Schauspieler Heiner Lauterbach: „Ich fühle mich nie sicher am Set“
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Heiner Lauterbach ist seine Familie wichtiger als die Karriere.
© Quelle: Getty Images
Als mächtiger Bauunternehmer Henry Becker ist Schauspieler Heiner Lauterbach (68) bald im Krimimehrteiler „Mord in der Familie - der Zauberwürfel“ zu sehen. Die Filme sind ab dem 20. Dezember in der ZDF-Mediathek zu sehen und am 27. und 28. Dezember im linearen Fernsehen, jeweils um 20.15 Uhr.
Im Krimi „Mord in der Familie“ ist Ihrer Rolle Henry Becker, einem mächtigen Bauunternehmer, sein Unternehmen wichtiger als alles andere. Wie ist das bei Ihnen mit der Karriere: Haben sich Ihre Prioritäten mit dem Älterwerden verändert?
Meine Prioritäten haben sich nicht verändert, aber meine Karriere hat sich verändert. Über eine lange Zeit wusste ich nicht, wie ich die Miete zahle und was ich abends esse. Das habe ich in jungen Jahren erlebt. Damals war das für mich erträglich. Ab einem bestimmten Alter ist es schon wichtig, ein geregeltes Einkommen zu haben, damit man auch längerfristig denken kann. Mit einer Familie ist es etwas anderes als als Junggeselle.
Mittlerweile können Sie sich Ihre Rollen aussuchen: Wollen Sie irgendwann kürzertreten und sich nur noch auf Herzensprojekte konzentrieren?
Wenn meine Frau, die unsere Finanzplanerin ist, das zulässt, würde ich schon kürzertreten. Aber hier herrscht ein strenges Regiment, Viktoria braucht jeden Euro. Wir haben noch das Projekt „Meet your Master“, in das wir auch eigenes Geld gesteckt haben, und zwar nicht zu wenig. Der Rubel muss immer am Rollen bleiben, wenn wir einen gewissen Standard halten wollen.
Die Rente ist also nicht in Sicht?
Nein. Ich bin froh, dass ich einen Beruf habe, der es ermöglicht, noch etwas länger zu arbeiten. Ich stelle mir das nicht schön vor, wenn man mit 67 Jahren vor die Tür gesetzt wird vom Betrieb und nicht mehr gebraucht wird. Es ist schön, wenn man ein bisschen sanfter in den Ruhestand eintaucht, wie das bei uns Schauspielern der Fall ist. Es gibt eine ganz normale Auslese, die Rollen werden immer weniger im Alter.
Merken Sie das schon?
Das merke ich schon seit ich 40 bin, dass es langsam weniger wird mit den Rollen. Der klassische Held oder die klassische Heldin im Fernsehen und im Film ist zwischen 25 und 40 Jahren alt. Umso älter man wird, umso weniger Rollen gibt es für die Schauspieler.
Sehen Sie das kritisch?
Ich habe 15 Jahre davon profitiert und diese großen, klassischen Rollen gespielt. Es ist nun mal so, dass in den spannenden Bereichen die Menschen nicht steinalt oder blutjung sind und man da eine normale Auslese hat. Das ist in Ordnung.
Ihre Figur Becker hat genaue Vorstellungen, wie sich die Söhne im Unternehmen verhalten sollen. Haben Sie Ihren Kindern jemals in Ihre Karrierepläne reingeredet?
Nein. Mein ältester Sohn ist 32 und hat sein Leben lang gemacht, was er wollte. Er hat mich auch nie ernsthaft um Rat gefragt. Das käme mir auch nicht in den Sinn, selbst wenn er Dinge macht, die ich suboptimal finde. Ich halte mich da bewusst sehr zurück, weil ich einen ziemlich dominanten Vater hatte und gemerkt habe, dass das nicht schön ist. Es gibt nichts blöderes als verhältnismäßig erfolgreiche Väter, die ihren Söhnen deren Erfolglosigkeit permanent vor Augen halten. Das Einzige, was mir wichtig ist, ist, dass meine Kinder glücklich sind. Mein Sohn muss weder Politiker werden noch Schauspieler.
„Ich bin reich, ich habe Macht, ich muss nicht glücklich sein“, sagt Henry Becker zu einem seiner Söhne. Was halten Sie davon? Was macht Sie glücklich?
Wenn mein Vater das zu mir gesagt hätte, und das hätte auch von ihm sein können, hätte ich ihm geantwortet, dass ich das einfach nur traurig finde. Das Entscheidende ist, dass man glücklich wird. Idealerweise wird man glücklich, indem man kein Arschloch ist und permanent betrügt, sondern indem man ein empathisches Leben führt mit ausreichend Einkommen.
Und wie funktioniert das?
Ich glaube, dass man die größte Wahrscheinlichkeit auf ein glückliches Leben hat, wenn man ein verhältnismäßig normales Leben führt. Wenn man ein Leben führt wie Michael Jackson und Angst haben muss, auf die Straße zu gehen, ist die Wahrscheinlichkeit, glücklich zu sein, genauso gering wie bei einem Bettler. Je mehr man sich der Mitte nähert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, glücklich zu werden.
Würden Sie sagen, dass Sie in der Mitte sind? Sie werden ja sicher auch mal auf der Straße angesprochen.
Ich bin garantiert oberhalb dieser Mitte, aber garantiert auch unterhalb des Michael-Jackson-Niveaus. In meinen Augen ist das prima so.
Henry Becker hat für seine Karriere auch seine Leidenschaft, das Klavierspielen, unterdrückt. Haben Sie selbst auch mal auf eine Leidenschaft verzichtet aus Vernunftgründen?
Ja, ich habe aus Vernunft auf Alkohol und Drogen verzichtet. Frauen kann ich nicht ganz uneingeschränkt nennen. Aber das sind drei Dinge, auf die ich aus Vernunftgründen verzichte.
„Seine Pflicht zu erfüllen, das ist Liebe, Verantwortung zu erfüllen gegenüber der Familie“, ist so eine weitere Aussage von Becker. Wie stehen Sie dazu?
Es ist ein Teil von Liebe, dass man seine Pflichten gegenüber dem Partner oder der Partnerin erfüllt. Verpflichtung hat immer so einen unromantischen Anklang. Aber man hat schon die Verpflichtung seinem Partner gegenüber, sich anständig zu verhalten, gewisse Dinge zu unterlassen und sich zu entschuldigen, wenn man etwas falsch gemacht hat. Ich bin noch Traditionalist und sehe es auch als meine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass es meiner Familie finanziell gut geht.
Ein anderes Thema: Ihre Figur hat auch einen großen Waffenschrank. Seit dem Vorfall mit Alec Baldwin in den USA hören die Diskussionen nicht auf, ob es auch in Deutschland möglich wäre, dass sich am Set ein Schuss aus einer Waffe löst. Was denken Sie darüber?
Wenn so ein Unfall in Amerika möglich ist, ist er mit Sicherheit auch in Deutschland möglich. Die Amerikaner haben von Hause aus mehr Geld für ihre Produktionen, die haben in allen Bereichen mehr Mitarbeiter. Die haben wie wir immer einen Waffenmeister am Set und Requisiteure, durch deren Hände die Waffe nach dem Waffenmeister geht. Dann kontrolliert der Schauspieler selbst die Waffe nochmal. Wenn ich im Film eine Waffe gegen irgendwen richte, egal, wer davor da dran war, prüfe ich sie noch mal. Es ist mir unbegreiflich, dass das passiert ist. Jeder lernt, dass man den Waffenlauf niemals auf einen Menschen hält.
Haben Sie sich bisher sicher am Set gefühlt, wenn Sie mit Waffen gedreht haben?
Ich fühle mich nie sicher am Set. Ich lasse alles, was geht, die Stuntleute machen. Ich hatte in meiner 40-jährigen Karriere schon einige Fast-Katastrophen am Set. Ich habe fast ein Auge verloren, als mir ein Partikel einer porösen Dachrinne einen Zentimeter unters Auge gesprungen ist. Da hätte ich das Augenlicht verlieren können wegen einer Schießerei in einem Film, den man schon gar nicht mehr kennt. Man muss unglaublich aufpassen.