Lina E. bedankt sich bei Familie und Freunden – Urteil fällt am 31. Mai
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Lina E. kommt zu einer Verhandlung vor dem OLG Dresden in den Gerichtssaal.(Archivfoto)
© Quelle: Sebastian Kahnert
Dresden/Leipzig. Im Prozess gegen die mutmaßlich linksextreme Gruppe um die Leipzigerin Lina E. fällt das Urteil am 31. Mai. Zum Ende des Verfahrens ergriff die Hauptangeklagte Lina E. am Mittwoch selbst noch einmal das Wort. Sie wolle nichts zu dem Verfahren und den Vorwürfen sagen, erklärte die 28-Jährige und bedankte sich stattdessen für die Unterstützung – bei ihren Eltern, ihren „Omis“, den vielen Freunde und allen Verteidigerinnen und Verteidiger ein. Sie sei auch dankbar für die vielen Besucher in der Justizvollzugsanstalt, die trotz der weiten Anreise gekommen wären. „Mein letztes Wort in diesem Prozess soll Danke sein.“ Die anderen Beschuldigten äußerten sich nicht mehr – sie hatten wie in Strafverfahren üblich das Recht auf das letzte Wort.
Lina E. muss sich zusammen mit drei Männern aus Leipzig und Berlin wegen mutmaßlicher Angriffe auf vermeintliche und tatsächliche Neonazis verantworten. Den Angeklagten wird auch die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.
Am Mittwoch hielten die Verteidigerinnen und Verteidiger in dem Verfahren ihre letzten Plädoyers und übten abermals scharfe Kritik an der Generalbundesanwaltschaft (GBA) und dem Gericht. Einar Aufurth, Verteidiger eines Angeklagten aus Berlin, warf der GBA vor, den gesellschaftlichen Kontext der angeklagten Taten überhaupt nicht beachtet zu haben. Sie beurteile die Taten ohne jeglichen Bezug zur gesellschaftlichen Realität.
Der Anwalt verwies in diesem Zusammenhang auf rechten Terror, die Verbrechen des NSU und die vielen Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland seit 1990. Es gebe eine lange Geschichte rechter Gewalt und ein Versagen des Staates im Umgang mit dieser Gewalt.
Lina E.: Acht Jahre Haft gefordert
Der Prozess am Dresdner Oberlandesgericht hatte im September 2021 unter hohen Sicherheitsvorkehrungen begonnen. Neben der 28 Jahre alten Studentin Lina E. müssen sich drei Männer aus Leipzig und Berlin verantworten. Die GBA wirft ihnen vor, zwischen 2018 und 2020 Leute aus der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach zusammengeschlagen zu haben. Zudem sind sie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt, als deren Kopf Lina E. gilt.
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Ein Kronzeuge hatte die Beschuldigten belastet. Die Verteidigung spricht von einem politischen Prozess. Die GBA hatte für Lina E. acht Jahre Haft verlangt. Für die anderen Beschuldigten wurden Strafen zwischen zwei Jahren und neun Monaten und drei Jahren neun Monaten beantragt.
Verteidiger kritisiert Gerichtsverfahren
Wie zuvor andere Verteidiger, sprach auch Aufurth am Mittwoch von Beweislastumkehr. Wenn Angeklagte verurteilt würden, nur weil die Verteidigung den Gegenbeweis nicht antreten könne, habe das alles mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts mehr zu tun.
Für den ersten Überfall in Eisenach habe sein Mandant ein Alibi. Es sei durch Aufzeichnungen aus einer Überwachungskamera erwiesen. Vieles spräche dafür, dass das Alibi wissentlich vorenthalten wurde. Aber auch wenn es versehentlich geschah, sei das ein Beleg dafür, dass die GBA den Überblick über Beweismittel verloren habe. Generalbundesanwältin Alexandra Geilhorn halte unerbittlich an falschen Thesen fest.
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Rechtsanwältin Undine Weyers sprach den Vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats persönlich an. Die Verteidigung habe sich bei dem Verfahren in einer „verzweifelten Position“ und auf „verlorenem Posten“ befunden. Man habe den Eindruck gewonnen, dass der Vorsitzende nicht wirklich zuhören könne und schon alles feststehe.
Rund um den Tag des Urteils in der nächsten Woche haben Anhänger der linken Szene Proteste angekündigt. Diese soll es schon am Mittwoch geben, unter anderem vor dem Gerichtsgebäude in Dresden, aber auch bundesweit. Für Samstag, den 3. Juni, ist eine Großdemonstration in Leipzig angekündigt. Radikale Linke haben im Falle einer Verurteilung der Angeklagten in dem Verfahren auch gedroht, hohe Sachschäden anzurichten.
LVZ