Drogenprozess startet in Leipzig gegen Netflix-Star und vier Komplizen
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Prozess im Landgericht Leipzig gegen Netflix-Star Maximilian Schmidt (M.) und vier Mitangeklagte: Das Medieninteresse war gewaltig.
© Quelle: Andre Kempner
Leipzig. Er ist der Erfinder des legendären Drogenshops „Shiny Flakes“ und soll aus der Haft heraus einen neues illegales Geschäft angekurbelt haben: Seit Montagmorgen wird am Landgericht Leipzig der Prozess gegen den Leipziger Maximilian Schmidt (28) und vier weitere Mitangeklagte verhandelt. Um 8.56 Uhr betrat der durch eine Netflix-Dokumentation bekannte Leipziger den Verhandlungssaal. Er wirkte selbstsicher, ist den Rummel um seine Person schon seit dem ersten Drogenprozess gegen ihn im Jahr 2015 gewohnt.
Spätestens im November 2018 soll er sich mit seinen mutmaßlichen Komplizen Friedemann G. (36) und Andre R. (43) zusammengeschlossen haben, um über die Internetplattform www.candylove.to von Leipzig aus einen Online-Handel mit Betäubungsmitteln zu betreiben. Ermittler glauben, dass der clevere junge Mann Hafterleichterungen wie offenen Vollzug und Freigänge genutzt habe, um die Online-Plattform und ein neues Vertriebssystem aufzubauen.
Knapp 500 Postsendungen mit Drogen aus Leipzig versandt
Knapp 500 Postsendungen mit illegalen Substanzen, unter anderem 16,5 Kilogramm Amphetamin, 2,5 Kilogramm Haschisch, zwei Kilogramm der Partydroge MDMA, 500 Gramm Metamphetamin und 350 Gramm Kokain sollen im Zeitraum von April 2019 bis Januar 2021 verschickt worden sein. Hinzu kamen der Anklage zufolge über 1000 Stück Tabletten und Arzneimittel. Der Gesamterlös für die Bande laut Staatsanwaltschaft: rund 95.000 Euro.
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Maximilian "Shiny Flakes" Schmidt in der Netflix-Doku "Shiny_Flakes: The Teenage Drug Lord.
© Quelle: Netflix
Schmidt war nach Auffliegen seines Internetshops „Shiny Flakes“, mit dem er Millionen gescheffelt haben soll, Anfang November 2015 zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Im Juli 2019 wurde die restliche Haftzeit zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er der Kopf der Gruppierung war. Er verfüge über die nötigen finanziellen Mittel und die Fähigkeiten, so Oberstaatsanwalt Guido Lunkeit.
Bunkerwohnungen und Legendenbildung
Friedemann G. soll sich in der Drogenbande um Logistik, Fahrdienste und um sogenannte Bunkerwohnungen wie in der Prager Straße gekümmert haben, wo das Rauschgift lagerte. Der ebenfalls beschuldigte Strafverteidiger Andre R. war nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft für rechtliche Fragen zuständig. Miet- und Arbeitsverträge seien in seine Zuständigkeit gefallen. Zudem sei er maßgeblich an der Legendenbildung für seine Komplizen beteiligt gewesen, damit Einkünfte einen legalen Anstrich erhielten. Dem Trio wird bandenmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen zur Last gelegt, den Mitangeklagten Jens M. (40) und Julius M. (24) hingegen Beihilfe. Die Beweislage gilt den Behörden zufolge als gut. Die Anklage umfasst auch mehrere Bestellungen eines verdeckten Ermittlers, der Drogen an eine Adresse in Torgau sowie an eine Packstation nach Großenhain liefern ließ.
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Zum Prozessauftakt schwiegen die Angeklagten zu den Vorwürfen. Umso mehr hatten die Verteidiger zu sagen. Die Rechtsanwälte Curt-Matthias Engel und Carsten Brunzel, die Schmidt vertreten, rügten die Zuständigkeit der Erwachsenenstrafkammer: Angeklagter Julius M. sei zum Tatzeitpunkt noch heranwachsend gewesen, daher sei eine Jugendstrafkammer zuständig. Und dies zudem am Wohnort des nicht aus Sachsen stammenden Angeklagten. „Eine Verhandlung vor der Erwachsenenkammer stellt einen absoluten Revisionsgrund dar“, so Engel. Die Strafkammer sei sich dieses Problems bewusst, erwiderte der Vorsitzende Richter Rüdiger Harr.
Verteidiger von Shiny Flakes will Freispruch erreichen
Verteidiger Andrej Klein will für seinen Mandanten und Berufskollegen Andre R. einen Freispruch erzielen, kündigte er an. Dieser habe zu keiner Zeit Kontakt zu Maximilian Schmidt gehabt, sei lediglich seit Jahren der Anwalt des Mitangeklagten Friedemann G. und mit diesem deshalb bekannt. Thema der Verteidigers war auch ein mögliches Verwertungsgebot von Daten aus der Telefonüberwachung im Falle des angeklagten Anwalts.
Der Hauptangeklagte ist durch die Netflix-Dokumentation „Shiny Flakes: The Teenage Drug Lord“ sehr bekannt geworden. Die fiktionale Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“ des Streamingportals basiert auf dem Fall „Shiny Flakes“. Das Landgericht hat für den Prozess 18 Verhandlungstermine bis 28. Juni vorgesehen.