Leipziger Galeria-Kaufhaus schließt Ende Juni: Beschäftigte „geschockt und am Boden zerstört“
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Blick auf Galeria Kaufhof in Leipzig. (Archivfoto)
© Quelle: Andre Kempner
Leipzig. Das Kaufhaus Galeria Kaufhof in der Leipziger Innenstadt wird es bald nicht mehr geben. Nach LVZ-Informationen wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filiale am Neumarkt am Montag auf einer kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung über die Schließung zum 30. Juni 2023 informiert.
Der Standort Leipzig gehört dabei zu 52 Filialen bundesweit, die das insolvente Unternehmen schließen wird – darunter auch jene in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Nürnberg und Dortmund. „Insgesamt werden somit weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren. Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, hieß es aus dem Gesamtbetriebsrat. Auch der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz sprach am Montag von einem schweren Tag, kündigte zugleich an, dass die verbliebenen 77 Galeria-Filialen – darunter jene in Erfurt und Magdeburg – in den kommenden drei Jahren saniert würden.
Im Leipziger Kaufhaus wird man diese Pläne am Montag wohl kaum noch vernommen haben. Die Beschäftigten seien über die Nachricht der Schließung „geschockt und am Boden zerstört“, so Verdi-Gewerkschafterin Andrea Busch gegenüber der LVZ. Sie könnten es nicht fassen und auch nicht verstehen. Am Montag blieb das Warenhaus auch nach der Betriebsversammlung noch geschlossen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verließen die Filiale mit versteinerten Gesichtern.
Galeria in Leipzig vor dem Aus: Immobilienverträge sollen Grund für Schließung sein
An der Wirtschaftlichkeit des Galeria-Standorts Leipzig, mit seinen noch etwa 160 Beschäftigten, habe es zumindest nicht gelegen. Im Gegenteil: Der 1-A-Standort an Leipzigs meistfrequentierter Einkaufsstraße schreibe schwarze Zahlen, verfüge über eine hochmotivierter Belegschaft und Leitung, hieß es auf der Versammlung. Der Standort in der Messestadt müsse vielmehr aufgrund der Situation um das „Eigentümerkonstrukt“ der Immobilie aufgeben werden.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Galeria-Häusern gehört die Immobilie in Leipzig schon längere Zeit der RFR-Holding des deutsch-amerikanischen Unternehmers Aby J. Rosen mit Sitz in New York. „Die Betroffenheit bei allen Beschäftigten und auch in der Leitung des Hauses ist sehr groß. Es ist grausam“, erklärte die Gewerkschafterin.
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Mit der angekündigten Galeria-Schließung Ende Juni verschwindet das letzte große Universal-Kaufhaus aus der Leipziger Innenstadt. Erst vor gut vier Jahren war das benachbarte Karstadt-Warenhaus in der Petersstraße geschlossen worden. In der Blütezeit Anfang des 20. Jahrhunderts gab es einstmals mehr als ein Dutzend größerer Warenhäuser in der Messestadt. Der sechsgeschossige Galeria-Neubau an der Ecke Grimmaische Straße/Neumarkt war für 120 Millionen DM errichtet und am 20. September 2001 mit gut 21.000 Quadratmetern Ladefläche eröffnet worden.
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Galeria Kaufhof in der Leipziger City wurde am 13.3.2023 aufgrund einer außerordentlichen Betriebsversammlung geschlossen.
© Quelle: Fabienne Küchler
Viele der Passanten, die am Montagnachmittag in der Innenstadt unterwegs waren, zeigten Bedauern über die Schließung. „Die Galeria Kaufhof gehört zum Leipziger Stadtbild einfach dazu“, sagte Holger Stieglitz und erinnerte daran, dass erst vor vier Jahren nebenan das Karstadt seine Pforten schloss. Der 60-Jährige hofft, dass künftig nicht etwa Büros im Gebäude einziehen, sondern weiter Geschäfte „zum Durchschlendern“. Andere Befragte äußerten aber auch Verständnis – weil Universal-Kaufhäuser wie die von Galeria heute generell nicht mehr zeitgemäß seien.
Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke: „Innenstadt neu ausrichten“
Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke (CDU) sprach am Montag von Enttäuschung. „Vor allem für die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es ein herber Schlag.“ Für die Leipziger Innenstadt bedeute die Schließung eine Minderung der Angebotsvielfalt. „Im Rahmen unserer Möglichkeiten wird Galeria in Leipzig natürlich alle Unterstützung erhalten, gleichwohl wir realistisch bleiben müssen, dass hier unsere Einflussmöglichkeiten begrenzt sind“, so Schülke.
Die angekündigte Schließung zeige aber auch, „dass wir die Leipziger Innenstadt für die Zukunft neu ausrichten müssen: mehr Veranstaltungen, mehr Kultur, mehr Highlights jenseits des reinen Einkaufens“, so der Wirtschaftsbürgermeister. Innenstädte in Europa seien immer mehr als reiner Konsum gewesen. „Wir werden nach vorne blicken und den Kontakt mit dem Eigentümer suchen, um die Schließzeit des Objekts auf ein Minimum zu reduzieren.“
Bundestagsabgeordneter Sören Pellmann (Linke) erinnerte daran, dass der Galeria-Konzern nicht nur Verantwortung für seine Aktionäre habe. Er forderte Stadt und Staatsregierung auf, alles zu unternehmen, um das Kaufhaus in Leipzig zu halten und, „dass die berechtigten Sorgen und Interessen der Beschäftigten in dem Konsolidierungsprozess berücksichtigt werden.“
Galeria Kaufhof beantragt mehrfach staatliche Hilfen
Der Galeria-Konzern befindet sich seit Jahren in finanzieller Schieflage, beantragte schon im April 2020 eine Insolvenz nach sogenanntem Schutzschirmverfahren. Infolge dessen wurden bereits rund 40 Filialen bundesweit geschlossen und 4000 Stellen in den Kaufhäusern abgebaut. Zudem konnte Galeria zwei Milliarden Euro Verbindlichkeiten gegenüber Zulieferern streichen.
Ende Oktober 2022 bat das Unternehmen dann erneut um staatliche Hilfen. Als Grund nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals explodierende Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Insgesamt griff das Bundeswirtschaftsministerium dem Handelsunternehmen über einen Stabilisierungsfonds mit 680 Millionen Euro unter die Arme – offenbar ohne Erfolg.
LVZ