In Sachsen leben Wölfe inzwischen auch dort, wo die Wissenschaft sie nicht vermutet hätte. Ein Wildbauer in Nordsachsen will sich gegen Angriffe auf seine Tiere schützen - und den Wolf selbst fangen.
Audenhain.Wenn Kuno Pötzsch nachts die Hunde bellen hört, steht er auf und steigt in seinen Pickup. Die vergangenen vier, sechs Wochen, sagt er, war er fast jede Nacht unterwegs. 110 Hektar groß ist sein Wildgehege bei Audenhain in Nordsachsen, doppelt umrandet von einem Zaun. Pötzsch sagt: „Das abzufahren, dauert schon mal eine Stunde.“ Auf dem Dach seines Pickups hat Pötzsch einen Scheinwerfer montiert, so hell, dass es in den Augen sticht, wenn man hineinsieht. Pötzsch hofft, damit die Wölfe vertreiben zu können, bevor wieder eines seiner Tiere gerissen wird. Für die Momente auf seinen Runden, in denen der Wildbauer den Scheinwerfer abstellt, hat er ein Nachtsichtgerät dabei, klein wie eine große Taschenlampe. „Damit sehe ich die Wölfe ab und zu mal“, sagt Pötzsch. „Aber ich darf ihnen ja nichts tun.“
Lange war der Wolf in Deutschland ausgerottet. Vor 20 Jahren siedelte er sich wieder an, steht inzwischen unter strengem Schutz und die Zahl der Tiere wächst exponentiell. Rund 240 Wölfe leben nach Angaben der Fachstelle Wolf in Sachsen, vier Rudel in Nordsachsen. Immer wieder reißen sie Schafe, Ziegen oder Rinder. 383 tote Nutztiere hat die Fachstelle zwischen Mai 2020 und April 2021 registriert, die Dunkelziffer dürfte höher liegen. Vor allem Jäger und Tierhalter stellen deshalb die Frage: Wie lange muss der Wolf noch unter so strengem Schutz stehen? Und sollte man ihm nicht auch mit der Flinte zu Leibe rücken dürfen?