„Nicht nur Frust, sondern auch Erfolge“: ADFC Leipzig blickt optimistisch auf Fahrradpläne der Stadt
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Bei einer Fahrradrundfahrt mit der Stadtverwaltung und interessierten Leipzigern und Leipzigerinnen stellte der ADFC seine Ideen für besseren Fahrradverkehr in Leipzig zur Diskussion.
© Quelle: Eyad Abou Kasem
Leipzig. Ein Bahnhofsvorplatz fürs Fahrrad und Fußgänger, mehr Sicherheit am Ring und eine Ausweitung des neuen Superblocks in der Hildegardstraße: Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Leipzig (ADFC) hat klare Vorstellungen, wo es hingehen soll mit dem Verkehr in der Stadt – und einige Fragen an die Stadtverwaltung. Etwa zum Radschnellweg nach Halle und dem Parkbogen Ost. Die stellvertretende ADFC-Vorsitzende Rosalie Kreuijer legte die Ideen und Fragen des Fahrradclubs am Mittwoch auf einer gemeinsamen Radtour den Vertretern aus der Stadtverwaltung vor. In diesem Jahr sehe Kreuijer dabei zur Abwechslung einmal nicht nur Frust, sondern auch Erfolge. „Ich habe den Eindruck, es ist ein bisschen mehr Druck dahinter.“
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Am Burgplatz startete die stellvertretende Vorsitzende des ADFC Leipzig, Rosalie Kreuijer, ihre Radtour mit Stadtvertretern und interessierten Bürgern gen Leipziger Osten.
© Quelle: Eyad Abou Kasem
Entlang der Route vom Burgplatz über den Dittrichring zum Hauptbahnhof, an der Berliner Straße entlang, über die Adenauerallee zum Kohlweg und schließlich nach Volkmarsdorf erlebten die rund 40 Teilnehmenden – Burkhard Jung musste wegen eine Erkältung absagen – die vom ADFC angeführten Schwachstellen am Radnetzwerk am eigenen Leib.
Parken am Hauptbahnhof: „Leipzig braucht 3.000 Stellplätze mehr“
Viel Kritik es ADFC bezog sich auf die Situationen um den Hauptbahnhof. „Die Parksituation am Hauptbahnhof ist überlastet“, führte Kreuijer an. Entlastung könne ein Parkhaus für mindestens 3000 Fahrräder bringen. Die Analyse der Stadt kommt auf ein ähnliches Ergebnis: Jedoch würden demnach bereits 2400 zusätzliche Parkmöglichkeiten reichen. Wann, wo und wie Tausende Parkplätze entstehen könnten, sei jedoch zunächst nicht abschätzbar, räumte Leipzigs Radverkehrsbeauftragter Christoph Waack ein. „Das Problem ist, dass es um Flächen geht, die nicht der Stadt, sondern der Bahn gehören.“
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Auf dem Vorplatz des Leipziger Hauptbahnhofs sind die vorhandenen Fahrradbügel meistens überbelegt.
© Quelle: André Kempner
Die Stadt wolle sich zunächst mit dezentralen Ansätzen für je einen Bruchteil der benötigten Plätze behelfen: So seien bis zu 300 Stellplätze im Parkhaus an der Ostseite denkbar – aktuell befinde man sich dazu im Gespräch mit dem Centermanagement. An der Westseite sollen noch in diesem Jahr 175 neue Stellplätze entstehen.
Verbundene Radschnellwege: „Im Moment noch Visionen“
Ebendort wirft der ADFC zudem die Frage nach durchgängigen Radschnellwegen auf. Konkret schlage der ADFC eine Verbindung der geplanten Radschnellverbindung zwischen Leipzig Zentrum und Halle und den im Bau befindlichen Fahrrad-Parkbogen Ost – etwa mithilfe einer Brücke über die Parthe – vor. Das große planerische Problem dabei, so Waack, sei der Rettungsplatz der Deutschen Bahn. Dieser liegt auf der Bahnhofsnordseite zwischen den geplanten Radwegen – und dürfe nicht gequert werden. „Wir werden uns jetzt Gedanken machen wie wir die Radverbindung außen herumführen können“, sagte Waack.
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Der Radschnellweg von Leipzig nach Halle entlang der B 6 geht in die Vorplanungsphase.
© Quelle: Michael Strohmeyer
Zudem solle perspektivisch eine weitere Radschnellverbindung zwischen Leipzig Zentrum und Taucha entstehen. Zwischen diesem und dem Schnellweg Richtung Halle liegt die Parthe, die von Verkehrsbrücken, unter anderem für den Schienenverkehr, übertunnelt wird. „Es wird geprüft, ob es baulich machbar ist, auf der Parthe eine Fahrradbrücke im Tunnel zu bauen, die auf die Ostseite der Stadt führt und so die Schnellverbindungen Halle – Leipzig und Leipzig – Taucha verbindet“, so Waack. „Im Moment sind das aber noch Visionen“, sagt Waack.
Die bereits geplante Schnellverbindung Halle-Leipzig selbst starte demnächst erst in die Vorplanung, hieß es. Erst danach könne es einen Zeitplan geben.
Mehr Sicherheit: Lücken schließen und Übergänge verbessern
Was hingegen noch in den kommden beiden Jahren zu erwarten sei: Mehr Sicherheit beim Queren rund um den Bahnhofsvorplatz. Dazu solle noch in diesem Jahr der grüne Radfahrstreifen nach Westen hin erweitert werden – mitten durch den Autoverkehr. „Uns ist bewusst, dass dies das subjektive Sicherheitsbefinden der Radfahrer nicht unbedingt befördert“, sagte Sebastian Lindhorst, Abteilungsleiter der Straßenverkehrsbehörde. Die objektive Sicherheit sei in dem Bereich jedoch „in Ordnung“. Als Kompromiss werde zusätzlich der gemeinsame Geh- und Radweg bestehen bleiben. 2024 solle dann die Wartefläche für Fußgänger – über den Radweg hinweg – dorthin verlegt werden, wo ehemals der zweite Autofahrstreifen war. Im Gesamtpaket mit Zebrastreifen und geänderten Ampelschaltungen erhoffe sich die Stadt so einen unfallsicheren Querungsbereich vor dem Bahnhof.
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Noch wechseln Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer vorm Hauptbahnhof vom grünen Radstreifen wieder auf den gemeinsamen Geh- und Radweg. Noch in diesem Jahr soll es eine Alternative mitten auf dem Tröndlingring geben.
© Quelle: Dirk Knofe
Abseits des Hauptbahnhof kritisierte die stellvertretende Vorsitzende des ADFC unübersichtliche Kreuzungen und geteilte Rad- und Fußgängerwege entlang des Innenstadtrings. Diese seien laut Lindhorst zum Großteil bereits im Arbeitsprogramm bis 2030 für Verbreiterungen, Bordsteinabsenkungen oder Erweiterungen eingeplant.
Verkehrsberuhigtes Wohnen: Superblock kommt noch
Endhaltestelle Hedwigstraße: Hier war zuletzt eine verkehrsberuhigte Spielstraße mit einer für Autos diagonal gesperrten Kreuzung entstanden. Wie geht es mit den angekündigten Superblocks weiter? „Was wir hier haben, ist nur ein erster Abschnitt eines Superblocks“, räumt Lindhorst ein. Man sei dabei, ein Konzept für gesamt Volkmarsdorf und Neustadt-Neuschönefeld nördlich der Eisenbahnstraße auszuarbeiten. „Wir haben verschiedene Varianten auf dem Tisch, es dauert auch nicht mehr lange, bis wir diese präsentieren“, so Lindhorst.
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Bald sollen sich auch andere Quartiere für die Verkehrsberuhigung nach Superblock-Vorbildanmelden können: „Initiativen und Vereine sollen in der Lage sein, so etwas wie hier an die Verwaltung heranzutragen.“ Bisher habe die Stadt abseits Neustadt-Neuschönefelds aber noch keine Anfragen erhalten. „Wir sind gerne bereit“, so Lindhorst.
Wer eigene Anregungen zur Verbesserung der Radfahrsituation und -sicherheit anbringen möchte, kann diese über die Website der Stadt einreichen. OBM Jung wolle die Anregungen aus der Bevölkerung eigenen Angaben zufolge selbst entgegennehmen.
LVZ