Rettungswagen brauchen immer länger zum Einsatzort
/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/5L7JGYEPUI2AUOJ5DCUOLAI43Y.jpg)
Ein Rettungssanitäter mit einem Rettungswagen (Symbolfoto).
© Quelle: epd
Nordsachsen.Normalerweise sollte ein Rettungswagen binnen zwölf Minuten, nachdem ein Notruf bei der Leitstelle eingeht, am Einsatzort sein. Das traf aktuellen Zahlen zufolge in den Jahren 2016/17 nur noch in rund 75 Prozent der Fälle zu. 2015 lag die Zahl noch bei 90 Prozent. Zielvorgabe seien indes 95 Prozent.
Nordsachsens Ordnungsdezernentin Angelika Stoye präsentierte die Zahlen am Mittwoch im Kreistag. Der Hauptgrund sei eine Zunahme von gebietsübergreifenden Einsätzen. Das bedeutet, dass beispielsweise Rettungskräfte aus Nordsachsen von der Integrierten Regionalleitstelle in Leipzig nach Leipzig beordert würden. Allein von Januar bis Mai dieses Jahres haben Nordsachsens Rettungskräfte 844 Einsätze in der Messestadt gefahren, 442 im Nachbarlandkreis Leipzig, 270 in weiteren Landkreisen – insgesamt 1556. Der Anteil von Einsätzen in sogenannten Fremdbereichen habe sich erhöht und liegt bei 7,41 Prozent gemessen an den Gesamteinsätzen. „Die Zahl ist einfach zu hoch, das können wir nicht akzeptieren“, sagte Dezernentin Stoye. Geringer fällt der Anteil indes im Landkreis Leipzig (5,67 Prozent) und in der Stadt Leipzig (1,46 Prozent) aus.
Gebietsübergreifende Einsätze
Auffällig ist, dass sich der Wert im Zuge der Inbetriebnahme der neuen Integrierten Regionalleitstelle Ende Januar 2016 peu à peu verschlechtert hat. Ende Juni 2016 wurde die Leitstelle des Landkreises Nordsachsen zugeschaltet. Die Zusammenlegung der Leistellen – auch der Landkreis Leipzig und die Stadt Leipzig gehören zu dem neuen Gebilde – geht auf eine Novellierung der Sächsischen Landesrettungsdienstverordnung zurück.
Die gebietsübergreifenden Einsätze sind zwar laut Stoye das „aktuell größte Hindernis“, doch es gebe noch weitere Gründe: Notarztstandorte seien nicht besetzt, die Übergabe von Patienten in Notfallambulanzen dauere länger und immer mehr Patienten müssten in Kliniken mit sogenannter Maximalversorgung nach Leipzig oder Halle gebracht werden. Außerdem gebe es technische Probleme wie Parallelalarmierungen oder Fehlfahrten.
Kreisräte kritisieren Situation
Mit Kritik an der Integrierten Regionalleitstelle sparten Nordsachsens Kreisräte nicht: Der Wermsdorfer Bürgermeister Matthias Müller (CDU) ist „sehr unglücklich mit dieser Situation. Die Feuerwehralarmierung klappt genauso wenig. Hier sind wir als Bürgermeister in der Haft. Ich bin nicht bereit, dass länger zu akzeptieren“. Kreisrat Albert Pfeilsticker (CDU) aus Oschatz warf der Integrierten Regionalleitstelle „totales Versagen“ vor. Und Kreisrat Heiko Wittig (SPD) aus Löbnitz meinte: „Mit dem Start der Integrierten Regionalleitstelle ist die Situation schlechter geworden. Das ist sehr, sehr traurig. Das Thema dürfen wir nicht auf die lange Bank schieben.“ Wittig erwartet, dass es bereits im September zur nächsten Sitzung Informationen geben müsse, was sich getan hat.
Ziel: Quote von 90 Prozent
Erste Maßnahmen haben die beteiligten Kreise und die Stadt Leipzig indes längst auf den Weg gebracht, um die Situation zu verbessern. So wurden die Handlungsrichtlinien für die Disponenten in der Leitstelle überarbeitet, außerdem kommt quartalsweise ein Qualitätszirkel zusammen – das nächste Mal am 26. Juni. „Wir arbeiten daran, dass wir die gewünschten Quoten wieder erfüllen“, so Stoye. „Unser Ziel ist, wieder eine Größenordnung von 90 Prozent zu erreichen. Ich kann aber nicht versprechen, dass wir das schon zum Jahresende realisiert haben.“
Von Nico Fliegner