Was ist Freiheit in diesen Zeiten wert? Fünf Sachsen antworten
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Fünf Gäste des LVZ-Talks mit Joachim Gauck sprechen über ihr Verständnis von Freiheit.
© Quelle: Christian Modla
Leipzig. Für ehemalige DDR-Bürgerinnen und -Bürger ist sie oftmals ein besonders hoch geschätztes Gut: die Freiheit. Im Laufe der Pandemie wurde der Begriff teils kontrovers genutzt, der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat ihm wieder neue Bedeutung gegeben. Anlässlich des Besuchs des ehemaligen Bundespräsidenten (2012-2017) und Bürgerrechtlers Joachim Gauck (82) in der LVZ-Kuppel haben wir fünf Gäste gefragt, was Freiheit für sie persönlich bedeutet.
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Andreas Rothe (75) aus Torgau
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Andreas Rothe
© Quelle: Christian Modla
„Es gibt nie bloß meine Freiheit, sondern immer nur zusammen mit der Freiheit anderer. Freiheit bedeutet auch: Es braucht keiner schreien und es braucht keiner schweigen. Außerdem ist Freiheit eine wichtige innere Angelegenheit. Es gibt Menschen, die lange in großen Zwängen gelebt haben und trotzdem innerlich frei dabei waren. Marin Luther zum Beispiel war auch im Innern frei, obwohl er mit dem Tod rechnen musste. Diese innere Kraft der Freiheit kann man nicht erzeugen, die kann man sich nur schenken lassen. Ich bin bekennender Christ. Nicht nur, weil ich Pfarrer bin, sondern das entspricht meinem Innersten. “
Sylke Wehmann (52)
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Sylke Wehmann
© Quelle: Christian Modla
„Freiheit bedeutet für mich freie Meinungsäußerung und mich ganz offen überall hinbewegen zu können. Punkt. Denn ich kenne die andere Seite, vor 1989. Ich bin damit groß geworden, eigentlich hatte ich eine unbeschwerte Jugend. Vieles habe ich nicht so mitbekommen, nur aus Erzählungen von Eltern. Inzwischen ist die Welt verrückt geworden. Das, was in der Ukraine passiert, finde ich ganz schlimm. Und in Bezug auf Corona denke ich, dass man sich an gewisse Regeln halten muss, damit es nicht noch schlimmer wird.“
Bernd Hansjürgens (60) aus Leipzig
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Bernd Hansjürgens
© Quelle: Christian Modla
„Freiheit heißt für mich Bewegungsfreiheit, Freiheit in der Wahl von Freunden und in dem, was man tut. Freiheit hat Grenzen dort, wo Einschränkungen für andere auftreten, wo man andere behindert. Im Fall von Corona tut man das, wenn man andere ansteckt oder nicht verantwortungsvoll mit sich selbst umgeht. Dann belastet man andere, zum Beispiel über unser Krankenversicherungssystem. Die Wahrung von Freiheit ist die Befolgung von Corona-Regeln. Solche Grenzen werden bei uns definiert, das ist gut und wichtig. Der Wert von Freiheit lässt sich nicht monetär beziffern, er lässt sich beziffern in Lebensqualität, in Freude, in Erfahrungen und wenn man Kontakte knüpfen darf, wie man es möchte.“
Manuel Beyer (42)
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Manuel Beyer
© Quelle: Christian Modla
„Ich war zur Wendezeit zehn Jahre alt und habe einiges erlebt in den letzten Jahren. Und ich habe dabei gelernt: Je mehr Freiheiten die Menschen haben, desto mehr Eigenverantwortung muss man auch haben. Die sogenannte Freiheit heißt auch, zu wissen: Wo möchte ich eigentlich hin? Was ist mein Ziel? Freiheit heißt, eigenverantwortlich sein Leben zu lenken. Natürlich muss Freiheit auch Leitplanken haben und da ist die Regierung und die Gesellschaft in der Pflicht, einen gescheiten Konsens zu finden.“
Kathrin Dworak (57) aus Oschatz
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Kathrin Dworak
© Quelle: Christian Modla
„Dass ich mein Leben leben kann, dass meine Kinder ihr Leben leben können, dass wir in Ruhe und Frieden leben können. Das bedeutet Freiheit für mich. Das Thema Corona hat in meinem Bekanntenkreis Freundschaften gespalten. Denn wir mussten feststellen: Der Freiheitsbegriff ist sehr dehnbar. Wir haben die Maßnahmen komplett mitgetragen, damit wir auch hinterher wieder in Freiheit leben können, und aus Solidarität mit anderen. Aber andere haben den Freiheitsbegriff anders für sich ausgelegt. Am Ende saßen wir ratlos und verzweifelt da, jeder mit seiner Meinung. Wir haben nie einen Konsens gefunden. Es gibt kein Weiß und kein Schwarz. Aber ich weiß auch nicht, wie weit man mit der Toleranz gehen sollte.“
Von Friederike Pick