Weniger Kinder in den Kitas: Wie Sachsen in der Betreuung umsteuern will
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Gummistiefel hängen an einer Palettenwand in einer Kindertagesstätte. In Sachsen wird die Anzahl der Kinder unter sechs Jahren zurückgehen. Dadurch soll sich auch etwas in den Kitas ändern.
© Quelle: Heiko Rebsch/dpa
Dresden. Erst in dieser Woche hat Sachsen neue Änderungen beim Kita-Gesetz auf den Weg gebracht. Unter anderem sollen mehr Erzieherinnen und Erzieher eingestellt werden. Doch dabei will es Kultusminister Christian Piwarz (CDU) nicht belassen.
Er plant, die Qualität in den sächsischen Kindertagesstätten zu stärken. Denn die Kinderbetreuung im Freistaat wird sich aufgrund des Bevölkerungsrückgangs wandeln müssen. Die LVZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Vorhaben der Landesregierung.
Wie viele Kinder müssen perspektivisch betreut werden?
Aktuell werden in 3072 Kindertageseinrichtungen rund 318 000 Kinder betreut. Vor allem in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Jungen und Mädchen stark angestiegen, weil es geburtenstarke Jahrgänge gab. Das Kultusministerium geht aber davon aus, dass dieser Trend langsam abnimmt. Der bisherige Höchstwert lag im Jahr 2020, als rund 326 000 Kinder in der Kindertagesbetreuung waren. Die Zahl der unter Sechsjährigen wird nun laut Statistischem Landesamt bis 2025 allerdings um circa fünf Prozent zurückgehen.
Die Betreuungsquote im Kindergartenalter ist in Sachsen generell hoch. Seit Jahren liegt sie bei rund 95 Prozent. „Sachsen hat keinen Mangel an Plätzen in Kindertageseinrichtungen“, sagt Minister Piwarz. Der Rückgang der Kinderzahlen werde die Kita-Landschaft aber „vor eine komplett neue Herausforderung stellen“.
Wie reagiert Sachsen auf den Rückgang der Geburtenzahlen?
Das Kultusministerium will an einer Sache nicht sparen: am Personal. „Wenn wir die Qualität der frühkindlichen Bildung weiter stärken wollen, sollten wir an dem Personaltableau in den Kindertageseinrichtungen festhalten“, sagt Piwarz. „Das, was wir durch sinkende Kinderzahlen an Freiraum im System bekommen“, müsse man im System halten. Der Minister spricht von einer „demografischen Rendite“.
Die Kitas sollen unter anderem in den nächsten Jahren das Angebot für den Nachwuchs mit Integrationsbedarf ausbauen. Das Ministerium geht zudem davon aus, dass bei einem Rückgang der Kinderzahlen auch stärker auf die Wünsche und das Wahlrecht der Eltern eingegangen werden kann: Der Wettbewerb um die Kitaplätze wird voraussichtlich nicht mehr so groß sein. Die Kitas könnten auch stärker an ihrem pädagogischen Konzept arbeiten.
Kurzfristig wird der Betreuungsschlüssel in Sachsen sowieso verbessert. Der Landtag hat in dieser Woche die Novelle des Kita-Gesetzes verabschiedet. Dadurch werden knapp 1000 zusätzliche Vollzeitstellen für die Kinderkrippen, Kindergärten und Horte bereitgestellt.
Nach Berechnungen des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) ergibt sich für eine Kita mit 30 Krippen- und 90 Kindergartenplätzen etwa eine halbe Vollzeitkraft mehr als bisher. Dafür soll der Landeszuschuss im August 2023 um 218 Euro pro Kind und Jahr steigen.
Braucht Sachsen dringend neue Kita-Kräfte?
Das Durchschnittsalter des sächsischen Kita-Personals liegt bei 42,3 Jahren. Das Kultusministerium spricht deswegen von einer „sehr gesunden Personalstruktur“. Nur 8,5 Prozent der Kita-Kräfte sind älter als 60 Jahre. Ein Großteil des Personals (74,7 Prozent) entfällt auf die rund 29 400 Erzieherinnen und Erzieher.
Sachsen hält sich zudem zugute, dass 90 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher mindestens eine Anerkennung als staatlich anerkannte Erzieher haben. Zudem hat man den bundesweit höchsten Anteil an Hochschulabschlüssen beim Kita-Personal: Mehr als jede zehnte pädagogische Fachkraft verfügt darüber.
Im Vergleich der vergangenen 20 Jahre hat Sachsen die Erzieherausbildung deutlich ausgebaut. Im Schuljahr 2021/2022 absolvierten 8671 Schülerinnen und Schüler die Ausbildung – mehr als zwölfmal so viele wie noch im Jahr 2003/2004. Allerdings hat es im aktuellen Schuljahr einen leichten Rückgang (8469 Schülerinnen und Schüler) gegeben. Auch deswegen will die Landesregierung die Ausbildungsvoraussetzungen ändern und attraktiver gestalten.
Welche Änderungen sind geplant?
Ab dem kommenden Schuljahr soll es als Voraussetzung für die Erzieherausbildung ausreichen, wenn man neben dem Abitur ein sechswöchiges Praktikum absolviert. Bisher war dafür neben dem Hochschulzugang eine einjährige Ausbildung zum Sozialassistenten notwendig. Zudem soll auch eine Hochschulausbildung im pädagogischen Bereich auf die Fachschulausbildung im Sozialwesen angerechnet werden können.
An der Ausbildung selbst ändert sich nicht viel. Dafür gibt es in Sachsen nach wie vor zwei Wege. Entweder eine Vollzeit-Ausbildung, die drei Jahre dauert, aber nicht vergütet wird. Oder eine vierjährige berufsbegleitende Ausbildung. In einem Modellversuch will Sachsen ab dem neuen Schuljahr darüber hinaus eine berufsbegleitende Ausbildung in drei Jahren testen.
Der Großteil der Auszubildenden entscheidet sich nach wie vor für den ersten Weg: 6656 haben aktuell die Vollzeitausbildung gewählt, 1813 sich für die berufsbegleitende Ausbildung entschieden.
Wie sind die Jobaussichten für Erzieherinnen und Erzieher?
Ungefähr 2000 Absolventinnen und Absolventen schließen in Sachsen die Ausbildung jährlich ab. Das Kultusministerium schätzt den Arbeitsmarkt nach wie vor als gut ein. Die deutliche Mehrheit der Beschäftigten besitze einen unbefristeten Arbeitsvertrag.