2G plus stellt Sportvereine vor riesige Probleme: „Das sorgt für enorme Unlust“
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Eine leere Umkleidekabine im Vereinsheim des Fußball-Kreisligisten FC Rhenania 1920 Lohn. Im niedersächsischen Amateur- und Breitensport fürchtet man nach dem Inkrafttreten der neuen Corona-Verordnung, dass das Sportangebot über den Winter nicht aufrechterhalten bleiben kann (Symbolbild).
© Quelle: Marius Becker/dpa
Mit der Einführung der 2G-plus-Regel wird es in einigen Bundesländern wieder ein sportarmer Winter. Die verschärften Corona-Maßnahmen stellen Sportvereine vor große Probleme: Einige Sportvereine haben ihren Betrieb, seit 2G plus gilt, komplett eingestellt. Andere Vereine fahren ihre Angebote herunter. Oft weil die Testmöglichkeiten zu gering sind oder die Kontrolle der Nachweise für Vereine, in denen sich größtenteils Ehrenamtliche engagieren, schier unmöglich ist, wie Vereine aus verschiedenen Bundesländern dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berichten.
Für Amateursport in Vereinen und bei Wettkämpfen in Thüringen ist ab sofort zusätzlich zur 2G-Regel für Erwachsene auch ein Corona-Test erforderlich. Zugang zu den Sporthallen und anderen geschlossenen Sporträumen haben damit nur noch geimpfte und genesene Menschen, wenn sie zusätzlich einen negativen Corona-Test nachweisen können. Thomas Stecher (39), Kreisvorstand von den insgesamt 177 Vereinen des Kreissportbundes Unstrut-Hainich, rechnet wegen der 2G-plus-Regel bereits mit einer längeren Winterpause, insbesondere im Breitensport: „Die Saison ist regelrecht eingefroren, viele der Vereine fahren das Erwachsenentraining herunter.“ Er fürchte, dass es zu einem Stillstand im Bereich Sport komme: „Es bleibt nur zu hoffen, dass die 2G-plus-Regel nicht bis zum Mai andauert. Denn eine so lange Zeit war schon im letzten Jahr eine reine Katastrophe.“
Übungsleiter verantworten Nachweiskontrolle in der Halle
Zwar könnten laut der Corona-Verordnung in Thüringen Selbsttests unter dem Vier-Augen-Prinzip in der Sporthalle durchgeführt werden, doch auch damit gingen jede Menge Schwierigkeiten einher. In den Hallen würden Protokolle ausliegen, in denen sich die Mitglieder für die Nachverfolgung eintragen müssen. Die Protokolle muss der Übungsleiter noch vor Beginn der Trainingseinheit unterschreiben: „Das ist für die Übungsleiter in dieser Corona-Krise noch ein richtiges Päckchen an Verantwortung obendrauf“, bemängelt Kreisvorstand Stecher. Sollte der Nachweis nicht ordentlich genug dokumentiert sein, käme sowohl der Übungsleiter als auch der Verein in die Bredouille: „Und das Ordnungsamt kontrolliert nun regelmäßig in den Hallen“, weiß Stecher.
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Auf einem Fußballplatz in Rühen nahe Wolfsburg steht ein Schild mit der Aufschrift Sportplatz gesperrt. In Niedersachsen ist Amateuren im November die Ausübung von Mannschaftssport verboten, alle Amateurligen haben den Spielbetrieb eingestellt.
© Quelle: imago images/Jan Huebner
Doch auch die Beschaffung der Selbsttests sei eine Herausforderung: Denn die seien im Kreis Unstrut-Hainich bei Mühlhausen im Nordwesten von Thüringen derzeit oftmals vergriffen und kosteten jedes Mal rund fünf Euro pro Test und damit pro Sporteinheit: „Das schlägt ordentlich in die Kasse, wenn man regelmäßig Sport machen möchte“, sagt Stecher. Schließlich würden die Sportlerinnen und Sportler auch Mitgliedsbeiträge bezahlen. „Nicht jeder kann und will sich das leisten.“
Anders sehe die Situation bei den Kindern und Jugendlichen aus: „Wir sind froh, dass das Nachwuchstraining problemlos weiterlaufen kann, ohne dass den Vereinen Kindertestungen aufgebürdet werden“, betont Stecher. Denn: Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren reicht die Corona-Testung in der Schule in Thüringen aus. „Die wichtigste Bemühung muss sein, die Nachwuchsarbeit aufrechtzuerhalten“, so Stecher.
Niedersachsen: Viele Angebote können kaum aufrechterhalten werden
Seit dieser Woche gilt auch beim Training und bei Spielen in Niedersachsen die 2G-plus-Regel. Insbesondere kleinere Sportvereine wie den Sportverein Fuhrberg aus dem 2000-Einwohner-Ort in der Region Hannover stellt das vor erhebliche Probleme. Der Sportverein hat sich nun entschieden, die Aktivitäten in der Sporthalle und auf dem Sportplatz zunächst bis Januar komplett einzustellen. Grund für diese Entscheidung sei, dass die 2G-plus-Regelung nicht umsetzbar sei – die Testmöglichkeiten in Fuhrberg seien schlichtweg zu gering.
Und selbst in der Landeshauptstadt Hannover ist 2G plus eine Herausforderung für Sportvereine. Auch bei einem der großen Sportclubs, dem Turn-Klubb zu Hannover (TKH) fallen zumindest bis Weihnachten die Schwimmkurse aus: „Unsere Trainingsleiter und Trainingsleiterinnen sind so langsam, aber sicher ehrenamtsmüde“, sagt TKH-Vorsitzender Hajo Rosenbrock. Nach Inkrafttreten der 2G-plus-Regel hätten sie sich entschieden, das ehrenamtliche Training vorerst nicht mehr fortzuführen: „Und ich kann das absolut verstehen“, sagt der Vorsitzende, „denn gerade im Schwimmbad ist es eng und warm und die Verantwortung ist groß, die Ansteckungsgefahr gering zu halten und vor allem die Nachverfolgung mit all dem bürokratischen Aufwand zu gewährleisten.“
„2G plus sorgt für enorme Unlust auf Sport“
Einige der TKH-Sportstätten hätten einen Empfang: „Da setzen wir nun zusätzliche Kräfte ein, die nur dafür da sind, 2G plus zu kontrollieren“, so Rosenbrock. Bei allen anderen Sportstätten würden die Übungsleiterinnen und Übungsleiter den Impf- bzw. Genesenennachweis und den zusätzlichen tagesaktuellen Test kontrollieren müssen. „Von den 60 Minuten Training gehen zehn Minuten für die Nachweiskontrolle drauf. Viele der Übungsleiter denken sich, dass das nicht ihre Baustelle ist und fühlen sich zusätzlich belastet“, so der TKH-Vorsitzende. Damit gehe ein weiterer personeller Aufwand einher: „Wir von der Geschäftsstelle müssen also zusätzlich stichprobenartig prüfen, ob unsere Übungsleiter die Kontrolle auch gemacht haben“, so Rosenbrock.
Insgesamt habe er festgestellt, dass jede Menge Hallenzeiten wieder verfügbar seien: „Viele Übungsleiter fallen derzeit aus und es gibt keine Vertretung.“ Und nicht nur die Übungsleiter haben seit 2G plus die Lust am Training verloren: „Seit der neuen Regel sind die Erwachsenengruppen leer“, sagt Rosenbrock. „2G plus hat eine enorme Unlust auf Sport mit sich gebracht.“
Bayern: „Macht langsam keinen Spaß mehr“
Bereits seit dem 24. November gilt für Sportstätten und die praktische Sportausbildung in Bayern 2G plus – sowohl für Zuschauer als auch Sportler und die ehrenamtlich Tätigen. „Das macht so langsam keinen großen Spaß mehr“, sagt Marianne Vogl (83) gegenüber dem RND. Die Abteilungsleiterin des ESV Sportfreunde in München-Neuaubing steht oft selbst in der Halle und kontrolliert den 2G-Nachweis der Vereinsmitglieder: „Die Abteilungsleiter wechseln sich ab, das ist mit vielen Absprachen verbunden“, erzählt die 83-Jährige, die oft die Nachweise der „Fitplus 60″-Sportlerinnen und -Sportler kontrolliert.
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Ein Schild weist auf die 2G-plus-Regel hin. Vollständig gegen das Coronavirus geimpft oder von einer Covid-Infektion genesen, ist vielerorts für zahlreiche Aktivitäten in Niedersachsen nicht mehr ausreichend. Für viele Bereiche des öffentlichen Lebens ist mit der Einführung der 2G-plus-Regel seit dem 01.12.2021 zusätzlich ein negativer Test notwendig (Symbolbild).
© Quelle: Sina Schuldt/dpa
Die Rentnerin habe zwar die Zeit für die Kontrolltätigkeit, doch die Gesundheit spiele nicht mehr mit: „Ich kann schlecht den ganzen Tag in der Halle stehen“, meint die Seniorin. Deshalb habe der Verein zusätzliche Kräfte für die Tätigkeit organisiert – und das, obwohl einige Kurse längst schlecht besucht seien. „Das liegt auch daran, dass jeder Test Geld kostet und gerade die Mitglieder der Seniorensportgruppen haben nicht unbedingt eine große Rente“, weiß Vogl.
So sind die Regeln für Sportvereine in anderen Bundesländern
Erreicht ein Landkreis in Mecklenburg-Vorpommern oder eine kreisfreie Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Warnstufe drei, so gilt ab dem übernächsten Tag 2G plus. Nur Geimpfte und Genesene haben dann Zutritt zu den Sporteinrichtungen und müssen zusätzlich einen negativen Corona-Test bei sich führen. Bei Schülerinnen und Schülern genügt in Mecklenburg-Vorpommern (außer in den Schulferien) der Schülerausweis als Testnachweis.
2G plus gilt auch in Rheinland-Pfalz und im Saarland. In Berlin, Brandenburg, Bremen, Baden-Württemberg, Hessen, Meckenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein gilt 2G für den Sportbetrieb.
Laut Sächsischer Corona-Notfall-Verordnung ist die Öffnung von Anlagen des Sportbetriebs und Fitnessstudios aktuell komplett untersagt. Leistungssportlerinnen und -sportler des Bundes- und Landeskader müssen bei ihrem Training einen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorlegen.