Torgau: Sandmann-Ausstellung wurde im Museum eröffnet
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Erinnerungen werden geweckt, generationsübergreifend: Leonie Heinze schaute sich mit ihrer Oma in der neuen Sandmännchen-Ausstellung um.
© Quelle: Silke Kasten
Torgau. Er bringt Augen zum Leuchten, weckt Kindheitserinnerungen, rührt mitunter sogar zu Tränen: der Sandmann. Er war und ist Institution und Kultfigur zugleich, gab und gibt dem familiären Abend Struktur. Ein medialer Fixstern, der Generationen verbindet – auf eine Weise, wie es in der zunehmend digital geprägten Kinderwelt künftig wohl kaum mehr sein wird. Welche Erinnerungen ruft der Sandmann bei Ihnen hervor? Das Kulturgeschichtliche Museum in Torgau lädt mit seiner neuen Schau „Das Sandmännchen auf Reisen“ dazu ein, dies zu erkunden ... und darüber hinaus Erstaunliches zu erfahren.
Stressfaktor West-Konkurrenz
Zum Beispiel, dass der Wettlauf der Systeme sogar die Sandmann-Macher in Stress versetzte. "Es ging 1959 das Gerücht um, dass die Westfernseh-Konkurrenz eine eigene Gute-Nacht-Geschichte für Kinder plane", sagt Museumsleiterin Cornelia König. Daraufhin habe es für die DDR-Fernsehproduzenten die Order gegeben, dem zuvorzukommen. "So kam es, dass das Sandmann-Lied innerhalb von drei Stunden komponiert wurde." Dieses Lied brachten Ina Bär (Cello), Nelia Yakovleva (Klavier) und Silas Bräuning (Blockflöte) nun live zu Gehör.
Traumerfüllung auf Umwegen
Eine akustische Initialzündung für Erinnerungen, die so verschieden sind, wie es die Kinder und Familien waren und sind. "Ich hielt mir als Kind immer die Augen zu, wenn der Sandmann den Sand verstreute", erzählt eine Frau. Oder: "Am Sonntag kam auch mein Vater mit dazu, um den Sandmann zu schauen. Da gab es besondere Geschichten mit Herrn Fuchs und Frau Elster." Oder: "Ich fand den Ost-Sandmann immer besser als den West-Sandmann. Er hatte immer tolle neue Fahrzeuge."
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Zum Beispiel einen Hubschrauber und eine Weltraumkapsel, die nun auch in Torgau zu bewundern sind. Dabei hat die Technik-Besessenheit des Sandmanns, der es im Laufe seines über 60 Jahre langen Fernseh-Lebens auf mehr als 200 Fahrzeuge brachte, ursprünglich einen profanen Grund: Der Gestalter hatte eigentlich Flugzeugkonstrukteur werden wollen – und seine Sehnsüchte dann offenbar auf die fahrenden oder fliegenden Untersetzer des Sandmanns projiziert.
Ab und an im „NSW“ unterwegs
Und wo durfte der Sandmann mit all seine Fahrzeugen hinfahren? Die Fernsehmacher schickten ihn vorwiegend ins sozialistische Ausland, zum Beispiel nach Bulgarien, Polen, Ungarn – oder auch in entferntere Gefilde nach Kuba, Vietnam oder in die Mongolei. „Ab und an durfte er sogar ins westliche Ausland“, erzählte König. So wurde er unter anderem in den „NSW“-Staaten (=Nichtsozialistischer Wirtschaftsraum) Japan, Ägypten und Irak sowie in Afrika gesichtet. Und ins All zog es ihn ja bekanntlich auch immer wieder.
Ost-Sandmann hatte Nase vorn
Übrigens: Im Wettstreit der Sandmänner hatte der Ost-Sandmann immer die Nase vorn. Eine erste West-Version lief ab dem 1. Dezember 1959 beim Sender Freies Berlin und wurde mangels Erfolg bald abgesetzt. Als langlebiger erwies sich ein zweiter Versuch des Norddeutschen Rundfunks im Jahr 1962. Dieser West-Sandmann durfte bis Mitte der 1980er Jahre ausgestrahlt werden. Der Ost-Sandmann lebt indes in den RBB-Studios fort, wo er im Auftrag der ARD produziert wird.
Die Schau mit zahlreichen Original-Exponaten aus dem Fundus des RBB sowie Filmausschnitten ist bis zum 26. Februar des kommenden Jahres zu sehen. Gezeigt werden unter anderem diverse Kutschen, eine Rakete aus dem Jahr 1967, die Handpuppen „Herr Fuchs“ und „Frau Elster“, „Pittiplatsch“ und „Onkel Uhu“ (60er Jahre), ein Hubschrauber (1960) und ein Agrarflugzeug (1974). Geöffnet ist sie dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr.
Von Silke Kasten