Gauck und Leipzig – eine enge Verbindung
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Erster Besuch nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten: Joachim Gauck (3.v.r.) kommt mit Lebensgefährtin Daniela Schadt zum Festakt „800 Jahre Thomana“ am 20. März 2012 nach Leipzig. Da ist er noch nicht vereidigt.
© Quelle: Andreas Doering
Leipzig. "Ich bin glücklich hier zu sein", rief Joachim Gauck den Leipzigerinnen und Leipzigern zu, die am 9. Oktober 2014 dicht gedrängt auf dem Augustusplatz und in den Straßen der Innenstadt standen. Ein halbes Jahr zuvor wurde Gauck zum neuen Bundespräsidenten des Landes gewählt. Als das damalige Staatsoberhaupt zum Lichtfest an die Ereignisse vom Oktober 1989 in Leipzig erinnerte, den Mut und das Engagement der Menschen lobte, die das DDR-Regime zum Sturz brachten, gab es minutenlangen Applaus.
„Er fehlt heute sehr als Bundespräsident. In Joachim Gauck sahen wir einen überzeugten Demokraten, der nicht im Verdacht stand, sich politisch instrumentalisieren zu lassen“, sagt Uwe Schwabe, Ex-Bürgerrechtler und Vorsitzender des Vereins Archiv Bürgerbewegung in Leipzig. „Er konnte treffend erklären, wie kostbar Freiheit und Demokratie sind. Wie wichtig das ist, sehen wir heute angesichts des Krieges Russlands gegen die Ukraine.“
Bürgerrechtler wollen „Gauck for Präsident“
Joachim Gauck und Leipzig – eine Verbindung, die weit vor der Zeit begann, seit der Rostocker im März 2012 Bundespräsident des Landes wurde.
Es ist der 17. Juni 2010. Ein Tag, als der Bundespräsidenten-Wahlkampf das Land sensibilisierte. DDR-Bürgerrechtler Gauck hielt an jenem Tag eine Gedenkrede zum 17. Juni 1953 in Leipzig. An jenem Abend überreichte Uwe Schwabe dem Autor und Ex-Chef der Stasi-Unterlagen-Behörde einen von 116 Bürgerrechtlern unterzeichneten Aufruf für Gauck als Bundespräsident.
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Oft in der „Runden Ecke“ mit der Stasi-Unterlagenbehörde zu Gast: Joachim Gauck. „Er hat unsere Behörde aufgebaut, hat dabei manch eine Anfeindung aushalten müssen und sie letztlich zu dem gemacht, die sie auch heute ist – eine hoch anerkannte Einrichtung zur Aufarbeitung und Erforschung der SED-Diktatur“, sagt Regina Schild, die die Leipziger Einrichtung bis Februar 2020 leitete, einmal gegenüber der LVZ.
© Quelle: André Kempner
„Wir haben damals von Leipzig aus einen Aufruf gestartet ’Gauck for Präsident’, weil er anders als Wulff kein Geschöpf der Kanzlerin war“, erinnert sich Uwe Schwabe heute: „Gauck verfügte über Autorität, Integrität und war imstande, Vorbild zu sein.“ Diese damalige Initiative war zwar nicht von Erfolg gekrönt. Zwei Jahre später ist es völlig anders. Gauck siegte mit absoluter Mehrheit.
Seine erste Reise als frisch gewählter Bundespräsident führte Gauck im März 2012 nach Leipzig. Noch vor seiner Vereidigung nahm er am Festakt „800 Jahre Thomana“ teil, bei dem der Geburtstag des Thomanerchores gefeiert wurde. Hunderte Leipziger versammelten sich damals vor der Thomaskirche, um das neue Staatsoberhaupt und dessen Lebensgefährtin Daniela Schadt zu begrüßen.
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Die DDR-Bürgerrechtler Gisela Kallenbach und Uwe Schwabe (Mitte) nach der Wahl Joachim Gaucks zum Bundespräsidenten. Gauck war vom 23. März 2012 bis zum 18. März 2017 der elfte und erste parteilose Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.
© Quelle: privat
Schon damals war der DDR-Bürgerrechtler in Leipzig kein seltener Gast. Etwa in der „Runden Ecke“, wo er zwischen 1990 und 2000 als Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen (damals bekannt als Gauck-Behörde) oft zugegen war. Immer, wenn er in Leipzig war, schaute der ehemalige Pfarrer auch später dort vorbei.
"RND vor Ort":Hier den Live-Talk mit Gauck aus der LVZ-Kuppel im Stream sehen
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Joachim Gauck ist 2020 Gast der LVZ-Autorenarena auf der Leipziger Messe.
© Quelle: Andreas Döring
Viele Leipzig-Visiten folgen
Als Bundespräsident und Privatperson folgten viele Leipzig-Visiten. 25 Jahre nach der großen Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 eben auch zum Lichtfest im Jahr 2014, wo er in seiner Rede zur Demokratie deutliche Worte fand („Wir dürfen niemals vergessen, dass unsere Demokratie nicht nur bedroht ist von Extremisten, Fanatikern und Ideologen, sondern dass sie ausgehöhlt werden und ausdörren kann, wenn die Bürger sie nicht mit Leben erfüllen.“) .
Weitere Besuche folgten, ob nun zur Eröffnungsveranstaltung des 100. Deutschen Katholikentages am 25. Mai 2016. Gern übernahm er auch die Schirmherrschaft für „1000 Jahre Leipzig“ 2015, kam er zum Gottesdienst anlässlich der Glockenweihe der Nikolaikirche im Juni 2019 und vielen anderen Anlässen.
Von Mathias Orbeck