„The Drowning“ bei Sky: Tauchgang ins Unterbewusstsein

Eine Mutter ermittelt: Jodie (Jill Halfpenny) und Mark (Rupert Penry Jones) in einer Szene von "The Drowning".

Eine Mutter ermittelt: Jodie (Jill Halfpenny) und Mark (Rupert Penry Jones) in einer Szene von "The Drowning".

Sein Kind zu verlieren, darüber herrscht kulturübergreifend Einigkeit, ist der schlimmste Verlust, den ein Mensch erleiden kann. So schrecklich, dass deutsches, aber auch internationales Fernsehen vor verlorenen Kindern am Bildschirm schier überläuft. Dass es womöglich noch schlimmer sein könnte, ein verschwundenes Kind wiederzufinden – diese absurd anmutende Möglichkeit legt nun allerdings ein Vierteiler des britischen TV-Senders Channel 5 nahe, der ab dem 17. Oktober auf dem NBC-Kanal 13th Street über Portale von Sky bis Magenta zu sehen ist.

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In „The Drowning“ verschwindet der vierjährige Tom beim Familienpicknick am Seeufer spurlos. Neun Jahre nach dieser Tragödie glaubt seine Mutter (Jill Halfpenny), ihren Sohn plötzlich in einem Teenager am anderen Ende der Stadt zu erkennen. Gleiche Augen, gleicher Gang, gleiches Haar, dazu sein markanter Cut am Jochbein und ein musikalisches Talent, das er nur von den leiblichen Eltern haben kann – Jodie Walsh hegt keinerlei Zweifel, in Daniel (Cody Molko), so heißt er heute, Tom zu erkennen, und beginnt ihm nachzustellen. Um genau zu sein: Sie stalkt ihn förmlich.

Jodie schleicht sich ins Leben ihres vermeintlich wiedergefundenen Sohnes

Gegen den Willen ihres geschiedenen Mannes Ben (Dara Devaney), gegen den zudem ihrer eigenen Mutter Lynn (Deborah Findley), die das Unglück einst auseinandergebracht hat, schleicht sich Jodie peu à peu ins Leben ihres vermeintlich wiedergefundenen Sohnes. Sie bewirbt sich an seiner Schule als Musiklehrerin, gibt dem Gitarrentalent gar Privatstunden und lernt dort Mark (Rupert Penry-Jones) kennen, den Jodie natürlich nicht für Toms Vater, sondern dessen Entführer hält. Mit fatalen Konsequenzen für alle.

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Denn je tiefer Jodie in Daniels Leben dringt, desto vielschichtiger wird die Bedeutung des Serientitels. Übersetzt kann „The Drowning“ von Ertrinken über Abtauchen bis zur Verschwörung schließlich alles Mögliche heißen, was Jodies Familie hier im Laufe von neun Jahren – mal aktiv, mal passiv – widerfährt. Der scheinbar erlösende Moment des Wiedersehens mit dem verlorenen Sohn, dessen Leiche niemals gefunden wurde, entpuppt sich somit als Beginn einer Kettenreaktion wechselnder Verletzungen und Schuldvorwürfe, die alle aufs Neue ertrinken lassen, mit jeder der vier Episoden also mehr kaputtmacht als das einstige Unglück selbst.

Nervöses Grundrauschen

Nach Büchern von Francesca Brill und Luke Watson gelingt es Carolina Giammetta dabei eindrucksvoll, Jodies wahnhaften Zwang, Zeit und Schmerz zurückzudrehen, in Bilder und Töne zu gießen. Wie ein schleichendes Gift injiziert die Regisseurin der Hauptfigur ihren Cocktail aus Sehnsucht, Zweifel, Hoffnung und Misstrauen, den sie mithilfe eines nervösen Grundrauschens auch akustisch in die Köpfe ihrer Protagonisten drückt.

Optisch gedimmt von Zeitlupen und Zooms, kriecht die Serie somit auch ins Unterbewusstsein der Zuschauenden, ohne das zugkräftige Serienthema dafür billig auszureizen. Während sich die westliche Zivilisation ihrer Kinderliebe gern dadurch versichert, sie mit der Sorge um blutjunge Krimiopfer zu simulieren, geht „The Drowning“ damit tiefer als all die „Tatorte“ im Missbrauchsmilieu. Hintergründig sucht Jodie weniger nach Tom als nach einer Art Erlösung vom Bösen einer Gesellschaft, die den Individualismus zum Fetisch erklärt.

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Serienfinale arg konventionell

Abgesehen vom arg konventionellen, zudem überstreckten Serienfinale, das die hintergründigen dreieinhalb Stunden zuvor nicht verdient haben, präsentiert uns 13th Street damit einen Thriller, dessen minderjähriges Opfer endlich mal mehr ist als Fernsehmethadon fürs verschollene Mitgefühl einer Gesellschaft, die an den Nachwuchs abseits vom Flatscreen oft als Allerletztes denkt. Dass „The Drowning“ zudem auch als Who-dunnit-Krimi überzeugt, spricht umso mehr für die Leistung der Regisseurin und ihrer Darsteller.

„The Drowning“ ist ab dem 17. Oktober unter anderem bei Sky und Magenta streambar.

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