Kein einziger Wunschzettel mehr: Das ist mit Leipzigs Glücksbaum passiert
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Der Glücksbaum ist vollkommen kahl. Nur die Reste eines Graffito sind noch am Stamm zu sehen.
© Quelle: Andre Kempner
Leipzig. Ein einzelner roter Papierfetzen hängt am Stamm des Baumes und weht im eisigen Wind. Was auf den ersten Blick aussieht wie die Überreste einer Girlande, sind viele kleine Schnipsel von Teebeuteln, die laminiert und zusammengebunden wurden. Auf ihnen stehen Sprüche wie „Jedes Lächeln ist ein direkter Erfolg.“ oder „Mitgefühl kennt kein Ende. Freundlichkeit kennt keine Feinde“. Ein Ende hat sich schon vom Stamm gelöst und komplettiert das traurige Bild, das der ehemalige Glücksbaum im Clara-Zetkin-Park abgibt. Wo früher viele bunte Zettel mit Wünschen und anderen kleinen Erinnerungsstücken hingen, ist heute: nichts.
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Buntes Zettelmeer: So sah der Glücksbaum noch 2018 aus.
© Quelle: Andre Kempner
Seit 2016 bieten die Äste Platz für alle Wünsche
Die Entstehung des Glücksbaumes geht auf die Gruppe „Leipzig lacht“ zurück. Die Initiatoren wollten den Menschen eine Ablenkung vom Alltag bieten und einen Ort schaffen, an dem sie ihre Gedanken und Wünsche loswerden können. Um das Projekt anzustoßen, bestückten sie den Baum zunächst mit ihren eigenen Gedanken. Nach kurzer Zeit wurde daraus jedoch ein Selbstläufer.
2020 kündigte die Initiative ihren Rückzug an, um sich nun verstärkt Projekten rund um das Thema Umweltschutz zu widmen. Der Glücksbaum sollte aber bleiben und weiterhin ein Ort für die Wünsche und Gedanken der Leipzigerinnen und Leipziger sein.
Nicht jeder teilt den Sinn des Glücksbaumes
Um den Baum zu erhalten, haben sich die Mitglieder jedes Jahr an Ostern getroffen und aufgeräumt. „Wir haben die Pflege wirklich ernstgenommen. Einmal im Jahr haben wir alles Alte abgenommen und nur die lesbaren Zettel drangelassen“, erzählt Carina Weimann, Mit-Initiatorin des Glücksbaums.
Das Konzept, seine Gedanken und Wünsche auf kleinen Zetteln an einen Baum zu hängen, scheint aber nicht allen zu gefallen. Carina Weimann erzählt weiter: „Die letzten Male als wir den Baum gepflegt und mit neuen Zetteln bestückt haben, wurde er innerhalb von zwei Tagen wieder geräumt.“ Wer die ganzen Zettel abgenommen hat, wisse sie nicht. „Wir haben auch einen Zettel angebracht, mit der Aufforderung an alle, weiterzumachen und weiterhin ihre Wünsche an den Baum zu hängen, aber das hat nie länger als zwei Tage gehalten.“
„Wir Leipziger entscheiden, ob der Glücksbaum Glücksbaum bleibt.“
Was in der Zukunft mit dem Baum an der Sachsenbrücke passieren soll, ist noch nicht klar. „Wir sind eigentlich immer hoch motiviert an die Baumpflege rangegangen, aber das ist schon echt deprimierend“, sagt Carina Weimann mit Blick auf das bevorstehende Osterfest, an dem der Baum eigentlich traditionell für die nächste Saison zurechtgemacht wird. „Deswegen wissen wir noch nicht, was wir dieses Jahr machen.“ Sie hofft aber, dass das Glück den längeren Atem hat.
LVZ