Juristin und Richterin Elisa Hoven ist Professorin für Strafrecht an der Universität Leipzig und seit 2020 Richterin am Sächsischen Verfassungsgericht.
Anzeigen gegen Hasskommentare im Internet verschwinden einfach? In Leipzig und anderswo? Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, fordert LVZ-Kolumnistin und Strafrechtsprofessorin Elisa Hoven.
Leipzig.Hass im Netz ist in den vergangenen Jahren zu einem erheblichen Problem geworden. Menschen werden für ihre Ansichten, ihre Herkunft oder ihre Sexualität beschimpft, Politiker werden bedroht, Frauen sexistisch beleidigt. Die Folgen von digitalem Hass sind weitreichend. Studien, die wir an der Universität Leipzig durchgeführt haben, zeigen sogenannte „Silencing-Effekte“. Das bedeutet, dass sich Betroffene aus der öffentlichen Diskussion zurückziehen und ihre Meinung nicht mehr frei äußern. Wer einen „Shitstorm“ erlebt hat, der möchte das meist kein zweites Mal – und hält sich zurück. Dass Hass im Internet für unsere Demokratie eine Gefahr darstellt, ist mittlerweile bekannt. In den zurückliegenden Jahren gab es zahlreiche Änderungen des Strafgesetzbuchs, um Beleidigungen und Beschimpfungen im digitalen Raum noch besser zu erfassen. Nur: Die strengsten Gesetze helfen nichts, wenn sie nicht durchgesetzt werden. In unseren Untersuchungen berichteten Betroffene uns immer wieder, dass sie erfolglos Anzeige erstattet hätten. Viele wurden schon von der Polizei nicht ernst genommen, andere erhielten Monate später die knappe Nachricht, dass man den Täter nicht ermitteln konnte.