Jahr stellten die Politessen bis zum 9. April schon 874 Verstöße fest, sechs Fahrzeuge ließen sie entfernen. Erst bei einer „erheblichen Störung des öffentlichen Verkehrs“ würden die Kontrolleure diese beseitigen – sprich ein Fahrzeug abschleppen lassen. „Das ist geltendes Recht und das können Sie auch nicht durch einen Ratsbeschluss ersetzen“, so Rosenthal. Es bringe auch nichts, ein Fahrzeug umzusetzen, wenn es nur fünf Minuten hält und der Abschleppwagen erst nach einer halben Stunden kommt. Trotzdem stimmten 36 Stadträte für und nur 20 gegen eine Verschärfung der Abschlepppraxis.

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Grünen-Fraktionschef Norman Volger warf Rosenthal gar vor, „den Rat mit salbungsvollen Worten einzulullen“. In den vergangenen drei Jahren seien in Leipzig 11 500 Knöllchen wegen Falschparkens auf Radwegen verteilt, doch nur 100 Autos abgeschleppt worden. In anderen Städten, so Volger, werde das Verkehrsrecht rigoroser umgesetzt.

Sollte die Ordnungsbehörde dem Ratsbeschluss doch folgen, prophezeite Alexej Danckwardt, fraktionsloser Stadtrat und von Beruf Rechtsanwalt, der Stadt eine Prozesslawine: „Sie sollte dann schon mal höhere Budgets für Rechts- und Abschleppkosten einplanen.“

Umstrittener Beschluss: Radverkehrsoll raus aus innerer Jahnallee

Es war nicht der einzige umstrittene Beschluss, den der Rat am Mittwoch fasste. Seit einem Monat gilt in der inneren Jahnallee Tempo 30 sowie ein Parkverbot. Während die Gewerbetreibenden vor Ort auf die Wiederherstellung von Kurzzeitparkplätzen pochen und dafür in zwei Tagen bereits 500 Unterschriften gesammelt haben, der Fahrradverband ADFC stattdessen Radwege auf den ehemaligen Parkstreifen fordert, behandelte der Rat eine Petition und kam zu einem seltsamen Beschluss: Das Parkverbot bleibt bestehen, Kurzzeitparkplätze sollen stattdessen in den angrenzenden Wohngebietsstraßen eingerichtet werden, der Radverkehr wird in die Gustav-Adolf-Straße verlegt – genau das, was die Radlobby seit Monaten bekämpft.

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) kündigte daraufhin schon mal an, dem Ratsbeschluss formell zu widersprechen. „Der Stadtrat kann nicht eine bestimmte Verkehrsführung beschließen. Sie können nicht einfach Verkehrsrecht außer Kraft setzen.“

Für Naomi-Pia Witte (FDP) wurde damit eines wieder Mal deutlich: „Verkehrspolitik in Leipzig ist konfrontativ und nicht ausgleichend.“

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Von Klaus Staeubert

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