Komiker Michael Kessler: „Warum hetzen wir Deutsche uns so ab?“
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„Nur nicht den Mund zu voll nehmen“: Michael Kessler auf dem Käsemarkt in Gouda.
© Quelle: ZDF und Oliver Halmburger
Michael Kessler gehört zu Deutschlands beliebtesten Komikern und ist vor allem für seine Parodien prominenter Zeitgenossen bekannt. In der dreiteiligen Dokureihe „Ziemlich beste Nachbarn“ (ab dem 6. September immer dienstags um 20.15 Uhr im ZDF) nimmt der 55-jährige Film- und Fernsehstar augenzwinkernd das Verhältnis der Deutschen zu anderen Ländern unter die Lupe. Kessler hatte in den Neunzigern mit der Kinokomödie „Manta, Manta“ seinen Durchbruch.
Für die Reihe „Ziemlich beste Nachbarn“ haben Sie Frankreich, die Schweiz und die Niederlande bereist und Klischees auf den Prüfstand gestellt. Sind unsere Nachbarn anders, als wir denken?
Michael Kessler: Ein bisschen schon, das merkt man, sobald man etwas tiefer gräbt. Aber manche Klischees bewahrheiten sich auch, zum Beispiel, wenn es um die Franzosen und die Mode geht. Wie toll die Frauen angezogen sind in Paris, so mutig und lebenslustig, das ist schon eklatant anders als bei uns – selbst in Hamburg, München oder in Berlin. Auch die Männer sind besser angezogen, die Anzüge sitzen perfekt. Funktionswäsche und praktische Goretex-Jacken sucht man da vergeblich. Da geht es um Stil, und den haben die Franzosen.
Sollten wir uns auch von der französischen Küche eine Scheibe abschneiden?
Unbedingt, das Essen ist dort ein ganz wichtiger Faktor. Mit wie viel Muße, Zeit und Stil die Franzosen allein ihre Mittagspausen gestalten – im Unterschied zum pflichtbewussten Deutschen, der zwischen E‑Mails und Stress nur schnell von seinem Brot abbeißt. Das war eine zentrale Frage, die ich für mich aus Frankreich mitgenommen habe: Warum hetzen wir Deutsche uns so ab, warum schaffen wir es nicht, das Leben mehr zu genießen?
Mit Verlaub, Sie selbst sehen auch mehr wie ein Asket aus, weniger wie ein Schlemmer.
Ich sehe zwar nicht so aus, aber ich esse wahnsinnig gern und auch viel. Mein Körper ist offenbar ein guter Verbrenner, sodass ich nicht in die Breite gehe. Ich genieße es, wenn mit Liebe und Finesse gekocht wird, und weiß einen schön gedeckten Tisch zu schätzen.
Zweite Station ist die Schweiz. Was hat Sie dort beeindruckt?
In der Schweiz hat alles immer so eine Qualität, selbst wenn man sich an der Tankstelle einen Kaffee holt, ist das ein richtig guter Kaffee, nicht so eine Plörre. Dieses Massive, dieses Bodenständige, das hat mich schon immer beeindruckt. Die Schweizer ticken wie ein Uhrwerk, aber sie ticken langsamer als wir. Sie sind nicht so schnell und dadurch viel entspannter als wir Deutschen. Bei uns geht es oft so hektisch zu, was mich wahnsinnig nervt.
Zuletzt geht es in die Niederlande – da denkt man an Fußball, Käse und Tulpen.
Was ich sehr spannend fand und was mir gar nicht so klar war, weil man das ja immer uns Deutschen zuschreibt: Auch die Holländer sind unfassbar geschäftstüchtig und perfektionistisch. Diese ganze Tulpen-, Tomaten- und Gemüsezucht, das kann man sich kaum vorstellen, mit welchem Perfektionismus das dort betrieben wird. Was sie mit den Deutschen teilen, ist ihr Preisbewusstsein, auch beim Essen. Die holländische Küche ist ein Desaster, da wollen wir gar nicht drum herumreden – Ernährung aus der Fritteuse sage ich nur. Aber sie sind wirklich lockerer als wir, es ist sehr angenehm, dort unterwegs zu sein.
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Thema Nachbarschaft: Sie haben ja früher mit Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka in einem Haus gewohnt. Wie war damals das nachbarschaftliche Miteinander?
Es war eine super Zeit, wir hatten viel Spaß, es war definitiv eine gute Nachbarschaft. Jeder hatte seine eigene Wohnung, aber wir sahen uns schon oft, im Treppenhaus, oder wenn man abends mal zusammensaß. Um mal aus dem Nähkästchen zu plaudern und um mich an Bastian Pastewka zu rächen, der sich immer über meine Nase lustig macht: Ich habe ihm damals seine Ikea-Lampe zusammengebaut, er konnte froh sein, dass ein handwerklich begabter Mensch im Haus war, der ihm da geholfen hat.
In seiner Comedyserie „Pastewka“, in der Sie mitgespielt haben, war Ihre überdurchschnittlich große Nase ein Running Gag.
Darauf sprechen mich immer wieder Leute an, aber das kratzt mich relativ wenig. Ich mag meine Nase, und ich kann mit dieser Nase verdammt gut riechen. Ich habe einen guten Geruchssinn, vielleicht habe ich ja besonders viele Riechzellen.
Sie durften in einem Museum in Frankreich am Rasierwasser von Napoleon schnuppern. Wie war’s?
Napoleon roch wie Kölnisch Wasser, was wahrscheinlich damals todschick und total hip war. Es hat mich aber nicht umgehauen.