Stadt Leipzig lässt Poggenburg nach Connewitz – und schweigt
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Beim letzten Mal mussten André Poggenburg (2. v. r.) und Anhänger seiner Partei AdPM am 5. Juni auf den Leipziger Simsonplatz ausweichen. Dieses Mal dürfen sie nach Connewitz.
© Quelle: Dirk Knofe
Leipzig. Dreimal hat es Ex-AfD-Mann André Poggenburg allein in diesem Jahr versucht, mit der von ihm gegründeten Partei Aufbruch deutscher Patrioten Mitteldeutschland (AdPM) ins linksalternative Connewitz zu gelangen. Dreimal verlegte die Stadt Leipzig diese angemeldeten Versammlungen ins Zentrum. Doch nun darf er offenbar – und das Rathaus schweigt sich zu den Gründen aus.
Gewissheit bekam Poggenburg nach eigenen Angaben bereits am Montag. "Heute erhielt ich den Bescheid der Stadt Leipzig, unsere Kundgebung in Connewitz wird stattfinden", twitterte der Mann, der vom AfD-Bundesvorstand unter anderem wegen einer Hetzrede gegen in Deutschland lebende Türken abgemahnt wurde und im Januar dieses Jahres aus der Partei austrat. "Die Hartnäckigkeit zur Durchsetzung unseres Grundrechtes gegen linke Intoleranz trägt Früchte." Mithin werde die AdPM am Mittwoch ab 18 Uhr an der Kreuzung Brandstraße/Selneckerstraße eine Versammlung abhalten unter dem Motto "Linker Anarchie und Aggression konsequent entgegnen". Angemeldet ist die Demo bis 20 Uhr.
Blaues Auge
Was die Stadt bewog, von ihrer bisherigen Linie abzuweichen, ist unklar. Eine schriftliche Anfrage der LVZ vom Montag blieb bis Dienstagabend unbeantwortet. „Es wird dazu am Dienstag definitiv keine Stellungnahme mehr geben“, hieß es auf Nachfrage aus dem Rathaus. Ob es wenigstens am Veranstaltungstag Antworten auf die offenen Fragen gibt, sei noch nicht geklärt.
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Vorläufig lässt sich nur spekulieren. Gibt es juristische Gründe dafür, dass die Stadt den AdPM-Gründer diesmal gewähren lässt? Bereits bei dessen letzter Versammlungsanmeldung Anfang Juni fing sich das Rathaus am Verwaltungsgericht ein blaues Auge ein. Damals äußerten die Richter erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids zur Verlegung der Kundgebung durch die Stadt. Weder habe es eine auf den Einzelfall bezogene Gefahrenprognose durch die Polizei noch eine Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz gegeben.
Die Klage der AdPM war letztlich nur deshalb abgewiesen worden, weil das Gericht Zweifel hatte, ob die Sicherheit noch gewährleistet werden kann, wenn die Partei erneut kurzfristig wieder nach Connewitz darf, wie ursprünglich angemeldet. So könne die Polizei ihre Einsatzpläne in der Kürze der Zeit nicht mehr ändern, hieß es. Aufgrund dieser Entscheidung hatte die Kommune auch die Kosten des Verfahrens tragen müssen.
Vielfältige Proteste
In Connewitz richtet man sich längst auf den Auftritt der Splitterpartei ein, schon seit Tagen wird im linken Szenestadtteil mobil gemacht. „Kommt nach Leipzig, nach Connewitz, zeigt den Faschisten und ihren Freunden in Uniform, dass kein rechter Aufmarsch einfach so hingenommen wird“,hieß es bereits Ende voriger Woche auf dem Szeneportal Indymedia.
Einem Aufruf im Internet zufolge treffen sich bereits ab 16 Uhr Protestierer an der Grünfläche in der Selneckerstraße. „Je mehr Menschen, desto mehr Platz benötigen wir, desto schwieriger wird es für Poggenburg & Co. sowie Cops, sich dort breitzumachen“, heißt es. Eine Mahnwache hat der Vorstand der Kirchgemeinde Connewitz-Lößnig um 17.30 Uhr vor dem Paul-Gerhardt-Haus in der Selneckerstraße angemeldet – Motto: „Herz statt Hetze, Nächstenliebe statt Nazis“. Zur gleichen Zeit beginnt in der Brandstraße eine Kundgebung unter dem Motto „Leipzig: Kein Ort für Rassisten!“, zu der auch die Linke aufruft.
Der Leipziger Parteivize Kay Kamieth appellierte an Teilnehmer, „kreativen Protest sowie zivilen Ungehorsam zu leisten“. Alle Menschen in Leipzig sollten „die antifaschistischen Aktionen unterstützen und kühlen Kopf bewahren“.
Polizei rechnet mit einer „möglichen dynamischen Lage“
Die Polizei in Leipzig rechnet „durchaus mit einer möglichen dynamischen Lage rund um das Geschehen in Connewitz“ – und auch mit Gewalt gegen Beamte, wie es in einer Presseerklärung vom Dienstagabend hieß.
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Polizeipräsident Torsten Schultze betonte, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auch für Menschen gelte, „die nicht meinen Werten und denen meiner Organisation entsprechen“. Vor dem Hintergrund „unverhohlener gewalttätiger Aufrufe im Internet“ forderte er die Stadtgesellschaft auf, „sich deutlich von Hass und Hetze zu distanzieren“.
Von Frank Döring
LVZ