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Premiere für „Die große Reise“ in Bad Düben

Das große Finale am Bad Dübener Bahnhof: Zu Beginn des Stückes hat der Riesen-Biber der kaltherzigen Stadt das Ende prophezeit. Behält er Recht, weil die Effizienz (Melanie Marschke) mit Missgunst, Unfreundlichkeit und der Wille nach unbedingter Optimierung jedwede Menschlichkeit und Liebe verhindert? Ein Video und weitere Fotos sehen Sie unter www.lvz.de/region/bad-dueben.

Das große Finale am Bad Dübener Bahnhof: Zu Beginn des Stückes hat der Riesen-Biber der kaltherzigen Stadt das Ende prophezeit. Behält er Recht, weil die Effizienz (Melanie Marschke) mit Missgunst, Unfreundlichkeit und der Wille nach unbedingter Optimierung jedwede Menschlichkeit und Liebe verhindert? Ein Video und weitere Fotos sehen Sie unter www.lvz.de/region/bad-dueben.

Bad Düben. Wo, wenn nicht hier, soll eine solche Reise enden? Kurz nach 21.45 Uhr ist es am Samstagabend am Bahnhof in Bad Düben. Die Kälte des nahenden Herbstes ist Akteuren und Zuschauern in die Glieder gefahren, als mit „All you need is love“ das Abschlussfeuerwerk gen Himmel geschickt wird und nochmal eine gehörige Portion Wärme versprüht. Menschlichkeit und Liebe haben über Effizienz und Zwietracht gesiegt. Rund 350 Zuschauer applaudieren euphorisch, Standing ovations für eine grandiose Leistung der Akteure, Schauspieler und Musiker ziehen sich ins Bahnhofsinnere zurück. Lauter Jubel dringt nach draußen. Geschafft. Die erste von sechs großen Theaterreisen ist nach epischen Schlachten, zerstörten Freundschaften, dramatischen Szenen und einem versöhnlichen Ende vorbei.

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Landschaftstheater Quelle: Steffen Brost
Landschaftstheater Quelle: Steffen Brost

Ein feuerspeiender Drache tritt beim Landschaftstheater in Bad Düben auf.

Vier Stunden zuvor war die Suche nach dem Schatz der Menschheit quer durch die Stadt gestartet. Spielort 1 – die Stadtkirche. Eine kleine zerstrittene Gemeinschaft verlegt Weihnachten in den Hochsommer – weil es effizienter ist. Alle sind gehetzt und meinen, sich immer weiter optimieren zu müssen, angetrieben von der Effizienz in persona (Melanie Marschke): „Die neue Konsequenz heißt Effizienz. Effizienz macht aus Schwächlingen Sieger, aus Bedenkenträgern Professoren, stellt den Fleiß über den Sinn und ist darum auch für Dumme drin.“ Aber: Liebe, Miteinander und Mitmenschlichkeit bleiben auf der Strecke. Erst als ein mystischer Riesenbiber (Jana Bauke) den Untergang der kaltherzigen Stadt prophezeit – „Ich bin eure letzte Hoffnung“ – , machen sich die drei Freunde Anna (Sarah Peschel), Bastian (Jonas Bader) und Walter (Sven Reese) auf die große Reise nach dem Schatz der Menschheit.

Spielort 2 – am Lauch. Den Biber gibt es hier nicht, dafür einen Riesen-Maulwurf, einen Erdhügel, einen König mit Schatz und ein weites Feld. Auf Strohballen sitzend, verfolgen die Zuschauer an der Stelle, wo dereinst am 9. Oktober 1813 etwa 10 000 Soldaten der französischen Armee die Mulde querten, eine weitere Schlacht – Frau gegen Mann. Ein Kampf, der über das Schicksal der Geschlechter und der drei Freunde entscheidet. „Let the sunshine in“ ertönt die Hippie-Hymne, passend dazu lässt sich die Sonne sehen. Der Tross zieht, angetrieben von den Zeitgeistern, weiter.

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Spielort 3 – Kaminbau Abicht. Hier entsteht, was die Menschheit komplett verändern soll – die Zeitdruckmaschine EGOFLEX-60. Doch sie ist nicht vollständig. Drei Seelen fehlen. Das Ende der Suche für Anna, Bastian und Walter? Der Wut der Verzweiflung lässt die Effizienz und die 57 Zeitgeister streitbare Unterstützung durch die Zwietracht beschwören: „Speie Rache und Neid, Missgunst und Streit.“

Spielort 4 – die Kohlrabi-Bar in der Kleingartenlage Am Schwarzbach. Im Land der Wünsche und Traumwandler treffen die drei Freunde auf Peter Pan (erfrischend gespielt von Alex Huth), Eris, die Göttin der Zwietracht (Cheryl Shepard), und Stephen Hawking (Pierre Pokrant). Doch Vorsicht ist geboten: Für Gemeinschaft ist hier wenig Platz, jeder träumt für sich allein. Das bekommt auch Anna zu spüren, Walter verfällt der schönen Scheherazade (Stefanie Peschel), Bastian glaubt, seine Bestimmung gefunden zu haben und sieht die Reise als beendet an, als sich der Schatz als vermeintlich schnöder Teekessel entpuppt. Anna, ganz durcheinander nach dem balladesken Song „Time“, vorgetragen von Pierre Pokrant, verschwindet verwirrt im Dunkel der Nacht.

Spielort 5 – ein Feld entlang der Schrebergartenstraße. Mittlerweile ist es dunkel geworden. Der Mond steht hoch am Himmel und lässt die Friedhofs-Landschaft nebst Kreuzen und Totengräbern (Manfred Lüderitz, Günter Schößböck). noch gespenstischer erscheinen. Bastian, mittlerweile ganz allein, hat in seiner Verzweiflung den Teekessel geworfen. Eine Fee entsteigt (Henriette Lippold) und singt ein Lied über die Schwierigkeit im Leben, allen gerecht zu werden; über Scheitern und Stolpern, über Zagen und Holpern – und die Liebe, die alles wieder gut macht, wenn man nur fest an sie glaubt und sie achtet, sobald man sie erblickt. Das Lied avanciert zum Ohrwurm, so mancher summt es auf dem Weg zu Spielort 6 – dem Bahnhof vor sich hin. Längst stillgelegt und für das Theater zum Leben erweckt. Das Ende aller Zeit, das Ende der Reise. Ein Finale furioso allemal. Hier entscheidet sich, ob Effizienz und Zwietracht die Zeitmaschine perfektionieren können. Ob es die drei Helden dennoch geschafft haben, die Menschheit vor dem Ende zu bewahren? Vielleicht ...

Wer eine Reise macht, kann was erzählen. Wer an diesem Abend dabei war, kann es allemal. Geschrieben hat den Krimi die gebürtige Bad Dübenerin Henriette Lippold, die seit Jahren erfolgreich für Fernsehserien wie „Soko Leipzig“ und „Charité“ arbeitet. Mit den Theaterregisseuren Ulrich Hüni und Stefan Kaminsky hat sie bewährte Unterstützung an ihrer Seite, sie haben am Stück und dessen Umsetzung mitgearbeitet, Logistik und Produktion ist auf mehreren Schultern verteilt. Das Theater lebt – zweifellos durch kurzweiligen und lebendigen Dialoge, die immer wieder den Weg in die Gegenwart finden. Und die überzeugenden Leistungen der Schauspieler – egal, ob Laien aus Bad Düben und Umgebung, die Turner des TV Blau Gelb, Anima, Kurrende, Live-Musiker oder eben die Bühnen-Profis. Melanie Marschke („Soko Leipzig“) ist zum dritten Mal dabei, Schauspielkollegin Cheryl Shepard („In aller Freundschaft“) und MDR-/Kika-Moderator Alex Huth spielen erstmals mit.

Ein Happy End ist es so oder so. „Es war der Knaller“, sagt Henriette Lippold, „weil begeisternd zu sehen, wie sich zu einer tollen Geschichte entwickelt hat, was vor zwei Jahren am Schreibtisch begonnen hat. Die Premiere habe das eindrucksvoll widergespiegelt. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Aufführungen: 1., 2., 7. und 8. September, jeweils 17.30 Uhr. Ticketverkauf: ELANA Strickatelier, Markt 8, Der gute BlumeGeist, Pfarrhäuser 7, Touristinfo, Neuhofstraße 3a oder landschaftstheater@gmx.de.. Übrigens fährt die Heide-Bahn zwischen Eilenburg und Bad Düben – kostenlos. Michael Jungfer, der Förderverein Berlin-Anhaltinische Eisenbahn und der ZVNL haben es möglich gemacht. Ein Anschluss nach Leipzig ist ab Eilenburg möglich.

Von Kathrin Kabelitz

LVZ

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