Gut informiert und verschwiegen – Leipziger Lunch Club wird 15
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YK3ZM7BOY3RJ5ZGPANNKLHUL5Q.jpg)
Einmal im Monat bitten Katharina Hitschfeld und André Münster zu Tisch: Vor 15 Jahren gründeten beide den Leipziger Lunch Club.
© Quelle: Foto: Dirk Knofe
Leipzig. Einmal im Monat laden Katharina Hitschfeld (49) und André Münster (50) zum Mittagessen. Und das schon seit 15 Jahren. Im Frühjahr 2004 hoben die Unternehmensberaterin und der Gastronom den Lunch Club aus der Taufe.
Es gibt zwar zahlreiche Netzwerke in Leipzig. Allerdings bringen die oft nur Personen gleicher Profession zusammen. „Ärzte treffen Ärzte, Juristen treffen Juristen“, sagt Katharina Hitschfeld. „Unsere Idee war, ein Netzwerk für Leute zu schaffen, die sich privat und beruflich wohl nie begegnen würden und das gemeinsame Interesse verfolgen, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.“ Mit diesem Plan gingen die beiden Lunch-Club-Gründer an den Start. Sie überlegten, wen sie sich ins Boot holen. Inzwischen gehören um die 100 Personen dazu, ein Drittel ist von Anfang an dabei.
Teilnahme nur auf Einladung, nicht auf Anmeldung
Bewerben oder wie in einem Golf-Club sich anmelden für eine Mitgliedschaft – das geht im Lunch Club nicht; die Gründer laden ausschließlich ein. Bei der Auswahl gehe es nicht um berufliche Positionen, stellt Katharina Hitschfeld klar. „Wir wollen menschlich gute Typen, die eine Geschichte erzählen können, die auf ihre Weise einzigartig sind, die etwas bewegen wollen, und die neugierig auf ihr Gegenüber sind.“ Für André Münster ist gegenseitige Wertschätzung besonders wichtig. „Ich sehe im Club eine Bereicherung meines Lebens, denn ich bekomme so Einblicke, die ich sonst nicht hätte“, sagt er.
Dass sie dabei ein glückliches Händchen haben, zeigen nach so vielen Jahren die Reaktionen der Teilnehmer. „Der Lunch Club ist ein lebendiger und bunter Scheinwerfer in die Gesellschaft – oder geschärfter formuliert – in einen Kreis von Menschen, die eine Meinung besitzen und in den unterschiedlichsten gesellschaftlich relevanten Bereichen etwas bewegen“, schätzt Klaus Kieswimmer, Meister vom Stuhl der Freimaurerloge Minerva zu den drei Palmen, die regelmäßigen Begegnungen. Den beiden Gastgebern gelinge es immer wieder aufs Neue, „mit sensibler und sicherer Hand diese Menschen in vertrauter Atmosphäre zusammenzuführen, die sich außerhalb des Lunch Clubs so nicht unbedingt hätten finden müssen“. Der Lunch Club sei für ihn „eine gute Gelegenheit, Menschen kennenzulernen, die sich in der Region engagieren“, hebt Dietmar Jüngling, Geschäftsführer der Amazon Distribution GmbH, hervor. „Wir gehören zu Leipzig und bringen uns dort ein, wo die Mitarbeiter leben und arbeiten“, beschreibt er seine Motivation, Teil dieses besonderen Leipziger Netzwerkes zu sein.
Gesprächsthemen aus der Stadt
Am dritten Donnerstag eines jeden Monats treffen sich die Club-Mitglieder mittags für anderthalb Stunden zum Lunch. Während André Münster sein Gohliser Lokal zur Verfügung stellt, kümmert sich Katharina Hitschfeld um die Einladungen an die Club-Mitglieder („ganz klassisch: handgeschrieben und mit der Post verschickt“) und einen Lunch Speaker, eine Person, die zu einem in der Regel von ihr ausgewählten Thema aus Wirtschaft, Politik, Kultur, Sport, Gesellschaft und Wissenschaft einen Kurzvortrag hält. Auch die Referenten schätzen die Atmosphäre im Club. „Ich habe nie eine Absage erhalten, wenn ich jemanden angefragt habe“, erinnert sie sich. Am gefragtesten war der frühere Direktor des Museums der bildenden Künste, Hans-Werner Schmidt; er war gleich fünfmal Lunch Speaker. Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg war es dreimal, der frühere Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube, Gewandhausdirektor Andreas Schulz und der erst kürzlich verstorbene Direktor des Instituts für Amerikanistik an der Uni Leipzig, Crister S. Garrett, jeweils zweimal. „90 Prozent der Vorträge beschäftigen sich mit relevanten örtlichen Themen“, erzählt Katharina Hitschfeld. Mal war es die Braunkohle, mal der Fußball, mal Festivals, die Pharmaforschung oder Stadtentwicklung. Aber auch die Präsidentschaftswahlen in den USA waren schon Thema. Einmal war ein Schweizer Sprachforscher da. Wohl zu den außergewöhnlichsten Begegnungen zählte die mit Uni-Kanzlerin Birgit Dräger. Denn sie sprach nicht etwa über ein Hochschulthema, sondern über Heilpflanzen und Hexerei.
Treffen sind streng vertraulich
Viel mehr dringt aus den Runden allerdings auch nicht an die Öffentlichkeit. Denn für die Treffen gelten drei grundlegende Regeln: Was dort gesprochen wird, ist streng vertraulich. In der Runde wird nicht akquiriert, es werden also keine Visitenkarten verteilt oder Geschäfte angebahnt. Und es gibt keine feste Sitzordnung.
„Mit dem Lunch Club verbinde ich immer Momente der Überraschung und des Nachdenkens“, sagt Susanne Richter, Direktorin des Druckkunstmuseums, und freut sich noch auf viele weitere interessante Treffen. „Als Frau der Kultur bin ich dankbar für Referate über die Energieversorgung der Zukunft oder Einblicke in das Demonstrationsrecht. Und das stets wunderbare Ambiente und das Essen im Münsters runden den Lunch-Club für mich ab.“
Von Klaus Staeubert