Hooligan-Angriff von Connewitz: Ermittlungen ziehen sich hin
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Insgesamt waren bei dem Angriff 23 Geschäfte und Lokale zerstört worden. Foto: Dirk Knofe
Leipzig. Zwei Jahre nach dem Hooligan-Angriff auf den Leipziger Szene-Stadtteil Connewitz sind die Ermittlungen kaum vorangekommen. Im Nachgang der Krawalle vom 11. Januar 2016 hatte die Polizei 215 Verdächtige festgesetzt und deren Personalien aufgenommen – in 208 Fällen dauern die Verfahren weiterhin an, davon eines beim Generalbundesanwalt. Dagegen musste eine Vielzahl von Ermittlungen eingestellt werden, darunter wegen Steinewerfens und Beschießen mit Pyrotechnik, weil sich kein Täter identifizieren ließ. Zehn Verfahren sind von Leipzig an die Generalstaatsanwaltschaft Dresden abgegeben worden. Im Kontext des Verfahrens gegen Mitglieder der rechtsextremen Freien Kameradschaft Dresden (FKD) wurden zwei Haftstrafen verhängt. Außerdem wurden vom Amtsgericht Leipzig zwei Linksautonome wegen Angriffen auf Polizisten zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt.
Das geht aus der Antwort von Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) auf eine Kleine Anfrage der sächsischen Linken-Abgeordneten Juliane Nagel hervor. „Ich hoffe, dass die Ermittlungsverfahren zügig weitergeführt werden und bald eine Anklage folgt. Essenziell ist es zudem, Hintergründe über die Ideengeber und Drahtzieher des Angriffs in Connewitz zu gewinnen, die sich mit großer Sicherheit nicht unter den an jenem Abend festgesetzten Personen befinden“, kommentiert Juliane Nagel die vorliegenden Ergebnisse. Aus Sicht des Justizministeriums gestalten sich die Ermittlungen schwierig: „Jedem der 215 Beschuldigten muss eine konkrete Beteiligung an dem schweren Landfriedensbruch nachgewiesen werden. Allein der Umstand, dass sich ein Beschuldigter in der polizeilichen Einkesselung befunden hat, reicht zum Nachweis nicht aus“, erklärt Ministeriumssprecher Jörg Herold.
Bei dem Überfall, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, waren vor zwei Jahren 23 Geschäfte und Lokale zerstört worden. Insgesamt entstand ein Sachschaden im sechsstelligen Bereich. Bei den Verdächtigen handelt es sich um teils bekannte Neonazis und Hooligans. So stellte der sächsische Verfassungsschutz unter den Festgenommenen jeweils sechs Mitglieder der aufgelösten rechtsextremen Lok-Leipzig-Fangruppierung „Scenario“ und der Dresdner Hooligan-Gruppe von „Faust des Ostens“ fest, die als kriminelle Vereinigung eingestuft ist. Auch acht Mitglieder der als rechtsextrem eingestuften Freien Kameradschaft Dresden waren laut Innenministerium bei dem Angriff dabei.
Über die mutmaßlichen Drahtzieher sind inzwischen einige Erkenntnisse ans Licht gedrungen. So sagte ein FKD-Angeklagter im Juni 2017 vor Gericht aus, dass ein prominenter Leipziger Rechtsextremer, der 2014 Stadtratskandidat für die NPD gewesen und mehrfach wegen Körperverletzungen vorbestraft ist, Dresdner Neonazis zum Überfall in Connewitz eingeladen hatte. Treffpunkt war demnach ein Parkplatz nahe Leipzig, wo die Angreifer instruiert wurden. Die Mobilisierung hatte konspirativ über verschlüsselte Kommunikationsmittel sowie Mund-zu-Mund-Propaganda stattgefunden.
Von Andreas Debski
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