Sie haben abgestimmt: Das sind die besten Spätis in Leipzig
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Die Abstimmung ist beendet: Das sind Leipzigs beste Spätis.
© Quelle: Eyad Abou Kasem
Leipzig. Die Spätverkaufsstellen gehören in Leipzig zum Stadtbild, sind beliebte Treffpunkte und manchmal auch die Retter in der Not, wenn beim Backen oder Kochen am Wochenende plötzlich eine Zutat fehlt.
Im aktuellen Teil von „Leipzigs Beste“ haben wir Sie gefragt, welcher Späti in der Messestadt Ihr Favorit ist. An der Abstimmung haben sich insgesamt 2466 Menschen beteiligt. Klarer Sieger mit 20,7 Prozent wurde „Roni“ aus dem Stadtteil Connewitz, gefolgt von der „Schatzinsel“ mit 13,3 Prozent in Plagwitz und auf den dritten Platz kam das „Kiezkontor“ aus Anger-Crottendorf mit 11,5 Prozent. Die LVZ fragte die Inhaber nach ihren Erfolgsrezepten und ist mit Kunden ins Gespräch gekommen.
1. „Roni“ in Leipzig: „Das berührt mich sehr“
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Der Spätverkauf von Roni Kezi in Connewitz wurde zu Leipzigs bestem Späti gekürt.
© Quelle: Eyad Abou Kasem
Als Roni Kezi am 1. Januar 2010 die Gewerbeanmeldung in den Händen hielt, wusste der gebürtige Iraker, dass es jetzt richtig los geht. Bis dato hatte er seiner Mutter im Internetcafé mit Späti am Lindenauer Markt unter die Arme gegriffen. Sein eigener kleiner Späti ist mehr als eine Biertankstelle im Leipziger Süden. Als der 34-Jährige erfuhr, dass er beim Voting „Leipzigs bester Späti“ gewonnen hat, war er fassungslos. „Das berührt mich sehr und ich möchte mich bei meinen treuen Kunden bedanken, die all die Jahre zu mir gehalten haben und mich unterstützen. Ohne sie gäbe es mich nicht mehr“, sagt der Betreiber, der den Laden als Einzelunternehmer führt. Alles unter einen Hut zu bringen - Einkauf, Familie und Shop - sei manchmal ganz schön stressig.
Der gelernte Gebäudereiniger Julian Lepke trifft sich gerne mit Freunden beim Lieblingsspäti, wo er sich wohlfühlt und wo das Bier am besten schmeckt. „Früher waren wir bei ‚Mutti‘ im Späti gegenüber, dann kam ‚Roni‘. Er hat einfach alles und nichts ist überteuert. Und man kann mit ihm über Fußball quatschen“, schwärmt der 29-Jährige, der jetzt in Riesa lebt. Wenn er auf Besuch in Leipzig ist, führe kein Weg an Roni vorbei. „Selbst wenn ich mal ein halbes Jahr nicht da war, erkennt er mich wieder.“
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Julian Lepke mag Punk aus Brandenburg und den Späti "Roni" in Leipzig-Connewitz ganz besonders.
© Quelle: Regina Katzer
„Das kälteste Bier Europas“ gibt es in Leipzig-Connewitz
Nach seinem Erfolgsrezept gefragt, muss Roni nicht lange überlegen: „Ich bin sehr freundlich zu allen Menschen. Ich mache keine Ausnahme – ob arm oder reich. Ich nehme mir Zeit für meine Kunden. Meine Preise sind fair und außerdem habe ich das kälteste Bier Europas“, lacht der Späti-Betreiber, der seit 21 Jahren in Deutschland lebt. Das Getränk kommt aus einer Kühlzelle im Lager, die er abends mit vollen Bierkästen befüllt und wenn der Kühlschrank im kleinen Laden mal wieder leer getrunken ist, hat er immer Nachschub an gekühlten Getränken. Die Leute kämen nicht nur zum Trinken in den Laden, oftmals schütten sie auch ihr Herz aus. „Die Hälfte meiner Gäste kenne ich mehr als acht Jahre. Da wird auch mal über familiäre oder gesundheitliche Probleme gesprochen.“
Nachbar Hannes Grüneberg ist Stammkunde des 18 Quadratmeter großen Späti in der Bornaischen Straße 21. „Roni ist einer der sozialen Dreh- und Angelpunkte in Connewitz. Hast du eine Party zu Hause oder fehlt dir was, gehst du mal kurz zu Roni“, berichtet der gute Freund des Hauses. Seit zwei Jahren ist das nur noch eingeschränkt möglich. Nach Anwohnerbeschwerden hatte das Ordnungsamt auf das sächsische Ladenöffnungsgesetz aufmerksam gemacht. Seitdem ist abends 22 Uhr Schluss und sonntags geschlossen. Das bringt Grüneberg auf die Palme, der sich um die Existenz seines Nachbarn und dessen Familie Sorgen macht: „Ich freue mich sehr, dass er diesen Preis gewonnen hat, und hoffe dennoch auf bessere Zeiten für uns und vor allem für ihn“.
2. „Schatzinsel“ in Leipzig-Plagwitz ist „Herz und Seele des Viertels“
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Chef der „Schatzinsel“ in Plagwitz : Thomas Schellenberg in seinem Späti.
© Quelle: Eyad Abou Kasem
Thomas Schellenberg ist noch immer überrascht, dass sein Laden, den er seit Anfang des Jahres als alleiniger Inhaber führt, unter die Top 10 der besten Leipziger Spätis gekommen ist. „Der zweite Platz macht mich sprachlos“, sagt der 48-Jährige und muss kurz Luft holen. Ohne Frank Kutscher und Robert Kilian hätte der geborene Thüringer das Geschäft, das es seit 14 Jahren gibt, so nie aufziehen können. Das sei ihm wichtig zu erwähnen.
„Späti ist mein erweiterter Kühlschrank“
Warum die 110 Quadratmeter große Verkaufsstelle in der Forststraße 7 so beliebt ist? Das wüssten seine Kunden am besten. Beispielsweise Christian Stössel, der im selben Gebäudekomplex wohnt, und seit sieben Jahren regelmäßig nach Feierabend vorbeischaut. „Die ,Schatzinsel’ ist das Herz und die Seele des Viertels“, meint Leipziger, der hier Nachbarn und Freunde trifft oder solche, die es werden. Auch Bausachverständiger Oliver Noori, der nach der Arbeit kurz reinschaut, lobt den Laden in den höchsten Tönen. „Ich komme täglich diverse Male vorbei. Das Personal ist hervorragend und es gibt gute Produkte zu fairen Preisen. Die ,Schatzinsel’ ist mein erweiterter Kühlschrank“, sagt er scherzhaft.
Ort des Austausches
Für Nachbarin Janine, die einen Kaffee vorm Laden trinkt, ist die „Schatzinsel“ ein sehr familiärer Ort. „Ich kann mir einen Schraubenzieher leihen, wenn ich mal wieder meinen Schlüssel vergessen habe. Und mich darüber beklagen, dass ich die Tür trotzdem nicht geöffnet bekam. Es ist hier ein bisschen wie in den Neunzigerjahren im Jugendclub. Meist findet sich jemand zum Quatschen“, so die 43-jährige Designerin. Auf den Tisch kommen politische Ansichten, persönliche Einstellungen und Werte, die von Menschen diskutiert werden, die sich bisher nur oberflächlich aus der Nachbarschaft kannten. Inhaber Thomas besäße ein besonderes Talent, die Leute miteinander ins Gespräch zu bringen. „Vor Kurzem habe ich gehört, wie sich zwei junge Frauen über den Späti unterhalten haben. Die eine sagte zur anderen: Cool, oder, das war der absolute Lieblingsspäti meines Vaters.“
Braucht es mehr Worte, um diesen generationsübergreifenden Ort zu beschreiben? Für Thomas Schellenberg, der auch ein Anschreibebuch führt, ist es wichtig, dass sich die Leute wohlfühlen – und das täglich ab neun Uhr. „Viele Hartz-4-Empfänger sind mittlerweile aus dem Stadtteil weggezogen, einige mit alten Mietverträgen wohnen noch in der Nachbarschaft. Man kommt zu mir und borgt sich mal eine Leiter aus, Päckchen werden abgegeben oder wenn jemand Urlaub macht, wird seine Gemüsekiste bei uns abgegeben“, erzählt der vierfache Familienvater, der seit 14 Jahren Tag für Tag im Laden steht.
Zu tun gibt es immer. Vom Auffüllen der Kühlschränke und Regale übers Abkassieren bis zum Entgegennehmen von Lieferungen. „Wir sind der Schönwetter-Späti, wenn auf der Sachsenbrücke gearbeitet wird“, beschreibt der Inhaber die beste Zeit des Jahres. Im Sommer futtere man sich wie ein Igel den Speck an, um den Winter zu überleben.
So haben Sie abgestimmt
1. Roni in Leipzig-Connewitz 20,7 %
2. Schatzinsel in Leipzig-Plagwitz 13,3 %
3. Kiezkontor in Leipzig-Anger-Crottendorf 11,5 %
4. Schwarzmarkt in Leipzig-Lindenau 11,2 %
5. Cristinas Magazin in Leipzig-Zentrum-Süd 9,8 %
6. Emils Späti in Leipzig-Zentrum 8,4 %
7. Ted’s Späti in Leipzig-Reudnitz 7,7 %
8. Kiosk 159 in Leipzig-Wahren 7,1 %
9. Kiosk 1 in Leipzig-Zentrum-Süd 6,2 %
10. Spätition in Leipzig-Kleinzschocher 4,1 %
3. „Kiezkontor“ in Anger-Crottendorf: Teamarbeit im Laden
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Kiezkontor heißt Teamarbeit: Chef Marcus Weiss mit seinen Mitarbeitern Benjamin, Sebastian und Laura (v.l.) vorm „Kiezkontor“ in Anger-Crottendorf.
© Quelle: Eyad Abou Kasem
Was ist das Geheimnis seines Erfolges?, lautet die Frage an den Drittplatzierten Marcus Weiss, der seit zehn Jahren den Späti „Kiezkontor“ im Leipziger Osten betreibt. „Bei uns soll nicht nur die Kundschaft zufrieden sein, sondern auch unsere Angestellten“, so der Einzelhandelskaufmann, der das Geschäft von der Pike auf gelernt hat. Alle Mitarbeiter arbeiten vier Tage die Woche und werden in Vollzeit bezahlt.
Das „Kiezkontor“ in der Zweinaundorfer Straße 1 (Anger-Crottendorf) misst einen Verkaufsraum von 60 Quadratmetern und ist gut sortiert. Täglich von 10 bis 24 Uhr kann hier geshoppt werden – und auch Muttis mit Kinderwagen kommen in den Laden, um vergessene oder dringend benötigte Lebensmittel einzukaufen. Auch hier im Leipziger Osten werden soziale Kontakte im Späti gepflegt und nachbarschaftliche Gespräche über Gott und die Welt geführt. „Wir sind ein heller und luftiger Laden mit relativ günstigen Preisen auf Konsum-Niveau“, sagt der gebürtige Suhler, der 2007 wegen der Liebe nach Leipzig kam.
Leipziger Osten: Kaffeezeit im Späti um die Ecke
Tagsüber kommen Leute aus der Nachbarschaft, den Büros oder von der Physiotherapie einfach nur zum Kaffeetrinken vorbei. Der 25-jährige Raphael steht am frühen Abend mit Freundinnen vorm Getränkeregal. „Ich wohne um die Ecke und das Angebot ist einfach gut.“ Wer Schicht im Späti hat, bestimmt die Musik, die acht Stunden über die Lautsprecher läuft. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter sollten schließlich gute Laune beim Publikum verbreiten, das abends tendenziell jünger wird, weiß der Chef.
Ordnungsamt mit immer neuen Forderungen
Ein paar kritische Worte muss der Kiezkontor-Inhaber am Ende loswerden: „Die Stadt stresst uns seit Jahren. Immer wieder werden neue Sachen vom Ordnungsamt gefordert. Aktuell ist es eine Speisekarte, die wir erstellen sollen, damit der Kunde weiß, was er vor Ort zu essen bekommt“, erklärt Weiss.
LVZ