„Alle wieder in die Gaskammer“
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Der Gastronom Yorai Feinberg hat schon viel erlebt im Schöneberger Kiez: Schmierereien, Beschimpfungen, Vandalismus.
© Quelle: sternberg
Berlin. Ein israelischer Gastronom wird in Berlin am helllichten Tag wüst antisemitisch beschimpft. Seine Frau dokumentiert die Szene mit ihrem Handy, ein Freund stellt das Video ins Netz. Fast 100 000 Menschen sehen, was Juden in Berlin im Winter 2017 erleben müssen. Und dann sperrt Facebook das Video. Grund: „Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards“. Wieder einmal erweist sich der Internet-Gigant als zumindest ungeschickt im Umgang mit politisch brisanten Inhalten.
Yorai Feinberg hat schon viel erlebt im Schöneberger Kiez. Schmierereien, Beschimpfungen, Vandalismus. Sein Lokal heißt schlicht „Feinberg’s“. Aber schon von draußen sieht man, dass hier israelische Küche serviert wird. Im Fenster steht ein kleiner Chanukka-Leuchter, an den Wänden hängt ein Bild, auf dem ein Davidstern-Motiv enthalten ist. Feinberg ist glühender Verfechter des Staates Israel, daraus macht er keinen Hehl. Und steckt dafür auch ein.
Nun dreht er den Spieß um. Auf Facebook ging am Mittwoch ein Video viral, das eine fünfminütige hitzige Diskussion zwischen Feinberg und einem Mann zeigt. Einem Mann ohne Migrationshintergrund, einem 60-jährigen Deutschen, der ganz zufällig vorbeikommt. Feinberg, 36, und seine Frau Kamila, 29, stehen gerade rauchend vor dem Lokal, als sich der Mann nähert. „Ihr gehört nicht hierher“, schimpft er und redet sich immer weiter in Rage. „Das ist mein Land“, sagt der Mann. Er deutet auf den Chanukka-Leuchter: „Hier will ich so etwas nicht sehen“.
Feinberg bleibt ruhig. Er ist in Berlin heimisch geworden, sagt er, Idioten gäbe es überall. Der Mann stört sich überhaupt nicht daran, dass er gefilmt wird. Er pöbelt auch dann weiter, als Feinberg ein zufällig vorbeifahrendes Polizeiauto anhält. „Niemand schützt euch“, sagt er, nun direkt in die Kamera. „In zehn Jahren bekommt ihr die Rechnung.“ Und als ob das nicht ausreicht, sagt er noch mehrfach: „Ihr kommt alle wieder zurück in eure blöde Gaskammer. Keiner will euch hier.“ Die Polizei trifft ein, der Beamte bittet darum, die Aufnahme zu beenden. Der Bildschirm wird schwarz. Was danach passiert, schildert Feinberg gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Mann war völlig überrascht, dass dieser Vorfall für ihn Konsequenzen haben sollte. Die Polizisten erteilten ihm erst einmal nur einen Platzverweis. Doch er begann zu schimpfen.“ Vor den Polizisten habe der Mann „Judenschweine“ und Schlimmeres gebrüllt. Als die Beamten ihn festhalten wollte, habe er um sich geschlagen.
Die Polizei Berlin bestätigt auf Anfrage des RND den Vorfall. Der 60-Jährige habe sich heftig gegen die eintreffenden Polizisten gewehrt. Schließlich brachten ihn die Beamten aufs Revier und nahmen ihm Blut ab. Auch gegen die Blutabnahme wehrte er sich. Gegen ihn wird nun wegen des Verdachts der Volksverhetzung sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. „Deutschland nimmt keine gute Entwicklung“, sagt Feinberg ruhig. „Es wird immer weniger gegen Antisemiten vorgegangen. Immer mehr gilt als legitime Israel-Kritik. Und dann passiert so etwas. Der Mann fühlte sich völlig sicher.“
Am Donnerstag besuchte der israelische Botschafter das Restaurant von Yorai Feinberg. Lesen Sie hier mehr.
Von Jan Sternberg/RND