Buch nach „prophetischen Träumen“ veröffentlicht: Zwei Gutachten zum Amokschützen von Hamburg erstellt
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Die Polizei hat Philipp F. als Täter des Amoklaufs in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg identifiziert.
© Quelle: privat
Hamburg. Die Polizei hat Gutachten über das Buch des Amokschützen von Hamburg in Auftrag gegeben. „Es gibt zwei Gutachten zu dem Buch“, teilte eine Sprecherin der Polizei mit. Zu den Inhalten äußerte sie sich zunächst nicht. „Wir werden es – da es Gegenstand der Ermittlungen ist – aber nicht offiziell vorstellen.“
Der „Spiegel“ hatte zuvor aus einem Gutachten des Extremismusforschers Peter Neumann zitiert. Demnach handelte Philipp F. mutmaßlich aus religiösen Gründen. Neumann sagte dem Nachrichtenmagazin, „Hass auf christliche Religionsgemeinschaften ist das plausibelste Motiv für die Tat von Philipp F.“ Der Täter sei „ein religiöser Fanatiker„ gewesen, der Wut darüber empfunden habe, dass die Religionsgemeinschaften Gläubigen die Wahrheit vorenthielten.“ Diese harsche Kritik ziehe sich wie ein roter Faden durch das Buch.
Neumann betonte in dem Gutachten demnach, sein Fachwissen beschränke sich darauf, „die politisch-ideologische Orientierung von Philipp F. einzuordnen“. Dazu hatte die Polizei ihm acht Leitfragen gestellt. Dem „Spiegel“ sagte Neumann, das Buch sei „kein Manifest“. Es finde sich „kein Hinweis darauf, dass Philipp F. ein Attentat begehen will“.
„Zeit Online“ zufolge litt der 35 Jahre alte Amokschütze vermutlich an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung und war religiös verblendet. Er habe aber wohl in vollem Bewusstsein gehandelt. Dieses Bild ergebe sich aus einem psychiatrischen Gutachten, das dem Portal vorliegt. Erstellt hatte die 49 Seiten umfassende Analyse demnach der Psychiater Christoph Lenk, der regelmäßig als Gutachter für Strafgerichte die Schuldfähigkeit von Angeklagten einschätzt.
Über die Amoktat
Der 35 Jahre alte Philipp F. hatte vor zwei Wochen bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg sieben Menschen getötet - darunter ein ungeborenes Kind. Anschließend brachte er sich selbst um. Neun weitere Menschen wurden bei der Amoktat verletzt.
Augenzeugenvideo zeigt Schützen bei Amoktat in Hamburg
Der Schütze tötete bei seinem Amoklauf in Hamburg acht Menschen. Die Ermittler identifizierten ihn als Philipp F., der sich nach der Tat selbst richtete.
© Quelle: Reuters
Zuvor hatte es einen anonymen Hinweis zu dem Täter gegeben. Nach Informationen von „Zeit Online“ beschrieb der Verfasser darin, dass F. an Verfolgungswahn und wahrscheinlich unter Schizophrenie leide. Klare Hinweise auf eine solche psychotische Erkrankung mit Wahnsymptomen sieht Gutachter Lenk jedoch den Angaben zufolge nicht, ebenso wenig wie auf eine andere psychische Erkrankung oder auf eine Drogensucht.
Beamte der Waffenbehörde hatten bei dem Sportschützen keine Auffälligkeiten festgestellt. An der Überprüfung von Waffenbesitzern generell und dem Amokschützen im Speziellen war in Folge vielfach Kritik laut geworden.
RND/dpa