Regen, Regen, Regen – doch Sachsens Bauern kämpfen mit Trockenheit
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Klimawandel auch in Sachsen: Auf einem Feld steht nach Regenfällen nasses Getreide. Die aktuellen Niederschläge verzögern zwar die Ernte. Das Problem der Landwirte ist aber ein anderes: Es ist seit Jahren in Sachsen zu trocken. Wie sollen sie darauf reagieren?
© Quelle: Sönke Möhl/dpa
Dresden. Den Blick auf die Wetterkarten kann man sich sparen. Seit Tagen prognostizieren die Meteorologen vor allem eines: Regen, Regen, Regen, ein wenig Sonnenschein – gefolgt von Stark- oder Nieselregen, leichten Schauern, örtlichen Gewittern und ausgiebigem Landregen. Der deutsche Sommer kennt in diesen Wochen vor allem Niederschlag.
Für die heimische Tourismusbranche, für Freibäder, für Gastronomen, für Musikfestivals ist das ein Problem. Kalte und feuchte Witterungen verhageln ihnen das Geschäft. Doch auch Sachsens Landwirte, die für gewöhnlich dem Regen einiges abgewinnen können, sind aktuell alles andere als begeistert. Die vergangenen Jahre waren mit ungewohnt langen Hitzeperioden eine Herausforderung. Doch in diesem Jahr folgen auf die Hitze des Frühsommers die nächsten Wetterkapriolen.
„Wettertechnisch sehr herausfordernd“
„Dieses Jahr ist wettertechnisch sehr herausfordernd“, sagt Andreas Jahnel vom Sächsischen Landesbauernverband. „Erst war es bereits im Mai und Juni sehr heiß, wodurch wir Probleme beim Wachstum des Korns bekommen haben. Seit Wochen ist es nun zu nass. Darunter leidet nicht nur die Qualität der Ernte, weil das Getreide für Pilzkrankheiten anfällig wird.“ Die Ernte wird auch schwieriger: „An manchen Orten können wir aufgrund des durchweichten Bodens die Erntegeräte nicht einsetzen.“
Die Agrarexperten vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie gehen momentan davon aus, dass es ein durchschnittliches Erntejahr werden wird. Es sind die Ernten, die bereits eingefahren werden konnten, die die Bilanz retten: „Die Erträge der Wintergerste waren sehr gut, da diese Getreideart am zeitigsten im Herbst gesät wird und sich im Herbst bereits gut vegetativ entwickelt“, teilt eine Sprecherin des Landesamtes mit.
Sachsen: Zu wenig Niederschläge in den vergangenen Jahren
Beim Weizen und beim Raps, die auf den Feldern stehen, könnte es schwieriger werden. Hier ist Zeit alles: „Wenn diese Wetterverhältnisse noch zwei, drei Wochen anhalten, bekommen wir ein wirkliches Problem“, sagt Bauernverbandsvertreter Jahnel. „Dann wird es ein weiteres schlechtes Erntejahr.“
Es ist im Grunde aber nicht der Dauerregen, der den sächsischen Landwirten Kopfzerbrechen bereitet. Tilo Bischoff, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Hohenprießnitz in Nordsachsen, treibt vielmehr der Wassermangel um. In den vergangenen fünf Jahren – und auch in diesem Jahr – habe es zu wenige Niederschläge gegeben, sagt er. Auf Feldern, die viel Wasser speichern könnten, zehrten die Bestände auch in diesem Jahr vom feuchten Frühjahr. Bei anderen Standorten sei der Wassermangel zum Problem geworden.
Sachsen ist Dürreland geworden
Meteorologen und Klimaforscher beobachten Ähnliches: Sachsen war demnach im Juli im bundesdeutschen Vergleich das trockenste Bundesland. Der Dürremonitor des Helmholtz-Instituts weist für den Freistaat auch jetzt in weiten Teilen stark ausgetrocknete Gesamtböden aus. Wie in den vergangenen Jahren herrscht Dürre. Daran ändert der derzeitige Niederschlag nichts. Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) konstatiert, dass der Klimawandel Sachsen mit voller Wucht erfasst habe: „Seit 2018 haben wir mehrere Dürrejahre in Folge erlebt; mit Tiefstständen beim Grundwasser, trockengefallenen Flüssen und Bächen, Noternten in der Landwirtschaft und historischen Waldschäden.“
Das hinterlässt in der Landwirtschaft Spuren: Versicherer bieten für Landwirte mittlerweile Policen an, damit diese sich gegen Trockenheit absichern können. Saatgutproduzenten haben längst reagiert und züchten neue Sorten, die widerstandsfähiger gegen Trockenheit sind. Die Landwirte greifen darauf zurück. Nicht nur in Sachsen. Auch in Sachsen-Anhalt, wo man ähnliche Probleme hat: „Wir müssen reagieren“, sagt Matthias Ulrich, Vorstand bei der Agrargenossenschaft Bad Dürrenberg. „Vor zehn Jahren haben wir noch ganz andere Getreidesorten verwendet. Alle drei bis vier Jahre stellen wir inzwischen um, weil die Saatgutproduzenten dann neue Sorten mit besseren Eigenschaften gegenüber Stressbedingungen anbieten.“
Helfen neue Sorten?
Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Sachsen experimentiert zudem mit neuen Kulturen. Unter anderem wird getestet, ob Sommergetreidearten im Herbst angebaut werden können. Es wird diskutiert, ob die Landwirte auf Buchweizen, Quinoa oder verschiedene Hirsearten setzen sollten. Die Bauern sind allerdings skeptisch.
„Wir können viel darüber reden, ob wir wegen des Klimawandels andere Getreidesorten anbauen sollten“, sagt Genossenschaftler Bischoff. Aber man sei stark abhängig vom Markt: Vor Jahren sei Dinkel ein Trend gewesen. „Heute braucht man den Händlern Dinkel nicht anzubieten. Diese haben noch Bestände im Lager aus dem vergangenen Jahr, die sie nicht vermarkten können.“
LVZ