Neue LVB-Straßenbahn rollt ab Januar durch Leipzig
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So ähnlich könnten sie aussehen: In Braunschweig fahren bereits Straßenbahnen des Typs Tramino vom polnischen Hersteller Solaris, der auch die neuen Leipziger Fahrzeuge baut.
© Quelle: Solaris
Leipzig. Sie bietet Platz für 220 Fahrgäste, hat 75 Sitzplätze, ist genau 37,63 Meter lang und kostet pro Stück rund drei Millionen Euro: Im Dezember wird in Leipzig das erste Modell der neuen Straßenbahn erwartet, das Stück für Stück die alten Tatras ersetzen soll. Beim Hersteller Solaris im polnischen Posen läuft derzeit die Montage eines Prototyps auf Basis der Tramino-Baureihe. Er soll ab Januar für mehrere Wochen im gesamten Netz der Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) getestet werden. Voraussichtlich im Frühjahr werde die Bahn dann ihre Premierenfahrt im Linienbetrieb absolvieren, sagte LVB-Sprecher Marc Backhaus am Dienstag gegenüber LVZ.de. „In Leipzig ist dann die aktuell modernste und innovativste Straßenbahn der Welt unterwegs.“
Das rund 120 Millionen Euro schwere Mammut-Projekt steht bei den LVB unter höchster Geheimhaltung. Nur einen schemenhaften Grafik-Entwurf ihrer künftigen "Bimmel" bekamen die Leipziger bislang zu sehen. Einen Einblick in den Innenraum der Bahn gewährte der Hersteller Solaris im September auf der Fachmesse Innotrans in Berlin. Dort wurde das Modell eines Waggon-Interieurs in Originalgröße gezeigt – inklusive Fahrgast-TV und den LVB-typischen blauen Sitzen.
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Das Modell des Innenraums auf der Fachmesse Innotrans in Berlin.
© Quelle: Solaris
Testbetrieb auf allen Linien geplant
Insgesamt 41 der neuen Bahnen wollen die LVB bis 2020 anschaffen. Zunächst werden fünf Trams in einem Abstand von sechs Wochen geliefert. Der 2015 mit Solaris abgeschlossene Vertrag sieht danach weitere Optionen zu jeweils fünf Fahrzeugen vor. Die gut 400 Kilometer lange Reise von Posen nach Leipzig stellt eine logistische Herausforderung dar. Jede Bahn muss per Schwerlast-Transport mit Polizeieskorte über Nacht in die Messestadt gebracht werden. Der genaue Tag der Prototyp-Lieferung steht bislang noch nicht fest, ebenso wie der finale Name der Bahn. Dieser soll erst in den nächsten Wochen bekanntgegeben werden, so LVB-Sprecher Backhaus.
Nach ihrer Ankunft im Dezember durchläuft die für Leipzig komplett neuentwickelte, zehnachsige Tram vom Typ NGT-10 ein Testprogramm auf allen Linien. Dies ist erforderlich, damit sie von der Aufsichtsbehörde des sächsischen Verkehrsministeriums zugelassen wird. „Bei dieser dynamischen Inbetriebnahme wird geschaut, ob die Bahn um alle Kurven und über alle Brücken kommt“, erklärt Backhaus. Auch die Fahrer werden dann mit den neuen Fahrzeugen geschult. Ähnliche Tramino-Modelle sind bereits in Braunschweig und Jena sowie im polnischen Olsztyn und am Solaris-Stammsitz in Posen unterwegs. Sie sind jedoch teils deutlich kürzer.
Auch 14 neue Busse bestellt
Bei einem Solaris-Werksbesuch konnte sich der LVB-Aufsichtsrat Mitte Oktober persönlich vom Fortschritt der Montagearbeiten überzeugen. Auch die neuen Urbino-Gelenkbusse – 14 Stück für insgesamt rund 4,5 Millionen Euro wurden bei Solaris bestellt – nahm die Leipziger Delegation dabei in Augenschein. Die ersten sechs Fahrzeuge werden noch im November erwartet und sollen im Dezember durch Leipzig rollen. Beide Investitionen seien ein wesentlicher Baustein, um den öffentlichen Personennahverkehr in Leipzig attraktiver zu machen und für den erwarteten Fahrgastzuwachs gewappnet zu sein, betonte Volkmar Müller, Geschäftsführer der Leipziger Stadtholding.
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Der LVB-Aufsichtsrat bei seinem Besuch im Solaris-Werk in Posen
© Quelle: LVB
Solaris hatte sich vor etwa zwei Jahren in einem europaweit Ausschreibungsverfahren gegen regionale Mitbewerber wie die Heiterblick GmbH aus Leipzig oder Bombardier durchgesetzt. Zwei Drittel der Fahrzeugkomponenten kommt aus Deutschland, ein Teil davon direkt aus der mitteldeutschen Region. „Konstruiert wurden die Bahnen in Chemnitz. Die Fahrgestelle werden in Vetschau im Spreewald hergestellt“, berichtet LVB-Sprecher Backhaus.
Tatras rollen nach 50 Jahren aufs Abstellgleis
Fest steht, dass das deutsch-polnische Gemeinschaftsprojekt das Straßenbild Leipzigs nachhaltig verändern wird. Denn es markiert den Anfang vom Ende für die Tatras im Linienbetrieb. Jedes der neuen Fahrzeuge soll zwei Wagen des tschechischen Fabrikats ersetzen. Derzeit sind noch insgesamt 112 „Oldtimer-Bahnen“ im Einsatz. Sie sollen – nach gut 50 Jahren auf Leipzigs Schienen – bis Ende 2020 aufs Abstellgleis rollen. Eine Reserve bleibt jedoch auch darüber hinaus im Bestand der LVB, als Unterstützung bei Großereignissen wie Bundesliga-Spielen oder Stadion-Konzerten.
Von Robert Nößler