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Vergibt begehrte Auszeichnung

Neue Herausforderungen in der Medienwelt: Das Grimme-Institut wird 50 Jahre alt

So sieht er aus: Der begehrte Grimme-Preis.

So sieht er aus: Der begehrte Grimme-Preis.

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Vermutlich würden nicht mal die Marler sagen, dass ihre Stadt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets eine Reise wert sei. Trotzdem pilgern zu Beginn jedes Jahres Dutzende Menschen aus den Bereichen TV-Kritik, Medienwissenschaft und Erwachsenenbildung hierher, um mit dem Grimme-Preis die wichtigste Auszeichnung zu vergeben, die Fernsehschaffende in Deutschland bekommen können. Tatsächlich sind die seit 1964 verliehenen Trophäen mittlerweile der einzige Grund, warum sich das am 23. September 1973 von dem Pädagogen Bert Donnepp gegründete Grimme-Institut überhaupt noch einer gewissen Wahrnehmung erfreut. Dabei hätte die Medienlandschaft gerade angesichts der enormen Umwälzungen, die die Digitalisierung im Bereich der bewegten Bilder ausgelöst hat, einen Leuchtturm dringend nötig: Medien aller Art werden immer wichtiger, doch eine öffentliche Auseinandersetzung findet nur noch punktuell statt.

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Das war mal anders, und Grimme war nicht selten maßgeblich am Diskurs beteiligt; oft hat es ihn sogar selbst initiiert. Warum geschieht das nicht mehr? Frauke Gerlach, seit 2014 Direktorin des Instituts, kann das erklären: „Alle rufen nach mehr medienkritischen Diskursen, aber die Räume dafür werden immer weniger. Debatten über medienpolitische Themen anzustoßen, wird auch dadurch immer schwieriger.

Dies gilt vor allem dann, wenn man Diskurse werteorientiert und wissensbasiert führt und sich nicht an polarisierenden Aufmerksamkeitswettbewerben beteiligt.“ Das ist in der Tat ein springender Punkt: In der Öffentlichkeit werden Debatten zunehmend lautstark und zugespitzt geführt; wer differenziert diskutiert, findet deutlich weniger Gehör.

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Genug Themen innerhalb der Medienlandschaft

Aber es gibt ja noch andere Ebenen, auf denen gute Argumente durchaus gefragt sind. Themen gäbe es genug, allen voran die seit Jahren überfällige Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Mit einem entsprechenden Entwurf könnte Grimme für einen Paukenschlag sorgen. Juristin Gerlach erhebt Einspruch und verweist auf das Partizipationsprojekt #meinfernsehen2021, an dem man über zwei Jahre zusammen mit dem Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie gearbeitet habe. Selbst innerhalb der Branche ist dieses Projekt allerdings kaum bekannt. Und so läuft es am Ende doch wieder auf den Grimme-Preis hinaus, der laut Gerlach nach wie vor „einen wichtigen Beitrag zum öffentlichen Diskurs über die Qualität von Medien“ leiste. Das gelte im Übrigen auch für die Grimme-Akademie „mit ihren vielfältigen Aktivitäten“.

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Grimme-Institut muss sparen

Es ehrt die Institutsleiterin, dass sie nicht gleich als Erstes auf eine ganz andere Schwierigkeit hinweist: Nicht nur die von Gerlach angesprochenen Räume werden immer weniger. Das Grimme-Institut ist mit den gleichen Problemen konfrontiert wie nahezu alle Kultureinrichtungen: Inflation und Energiekrise hatten zur Folge, dass die Kosten gestiegen sind, auch das Personal wird immer teurer. Wenn der zum größten Teil vom Land NRW gestellte Etat (derzeit gut 3 Millionen Euro pro Jahr) nicht mitwächst, führt das unweigerlich zu einer strukturellen Unterfinanzierung. Derzeit sucht Gerlach gemeinsam mit einer Beratungsagentur „nach Einsparmöglichkeiten und Strategien, neue Erträge zu generieren.“

Diese finanzielle Problematik kostet natürlich Kraft und Energie. Auch Gerlach würde sich lieber den Herausforderungen der nächsten Jahre stellen. Sie nennt unter anderem die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz und algorithmisch erstellten Medieninhalten sowie von Chatbots wie ChatGPT: „Diese digitalen Instrumente werden die Unterscheidung von Wahrheit, Lüge und Manipulation noch schwerer machen.“ Das Grimme-Institut soll „auch in Zukunft seinen spezifischen Beitrag zur Orientierung und Medienbildung leisten“. Genau das erwarten die Menschen, die der Einrichtung seit Langem verbunden, aber aktuell enttäuscht sind: Wer Grundsätze und Ideen von Gründervater Donnepp für richtig und notwendig halte, sagt einer aus dieser Gruppe, „muss die Aufgaben und Zielsetzungen für das Grimme-Institut neu justieren“.

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