“Sendung mit der Maus”-Moderator: “Keine Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenenfernsehen”

Ralph Caspers ist Fernsehmoderator und Kinderbuchautor.

Ralph Caspers ist Fernsehmoderator und Kinderbuchautor.

Die TV-Karriere von Ralph Caspers (48) begann 1995 mit dem Tiermagazin “Muuh” auf Super RTL. 1996 wechselte er zum WDR, wo er seither vor allem die “Sendung mit der Maus”, “Wissen macht Ah!” und die Wissenschaftssendung “Quarks” moderiert. Neben diversen TV-Preisen unter anderem für das Pubertätsmagazin “Du bist kein Werwolf” wurde Caspers 2019 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande für sein Bildungsengagement ausgezeichnet. Am 30. April erscheint im Kölner Verlag Bastei Lübbe sein Ratgeberbuch “Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben? Wie wir Kindern in Trauer helfen können” (288 Seiten, 20 Euro). Caspers ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mit seiner Familie in Köln.

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Herr Caspers, wer Sie nur als Moderator aus dem Kinderfernsehen kennt, wird sich vielleicht fragen: Warum hat sich dieser lustige Mann mit so einem traurigen Thema wie dem Tod befasst?

Ralph Caspers: Dieses Thema ist mir gar nicht so fremd, wie man vielleicht denkt. Vor einiger Zeit hat mich der Kölner Verein für Trauerbegleitung (TrauBe) gefragt, ob ich sein Botschafter sein möchte. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden verliert: Als mein Vater gestorben ist, war ich 15 und musste damit mehr oder weniger allein klarkommen.

Wie kam es dann zu dem Buch?

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Während ich mich noch über die Arbeit von TrauBe informierte, erhielt ich eine Anfrage, ob ich einen Ratgeber zum Thema Trauer bei Kindern und Jugendlichen schreiben wollte. Auch da musste ich nicht lange überlegen. Jeder Erwachsene kennt die Situation: Man will jemanden trösten, findet aber nicht die richtigen Worte.

Warum tun sich viele Eltern so schwer damit, über das Sterben zu sprechen?

Wenn ich über den Tod spreche, denke ich unweigerlich auch darüber nach, was mit mir selbst passiert, wenn ich sterbe. Es macht traurig, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen, und Trauer ist eine Emotion, die die meisten Menschen lieber meiden. Dabei ist es wichtig, sich darauf einzulassen, denn nur dann wird man erkennen: Das geht auch wieder vorbei.

Sind Kinder bei solchen Fragen unbekümmerter?

Kinder gehen jedenfalls voll in die Trauer rein. Sie können schon in Tränen ausbrechen, wenn sie nur darüber nachdenken, dass der Hund oder die Katze eines Tages nicht mehr da sein werden.

Ihr Buch ist sehr lebensnah und pragmatisch, inklusive eines Kapitels, in dem Sie sehr konkret den Prozess der Verwesung beschreiben. Muss das sein?

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Ja. Kinder sind neugierig, man muss damit rechnen, dass sie wissen wollen, was mit dem Leichnam geschieht. Es gibt aber auch eine Alternative: Man kann sich mit den Kindern beim Waldspaziergang anschauen, was mit einem toten Tier passiert. Es ist ein bisschen eklig, die Fliegenlarven zu beobachten, aber auf diese Weise wird der natürliche Kreislauf sichtbar: Der Tod eines Lebewesens ist die Lebensgrundlage für andere Lebewesen. Diese Erkenntnis hat doch auch etwas sehr Beruhigendes.

Was ist der größte Fehler, den Eltern im Zusammenhang mit einem Trauerfall begehen können?

Der größte Fehler ist Unehrlichkeit. Ganz schlimm ist die Formulierung, jemand habe sich auf eine lange Reise begeben. Eines Tages wird den Kindern klar: Das war eine Reise ohne Wiederkehr, und dann haben sie nicht nur den Verstorbenen verloren, sondern auch das Vertrauen in die Menschen, die noch da sind. Viele Eltern wollen auf den richtigen Zeitpunkt warten, um ihre Kinder über einen Todesfall zu informieren, aber den gibt es nicht; also sollte man am besten sofort mit der Wahrheit rausrücken.

Im Nachwort beschreiben Sie sich als den Mann, der im Fernsehen Furzwitze macht und den Kindern erzählt, warum Popeln gut ist. Viele Zuschauer von “Wissen macht Ah!” wissen vermutlich gar nicht, dass Sie auch an den Drehbüchern beteiligt sind. Sehen Sie sich selbst eher als Journalisten oder als Moderator?

Ich trenne das für mich gar nicht. Ich beschäftige mich einfach gern mit Themen, die mich interessieren, und gehe dabei, wie ich gestehen muss, sehr egozentrisch vor. Auch die TV-Sendungen gestalte ich in erster Linie so, wie ich sie mir gern selbst anschauen würde, und habe schlicht das Glück, damit offenbar auch den Geschmack vieler Zuschauer zu treffen. Bei dem Buch bin ich genauso vorgegangen.

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Und warum ist Popeln gut?

Wir gehören zu den Trockennasenaffen und haben daher das Problem, dass unser Nasensekret mit der Zeit trocknet. Bei den Feuchtnasenaffen tropft es einfach raus. Deshalb müssen wir das getrocknete Sekret von Zeit zu Zeit entfernen.

Das haben Sie sich ausgedacht.

Nein! Der Beweis sind unsere Hände: Ohne Finger könnten wir auch nicht popeln. Übrigens ist das Popeln ein gutes Beispiel für unsere spezielle Strategie bei “Wissen macht Ah!”. Wir machen uns gern einen Spaß daraus, subtile Keile zwischen Eltern und Kinder zu treiben. Wenn sie älter werden und sich der Pubertät nähern, beginnen Kinder, sich von den Eltern abzugrenzen und ein bisschen zu rebellieren.

Der Popel als Piercing des Grundschülers?

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Genau! Die Erwachsenen finden Popeln eklig, die Kinder haben ihren Spaß, und beide haben was gelernt, denn die Sache mit den Trockennasenaffen wussten weder die Großen noch die Kleinen. Wenn man Informationen mit Emotionen kombiniert, ist der Lerneffekt am größten. So ähnlich verabreiche ich unserem Hund auch Medizin: mit Leberwurst drumherum.

Sie werden in zwei Jahren 50. Ihr Kollege Armin Maiwald aus der “Sendung mit der Maus” ist 80 und macht immer noch Kinderfernsehen. Halten Sie noch 30 Jahre durch?

Ich mache Kinderfernsehen in erster Linie, weil es mir großen Spaß bereitet. Wenn das irgendwann nicht mehr der Fall sein sollte, werde ich sofort damit aufhören. Und natürlich ist nicht auszuschließen, dass Sendungen für Kinder beim WDR irgendwann nur noch von Menschen unter 30 moderiert werden dürfen. Die Geschichte des Fernsehens hat immer wieder bewiesen, wie flüchtig alles ist. Wenn man sich darüber im Klaren ist, kann man mit solchen Unwägbarkeiten gelassen umgehen.

Moderieren Sie “Quarks” mit einer anderen Haltung als “Wissen macht Ah!”?

Nein, ich mache keine Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenenfernsehen. Ich bin immer ich, und deshalb sind “Quarks”, “Wissen macht Ah!” oder die “Sendung mit der Maus” für mich bloß unterschiedliche Spielarten von Ralph-Fernsehen. Ich bin mein erster Zuschauer.

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