Neues Konzept: Vorfahrt für Straßenbäume in Leipzig
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Das Pflanzen neuer Straßenbäume – wie hier in der Kochstraße – führt zu Konflikten mit Anwohnern, die weniger Parkraum finden.
© Quelle: André Kempner
Leipzig. Beim Umweltbund Ökolöwe ist der Jubel groß: „Jetzt heißt es Vorfahrt für Straßenbäume“, sagt Friederike Lägel, die umweltpolitische Sprecherin des Ökolöwen: „Angesichts der fortschreitenden Klimakrise können wir uns keine Verzögerungen mehr erlauben.“ Das ist eine Reaktion auf das schon 2016 mit einer breiten Bürgerbeteiligung erstellte Straßenbaumkonzept, das der Stadtrat kurz vor der Sommerpause 2019 bei nur einer Gegenstimme beschlossen hat. Die stammt von Karsten Albrecht (CDU), der zwar ebenso sieht, dass Straßenbäume in einer Stadt die Lebensqualität deutlich erhöhen können. Er hat aber Angst, dass die „grüne Infrastruktur“ gegen die ebenfalls notwendigen Parkplätze ausgespielt werden. „Die Auswirkungen auf die gesamte Stadtgesellschaft werden einfach ausgeblendet“, so Albrecht. Fassaden- sowie Dachbegrünungen, Baumpflanzungen an Orten wie zurückgesetzten Häusern, Baulücken oder Grünanlagen befürworte er.
Zielvorgabe bisher nicht erreicht
Was sieht das Straßenbaumkonzept vor? Leipzig will jährlich 1000 Bäume in der Messestadt pflanzen. Diese Zielvorgabe ist im Luftreinhalteplan enthalten, wurde in den vergangenen Jahren jedoch kaum einmal erreicht. Im Vorjahr wurde der Gesamtbestand um 600 Bäume auf aktuell rund 57 000 Straßenbäume aufgestockt. Die Analyse hat ergeben, dass in Leipzig potenziell Platz für weitere 45 000 Straßenbäume besteht. Vor allem in Nebenstraßen, die nur zu 28 Prozent einen Baumbestand vorweisen. Die Stadtverwaltung hat nun eine Grundlage, um den
Baumbestand der gesamten Stadt zu entwickeln
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Leipzig pflanzt mehr Straßenbäume wie in der Kochstraße. 64 Prozent der Leipziger Straßen sind derzeit baumlos.
© Quelle: André Kempner
Wie wird das bezahlt? Die Kosten beziffert die Stadt für dieses und kommendes Jahr auf jeweils 900 000 Euro für Nachpflanzungen und 250 000 Euro für Erstpflanzungen im Jahr 2020. Für den Zeitraum danach bleibt der Doppelhaushalt 2021/22 abzuwarten. Die Nachpflanzung eines Baumes, einschließlich der Kosten für Planung und drei Jahre Pflege, wird derzeit mit 1500 Euro veranschlagt. Wird ein Baumstandort in befestigten Straßen- und Gehwegbereichen neu angelegt, sind es 4500 Euro.
Werden die Anwohner gefragt? „Straßenbäume haben Auswirkungen auf Wohnungen“, sagte Sven Morlok (FDP). Wer bisher ein helles Wohnzimmer und plötzlich einen Baum vorm Fenster habe, müsse mit Einschränkungen leben. Eine Bürgerbeteiligung für jeden einzelnen Baum sei dennoch nicht sinnvoll, hielt Norman Volger (Grüne) dagegen. Woraufhin Morlok nochmals betonte, dass Bewohner nicht erst von Pflanzungen erfahren dürften, wenn der Bagger ein Loch gräbt. Infos soll es rechtzeitig geben, eine Bürgerbeteiligung bei Auswahl der Standorte vor der Haustür nicht.
Mehr Personal bewilligt
Wie realistisch ist es, 1000 Straßenbäume pro Jahr zu pflanzen? Das Geld hat der Stadtrat bewilligt. Es hapert aber am Personal, das die Baumstandorte plant und vorbereitet. Die Grünen wollten daher vier zusätzliche Vollzeitstellen schaffen, die Linken zwei weitere, die Gießpatenschaften organisieren. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hatte zuvor kritisiert, dass es "nicht angemessen" sei, so viele neue Stellen zu schaffen, bevor die Verhandlungen über den kommenden Doppelhaushalt überhaupt beginnen. Der Kompromiss: vier Stellen. Bis die besetzt sind, dauert es.
Wann geht es los? Ein Schwerpunkt für Neupflanzungen ist der Leipziger Osten. So sollen bereits im Herbst neue Bäume in die Hans-Poeche-Straße kommen. Auch der Norden (Geibelstraße, Daumierstraße), der Süden (Arndtstraße) und der Westen (Lyoner Straße) sollen noch 2019 bedacht werden.
Von Mathias Orbeck
LVZ