Online-Kontaktbörse

Partnersuche im Internet schlägt rasch in finanziellen Frust um

Leipzig. „Wir bei Parship machen täglich viele Menschen sehr, sehr glücklich“, verspricht die – zumindest nach eigener Darstellung – beste und größte Partnervermittlung in Deutschland. Solch vollmundige Slogans und die Suche nach einer neuen Beziehung waren es dann auch, die Dagmar N.* aus Nordsachsen bewogen, sich beim Online-Portal anzumelden und den Service zu testen. Nach der Trennung von ihrem langjährigen Ehepartner war die Mittfünfzigerin wieder auf der Suche. „Und das schien mir bei all den Werbespots ein seriöses Unternehmen zu sein.“

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Doch um es gleich vorwegzunehmen: Aus der großen Liebe wurde nichts. „Weder mit einem neuen Partner bin ich einig geworden, noch mit den Vermittlern“, sagt die Mittfünfzigerin. Schon in den ersten Augenblicken ihrer kostenpflichtigen Mitgliedschaft „bimmelte ununterbrochen das Telefon. Das ging schnell mir auf den Zeiger“.

Kosten nach Lockangebot vervielfacht

Ein paar mehr oder minder eindeutige Anfragen später hatte Dagmar N. genug – und widerrief ihren Vertrag. „Das hätte ich keinen Tag länger ausgehalten.“ Nach wenigen Stunden und sieben Kontaktangeboten war sie raus aus dem Club der Verliebten. Da war die erste Monatsrate aber schon von ihrem Konto abgebucht. Was soll’s, dachte sie, war immerhin ein Schnupperangebot für 15,90 statt der üblichen 30 Euro pro Monat.

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Doch dabei blieb es nicht: „Mir wurden auf einmal satte 312 Euro für den halben Tag bei Parship in Rechnung gestellt.“ Als sogenannter Wertersatz für die in Anspruch genommenen Dienste. Ihre erste Reaktion: „Ich war stinksauer.“ Immerhin sollte sie nach einigen Stunden Mitgliedschaft fast einen kompletten Jahresbeitrag zahlen. „Und das nach ein paar getauschten Smileys und verpixelten Bildern: Das hat mich richtig wütend gemacht“, sagt die ansonsten sehr beherrscht wirkende Frau. In ihrer Not wandte sich Dagmar N. an die Verbraucherzentrale Sachsen.

Dass es mit der Liebe unter den Menschen nicht sehr weit her ist, sobald Vermittlungsagenturen kassieren wollen, ist keine Seltenheit, bestätigt Verbraucherschützerin Janine Hartmann. „Es kommt häufiger vor, dass Dating-Agenturen Probeabos anbieten, die dann durch Klauseln im Kleingedruckten bald in Verträge mit satten Monatsbeiträgen münden“, nennt die Rechtsberaterin ein Beispiel. Parship sei in dieser Hinsicht zwar eher unauffällig. „Aber mit derart hohen Wertersatz-Forderungen schlagen sie über die Stränge.“

Dagmar N. hat sich auf Anraten der Verbraucherschützer Rechtsbeistand geholt und die in Hamburg ansässige Agentur in einem Schreiben aufgefordert, auf die überzogenen Forderungen zu verzichten. „Mit einem Monatsbeitrag als Aufwandsentschädigung für die paar Stunden wäre ich einverstanden, aber keinesfalls mit dem Zehnfachen“, erklärt die betroffene Nordsächsin. Legt man das Lockangebot zugrunde, haben sich die ursprünglichen Kosten sogar verzwangigfacht.

Wiedersehen vor Gericht

Bisher hat Parship auf das Anwaltsschreiben nicht reagiert. Auf LVZ-Nachfrage teilt die Agentur mit, dass sie nicht gedenkt, die umstrittenen Geschäftspratiken zu überdenken. „Unser Modell ist legitim und geht sogar über die gesetzlichen Vorgaben hinaus“, erklärt Parship-Sprecherin Jana Bogatz. Alle Mitglieder würden vor Abschluss des Bestellvorgangs auf die Wertersatzregelung bei Widerruf der Premium-Mitgliedschaft hingewiesen. „Wir kommunizieren diese Vertragsbedingungen auch offen in der Bestellbestätigung sowie in den allgemeinen Geschäftsbedingungen“, so die Sprecherin. Das räumt Dagmar N. zwar ein: „Aber die konkrete Forderungssumme ist nirgendwo ersichtlich.“

Auf die Frage, ob man sich denn nicht außergerichtlich einigen könnte, bleibt die Parship-Vertreterin unnachgiebig. „Wir sehen keinen Anlass, unsere Vorgehensweise im Widerrufsfall zu ändern.“ Eine laufzeitabhängige Berechnung des Wertersatzes komme nicht infrage, betont die Sprecherin. „Entsprechend kann und wird Parship an seiner bestehenden Wertersatzregelung festhalten, wonach die Anzahl der Kontakte die Berechnungsgrundlage für die Höhe des Wertersatzes bildet.“

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Dagmar N. ist enttäuscht und will beharrlich weiter gegen die Forderung vorgehen. Vollmundigen Werbeversprechen traut sie nun nicht mehr über den Weg. „Immer ein Lächeln und eine Lösung“, lautet ein solcher Slogan auf der Parship-Internetseite. Und: „Egal wo der Schuh drückt – wir sind vor, während und nach Ihrer Mitgliedschaft für Sie da.“ Nur die Art und Weise sagt nicht allen zu.

Tücken bei der Partnersuche – worauf Kunden achten sollten

Partnervermittlungen oder Singlebörsen im Internet sind längst so normal wie das Kennenlernen bei der Arbeit oder einer Party. Doch es gibt auch Tücken. Hier ein paar Tipps:

Ziel setzen: Partnervermittlung, Singlebörse, Erotikportal - wird ein Partner fürs Leben, Singles zur Freizeitgestaltung oder eher ein schnelles Abenteuer gesucht. Die Kündigungsfristen sind sehr unterschiedlich.

Vertragspartner: Vor der Anmeldung unbedingt einen Blick ins Impressum der Internetseite werfen: Sitzt der Anbieter im Ausland, ist es oft mühsam, Rückzahlungsansprüche durchzusetzen.

Leistungs-Check: Achten Sie genau auf zugesagte Leistungen. Schauen Sie immer in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Online-Partnervermittlers. Vorsicht bei kostenlosen Lockangeboten: Gratis-Registrierung ermöglicht meist noch keinen Austausch mit anderen Partnersuchenden und ist für Verbraucher letztlich unnütz. Portale greifen bei der Registrierung nur persönliche Daten ab. Testangebote verlängern sich in der Regel nach der Testphase in teure und langfristige Mitgliedschaften.

Laufzeit: Je länger die Laufzeit, desto günstiger der monatliche Beitrag. Gefällt Ihnen das Angebot aber zwischendurch nicht mehr, sind Sie bei Single-Portalen an die gewählte Laufzeit gebunden. Bei Partnervermittlungen muss das Recht zur außerordentlichen Kündigung oft erstritten werden. Wählen Sie lieber eine kurze Laufzeit, um zu sehen, ob das Portal Ihren Vorstellungen entspricht.

Kündigungsfrist: Prüfen Sie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), ob eine automatische Vertragsverlängerung vorgesehen ist. Sollte dies der Fall sein, vergessen Sie nicht, rechtzeitig per Einwurf-Einschreiben zu kündigen. Die Kündigung muss übrigens bis zum Kündigungstermin beim Anbieter eingegangen sein. Kündigen Sie am besten gleich nach Vertragsschluss, um die Frist nicht zu versäumen.

Monatsraten: Einige Anbieter verlangen, dass Sie vorab für die gesamte Laufzeit bezahlen oder fordern eine hohe Anzahlung. Wenn Sie per Überweisung oder Kreditkarte zahlen, ist eine Rückbuchung nicht möglich. Zahlen Sie daher besser monatlich. Auch wenn diese Zahlart oftmals etwas teurer ist, haben Sie nur so die Garantie, dass Sie Ihrem Geld im Streitfall nicht hinterherlaufen müssen.

Widerrufsfrist: Merken Sie bereits nach ein paar Tagen, dass das Angebot nicht Ihren Erwartungen entspricht, können Sie den Vertrag – wenn er online oder in Ihrer Wohnung geschlossen wurde – innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufen. Erklären Sie den Widerruf per Einwurf-Einschreiben, das erleichtert den Nachweis. Fordert die Partnervermittlung im Falle des Widerrufs einen hohen Wertersatz, zahlen Sie diesen nicht, sondern lassen Sie sich rechtlich beraten.

Kündigungsfristen kennen: Singlebörsen und Erotikportalen können Sie sind zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit kündigen. Partnervermittlungen, also Angebote, bei denen Ihnen der Anbieter, Partnervorschläge unterbreitet, sind jederzeit fristlos kündbar. Bei letzteren müssen Sie dann nur die bis zum Zeitpunkt der Kündigung erbrachten Leistungen bezahlen. Stellt Ihnen der Anbieter für die erbrachten Leistungen horrende, unangemessene Beträge in Rechnung, zahlen Sie diese nicht vorschnell, sondern lassen Sie sich zuerst beraten.

Datenlöschung: Achten Sie darauf, dass Ihre Daten nach Vertragsende ordnungsgemäß vom Anbieter gelöscht werden. Dazu sollten Sie den Anbieter explizit auffordern und sich die Löschung Ihrer Daten schriftlich bestätigen lassen. Andernfalls besteht das Risiko, dass Ihr Profil bestehen bleibt. Manche Anbieter behalten sich vor, Profile mit Ihren Daten auf anderen Portalen zu verwenden, bei denen Sie sich nie angemeldet haben. Will sich ein Anbieter dieses Recht einräumen lassen, raten wir: Finger weg!

Erstes Treffen: Haben Sie Kontakt mit Ihrem potenziellen Traumpartner aufgenommen, vereinbaren Sie bald ein persönliches Treffen an einem möglichst öffentlichen Ort. Nur so können Sie herausfinden, ob die Person Ihren Erwartungen entspricht. Stellt sich heraus, dass die Suche über Partnervermittlungen oder Singlebörsen doch nicht so Ihr Ding ist, finden Sie vielleicht beim Single-Tanzkurs, bei einem Ehrenamt, im Sportverein oder ganz woanders Menschen mit gleichen Interessen. Und manchmal entwickelt sich dann ja auch mehr. Quelle: VZS

Von Winfried Mahr

LVZ

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