Wermsdorfer Buchbinderei gibt Geschäftsbetrieb auf
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Für Aron Habtemaiam, der in der Buchbinderei eine Basisqualifizierung erhielt, hat Thomas Johst bereits eine neue Beschäftigung gefunden.
© Quelle: Foto: Axel Kaminski
Wermsdorf. Im Juni diesen Jahres hat die Buchbinderei Johst GmbH ihr 25-jähriges Betriebsjubiläum . Doch Am 28. Februar stellt die Firma ihren Geschäftsbetrieb ein.
Als Grund für diesen einschneidenden Schritt nennt Geschäftsführer Thomas Johst den Fachkräftemangel. Über den wird oft allgemein gesprochen, die Wermsdorfer Firma spürt ihn konkret.
„Es ist schon seit Jahren schwierig, Berufsnachwuchs zu gewinnen“, betont Thomas Johst. Sein Betrieb habe mit der Mittelschule vor Ort kooperiert, Schülerpraktika angeboten, sich und die möglichen Betätigungsfelder immer wieder den oberen Jahrgängen vorgestellt – ohne nennenswerten Erfolg. Nach seiner Erfahrung habe das produzierende Gewerbe bei den Schulabgängern schlechte Karten. Dabei sei der Berufsalltag wesentlich moderner als das, was mancher sich unter einer Buchbinderei vorstelle. „Wir haben hier auch noch die handwerkliche Arbeit gemacht, aber der überwiegende Teil der Aufträge wurde mit Hightech abgearbeitet“, betont der Geschäftsführer. In diese habe man in den vergangenen 24 Jahren viel investiert.
„Dieser Betrieb wurde einmal aufgebaut und dann vier Mal erweitert“, schildert Thomas Johst die Entwicklung. Das Unternehmen sei Stück für Stück gewachsen. Das Jahr 2008 mit der Inbetriebnahme einer Klebebindeanlage sei eine Zäsur gewesen. „So eine Maschine muss zweischichtig laufen, um die Investition zu refinanzieren“, betont Thomas Johst. Dafür benötige man qualifiziertes Personal mit Bereitschaft zum Schichtdienst in ausreichender Zahl. Sei das aufgrund der Situation am Arbeitsmarkt vor zehn Jahren kein Problem, so sehe das heute anders aus. Seit Jahren habe man offene Stellen ausgeschrieben und dem Arbeitsamt gemeldet. Das Interesse sei überschaubar gewesen oder es gab Bewerber, die sich als ungeeignet herausstellten.
„Aufgrund der Wettbewerbssituation in der Branche konnten wir kaum Preissteigerungen durchsetzen und damit Lohnsteigerungen finanzieren“, nennt Thomas Johst einen möglichen Grund für die Abwanderung von Fachkräften aus seiner Firma und aus der Branche. Allein in den vergangenen vier Monaten hätten vier gestandene Mitarbeiter die Firma verlassen. Eine zweischichtige Besetzung der Klebebindeanlage sei somit unmöglich geworden.
Für Thomas Johst war damit ein Punkt erreicht, an dem er Konsequenzen ziehen musste. „Wir hätten noch ein Jahr weiterwursteln können, oder auch drei – aber das bin nicht ich“, betont er. Die Buchbinderei Johst habe sich damit einen Namen erarbeitet, dass sie termingerecht und in hoher Qualität geliefert habe. „Niemand hat bei uns angerufen und gefragt, ob wir wirklich zum vereinbarten Termin liefern können“, erzählt Thomas Johst. Das sei einfach klar gewesen. Die Reaktionen auf die Betriebsschließung zeigten zwar, dass das geschätzt wurde – höhere Preise habe man daraus aber nicht erlösen können. Und neue Mitarbeiter könne man sich von diesem Lob ebenso wenig backen wie von den zahlreichen Auszeichnungen, die die Firma erhalten habe.
Mit dem Schlussstrich jetzt sei er Herr der Lage. Die meisten der Mitarbeiter dürften gute Chancen haben, in der Branche einen neuen Job zu finden. Von den Kollegen habe er schon etliche Anfragen bekommen. „Für mich bedeutet dieser Schritt, das in meinem Leben ein neues Kapitel aufgeschlagen wird, dessen Überschrift ich noch nicht kenne, auf die ich aber schon sehr gespannt bin“, sagt Thomas Johst.
Von Axel Kaminski