Wieder ein Krisenjahr vorbei – Die Sorgen sollten uns nicht erdrücken
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Und wieder geht ein Jahr der Krisen vorbei. Und noch immer liegt in der Welt, in Deutschland und Sachsen zu viel im Argen. Doch die Sorge und das Leiden an der Welt sollte uns nicht erdrücken, meint LVZ-Chefredakteurin Hannah Suppa in ihrem Leitartikel.
© Quelle: Symbolfoto dpa
Leipzig. Auch 2022 ist geschafft. Ein weiteres Krisenjahr in diesem noch jungen Krisenjahrzehnt. Es hätte das Jahr werden können, in dem wir die Corona-Pandemie hinter uns lassen und wieder zu dem zurückfinden, was viele als die Normalität umschreiben.
Nun liegt aber ein Jahr hinter uns, in dem Wladimir Putin den Schrecken des Krieges auf unseren Kontinent zurückgebracht hat. Menschen verloren ihr Leben, viele mussten ihre Heimat zurücklassen – und hierzulande stiegen die Sorgen um das eigene Auskommen ebenso rasant an wie die Energiepreise.
Die Sicherheit, die uns die Normalität gibt, ist in den Krisenjahren zu etwas Besonderem geworden. Mit gigantischen Summen versucht Deutschland wie viele andere Staaten des Westens auch, die Folgen der Energiekrise abzupuffern. Krisenmodus in der Politik heißt wie schon in der Pandemie zuallererst: Geld ausschütten. Das leihen wir uns oder benennen ein Sondervermögen. Das ist ja auch richtig.
Bei aller berechtigter Kritik an manch politischer Entscheidung oder Entscheidungsfindung: Die Politik handelt, wenn es für die Stabilität im eigenen Land nötig ist – und das meist sogar schnell. Und so sind die größten Schreckensszenarien, die dunkle Wolken über unseren Sommer brachten, nicht eingetreten: Von Tausenden Menschen, die ihre Wohnungen und Häuser verlieren könnten, war die Rede, von Wärmestuben für Städte, von gesellschaftlichen Verwerfungen unbekannten Ausmaßes, von Firmenpleiten und Massenarbeitslosigkeit.
Fürwahr: Es liegt vieles im Argen in der Welt, in Deutschland, in Sachsen. Das nehmen wir rüber ins Jahr 2023. Der Krieg gegen die Ukraine tobt weiter, während in Taiwan der nächste große Konfliktherd schwelt. Der Klimawandel ist nicht annähernd aufgehalten, die Energieversorgung in Deutschland noch nicht nachhaltig aufgestellt, das Gesundheitssystem ist ebenso marode wie der Bahnverkehr. Es fehlt an Fachkräften, die Digitalisierung hinkt noch immer hinterher und der Ton in der Gesellschaft ist zuweilen unversöhnlich, die Spaltung dafür umso größer.
Muss uns das verzweifeln lassen? Unsere hoch entwickelte Gesellschaft, in der wir uns gut eingerichtet haben, nimmt oft das Schlechteste an. Das ist evolutionsbiologisch verständlich, Angst lässt uns wachsam bleiben. Im Englischen gibt es für diese deutsche Sorge und dem Leiden an der Welt einen Begriff: „German Angst“.
Jetzt ist nicht jede Angst unbegründet, nicht jede Warnung Alarmismus. Doch wir sollten uns von der Sorge nicht erdrücken lassen. Die vergangenen Jahre waren für uns als Gesellschaft – und als Demokratie – ein Crashkurs in Krisenbewältigung, Geduld und Ausdauer. Wir sehen dabei jeden Tag im Privaten wie im Öffentlichen, wie groß die Kraft des Miteinanders sein kann. Dort, wo Menschen füreinander einstehen, gemeinsam anpacken. Schon deshalb sollte uns 2023 nicht schrecken.