Nachruf zum Tod des ehemaligen Ministerpräsidenten
Kurt Biedenkopf steuerte Sachsen durch die Nachwendezeit. Die Leuchtturmpolitik seiner Zeit mag heute nicht mehr modern erscheinen, aber sie sorgte für den wirtschaftlichen Aufschwung von Dresden und Leipzig. Entwicklungen, von denen viele Ost-Kommunen bis heute träumen. Biedenkopf weckte den Stolz der Sachsen.
Dresden/Leipzig. Eine Szene im April 1991 im Büro des sächsischen Ministerpräsidenten in Dresden, Archivstraße 1. Kurt Biedenkopf gibt ein Interview, und es soll um Grundsätzliches gehen – die Ost-West-Beziehungen, die Aufbauhilfe für die neuen Länder, die neue Chance für jene Politiker, die durch ihre Tätigkeit in der DDR jetzt als belastet galten. Zu Beginn bittet er den Journalisten, ob er das Gespräch auf Tonband aufnehmen dürfe. Warum? „Ich schicke diese Bänder dann meinem Vater, der ist über 90 und kann schlecht sehen, aber er kann gut hören und will immer Neues wissen.“ Ein bisschen Eitelkeit spricht aus diesen Worten, ja, Biedenkopf hörte sich gern reden und wollte seine Worte gern verbreitet wissen. Aber es war mehr, es war ein Weg, mit seinem alten Vater in Kontakt zu treten – und es diente ihm auch dazu, dem alten Herrn geistiges Futter zu geben, denn Auseinandersetzung mit komplizierten Gedanken ist im Alter Rüstzeug für Körper und Seele. Der Ministerpräsident sagt es in seinen gediegenen Amtszimmer, das vollgestellt ist mit mehreren großen alten Uhren, die jeweils zur vollen Stunde einen Gong geben.
Biedenkopf und seine Ansprüche an Politik