Sachsens Männer arbeiten immer häufiger Teilzeit
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Immer mehr Sachsen arbeiten in Teilzeit.
© Quelle: Patrick Pleul/dpa
Leipzig. Fast jeder dritte Sachse arbeitet in Teilzeit. Das ist ein neuer Rekord. Obwohl vorwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind, wird das Arbeitszeitmodell auch bei Männern immer beliebter. Allein in den letzten zwölf Monaten ist nach Berechnungen der Landesarbeitsagentur die Teilzeitbeschäftigung von Männern mehr als doppelt so kräftig gestiegen wie die der Frauen. Wobei klassische Halbtagsjobs ebenso unter Teilzeit fallen wie die 32-Stunden-Woche.
Von den 1,6 Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Sachsen arbeiten aktuell 480 050 in Teilzeit. Das entspricht einem Anteil von 30,1 Prozent aller Beschäftigten. In Thüringen sind es 27,1 Prozent. 2007 war noch fast jeder fünfte Sachse in Teilzeit beschäftigt. Im Vergleich aller Bundesländer landet Sachsen auf Platz vier – nur in Berlin, Schleswig-Holstein und Brandenburg arbeiten prozentual mehr Menschen in Teilzeit. Die meisten Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. In Sachsen stieg ihre Anzahl innerhalb von zehn Jahren um 65,8 Prozent auf 370 676. Die Männer holen aber auf – binnen zehn Jahren verdoppelte sich ihre Anzahl auf aktuell 96 758.
Damit ging der Zuwachs an neuen Jobs zu einem Großteil auf diesen Boom zurück. Während die Vollzeitbeschäftigung in den vergangenen zehn Jahren um 1,5 Prozent gestiegen ist, nahm die Teilzeitbeschäftigung um 73,1 Prozent zu.
Der kräftige Anstieg in diesem Bereich sei auch eine Folge der Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – einer der vielen Mindestlohneffekte, sagt Klaus-Peter Hansen, Chef der Landesarbeitsagentur in Chemnitz. „Grundsätzlich nimmt bei einer guten Arbeitsmarktsituation die freiwillige Teilzeitbeschäftigung zu. Viele wollen und können so Familie und Beruf besser unter einen Hut bekommen“, erklärt Hansen. Kritik sei jedoch angebracht, wenn Betriebe verkürztes Arbeiten erzwingen würden.
Das sieht man beim Deutschen Gewerkschaftsbund ähnlich. Vor allem Männer wollten verkürzt arbeiten, um mehr Zeit für die Familie zu haben, sagt Sachsens DGB-Chef Markus Schlimbach. „Aber es gibt viele Unternehmen, insbesondere im Dienstleistungsbereich, die fast nur auf Teilzeit setzen. Das ist zum Beispiel im Einzelhandel, im Gesundheits- und Sozialbereich und im Reinigungsgewerbe stark verbreitet. Betroffen hiervon sind vor allem Frauen.“ Entscheidend bleibe, ob es Rückkehrmöglichkeiten in Vollzeit gibt.
Laut einer Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wollen bundesweit 24,9 Prozent gern weniger arbeiten. Übertragen auf Sachsen beträfe das 277 000 Vollzeitbeschäftigte mit dem Wunsch nach weniger Arbeit. Weitere 11,4 Prozent gaben an, eher mehr arbeiten zu wollen. In Sachsen wären das rund 53 000 Teilzeitbeschäftigte, die lieber eine Vollzeitstelle wollen. Interessant ist, dass die, die verkürzt arbeiten wollen, das nur für eine begrenzte Zeit anstreben. Das sei verständlich, meint Wirtschaftswissenschaftler Joachim Ragnitz vom ifo-Institut Dresden. Denn Teilzeitkräfte seien stark gefährdet, später ohne ausreichende Rente dazustehen. Denn wer weniger arbeitet, zahlt weniger in die Rentenversicherung ein.
Von Andreas Dunte
LVZ