Der Fall Anatoliy Shariy: Ukraine fordert Auslieferung von prorussischem Youtuber
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2020 protestierten Unterstützerinnen und Unterstützer des prorussischen Bloggers Anatoliy Shariy nahe des Büros des ukrainischen Präsidenten in Kiew (Archivbild).
© Quelle: picture alliance / NurPhoto | Maxym Marusenko
Roda de Berà. Anatoliy Shariy geht‘s gut. Er fährt einen Range Rover und hat sein Haus an der spanischen Costa Dorada bar bezahlt, 670.000 Euro. In Barcelona besitzt er eine Zweitwohnung. Das berichtete die Tageszeitung „La Vanguardia“ im vergangenen Juli nach einem Besuch in Shariys schönem Haus. Sein Geld verdiene er mit Youtube-Videos, erzählte er den Reportern. Das kann sein. Wer seinen Kanal besucht, der 2,96 Millionen Abonnenten verzeichnet, muss Werbung über sich ergehen lassen. So verdient man Geld auf Youtube, vielleicht sogar sehr viel. Kann aber auch sein, dass Shariy noch andere Einnahmequellen hat.
Shariy, 43 Jahre alt, ist Ukrainer, hat aber ein gespaltenes Verhältnis zu seinem Heimatland. In einem englisch untertitelten Video vom Januar dieses Jahres erklärt er seinen Zuschauern und Zuschauerinnen, warum die Ukraine ein faschistisches Land sei. Das ist der Diskurs Putins und dessen Vorwand für den russischen Überfall auf die Ukraine. Shariy sagt von sich, dass er ein unabhängiger Journalist sei. Die ukrainische Kommunikationsforscherin Maria Avdeeva sagt im Gespräch mit „La Vanguardia“: „Er ist kein Journalist, sondern ein Teil der russischen Propagandamaschinerie.“
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Eine Art ukrainischer „Querdenker“?
Wenn die Analyse der Website „The New Voice of Ukraine“ stimmt, dann wäre Shariy eine Art ukrainischer „Querdenker“ und die Stimme aller, „die Bestätigung für alles suchen, von dem sie denken, dass es schiefläuft in ihrem Land“. Offenbar legte sich Shariy vor zehn Jahren mit dem damaligen als prorussisch geltenden Präsidenten Viktor Janukowitsch an und suchte Zuflucht in Litauen, das ihm politisches Asyl gewährte. Sein Asylstatus ist ihm mittlerweile von Litauen wieder entzogen worden, anscheinend auf Bitten des jetzigen ukrainischen Präsidenten Selenskyj.
Die Ostsee hat Shariy fürs Mittelmeer eingetauscht: 2016 zog er nach Spanien, erst nach Barcelona, dann nach Roda de Berà in der katalanischen Provinz Tarragona. Warum gerade dorthin, ist ein Rätsel. Er teilt seit Kurzem aber seinen Anwalt mit dem früheren katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont, der ebenfalls im Exil lebt, in Brüssel.
Ukrainischer Geheimdienst beschuldigt Shariy
Den Anwalt braucht Shariy jetzt. Der ukrainische Geheimdienst beschuldigt ihn seit Anfang vergangenen Jahres, Landesverräter und eine Marionette Russlands zu sein. Die ukrainische Justiz fordert seine Auslieferung. Am Mittwoch vergangener Woche nahm ihn die katalanische Polizei für einen Tag fest. Ein Untersuchungsrichter setzte ihn nach einem Tag wieder auf freien Fuß, entzog ihm aber den Pass und verpflichtete ihn, zweimal im Monat bei Gericht vorbeizuschauen.
Spanien wäre den ungebetenen Gast wahrscheinlich gerne los. Hin und wieder versammeln sich vor dessen schönem Haus an der Costa Dorada ukrainische Demonstrierende, die Shariy für Neonazis hält und mit denen er sich vor ein paar Wochen verbal angelegt hat. In die Ukraine zurück will er nicht, dort rechnet er mit Haft und Ermordung. Noch macht er weiter täglich Videos, mit denen er bei Youtube sein Geld verdient. Alles spricht dafür, dass sie kein Beitrag zur Völkerverständigung sind.
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