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Angeklagter im Fall Kenosha weist Vorwürfe zurück

Kyle R. muss sich vor Gericht verantworten.

Kyle R. muss sich vor Gericht verantworten.

Kenosha. Im Prozess um tödliche Schüsse in der US-Stadt Kenosha im Sommer 2020 hat der Angeklagte Kyle R. am Mittwoch selbst ausgesagt und die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. „Ich habe nichts Unrechtes getan. Ich habe mich verteidigt“, sagte R. und machte Notwehr geltend. Der inzwischen 18-Jährige hatte bei einer Black-Lives-Matter-Demo in der Stadt Kenosha am 25. August 2020 zwei Demonstranten mit Schüssen aus einem Gewehr getötet und einen weiteren verletzt.

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R. war 17 Jahre alt, als er aus seiner Heimat im US-Staat Illinois zu den Protesten gegen die Erschießung eines Schwarzen durch einen weißen Polizisten anreiste - jedoch nicht, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu demonstrieren, sondern als selbst ernannter Verteidiger der Ordnung. Die Frage seines Anwalts, ob er in Kenosha auf Ärger aus gewesen sei, beantwortete er am Mittwoch mit Nein.

Während seiner Aussage brach R. in Tränen aus, so dass Richter Bruce Schroeder die Verhandlung kurzzeitig unterbrach. Den ersten Mann habe er tödlich getroffen, nachdem dieser ihn verfolgt und seine Hand auf den Lauf seines, R.s, Gewehrs gelegt habe, sagte er aus. Zuvor an jenem Abend habe der Mann ihm zwei Mal angedroht, ihn umzubringen.

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„Keine Absicht zu töten“

Auf den zweiten Mann, den er tödlich traf, habe er geschossen, nachdem dieser ihn mit einem Skateboard ins Genick geschlagen und sein Gewehr ergriffen habe, sagte R. Der dritte Mann habe sich auf ihn gestürzt und seine Pistole dabei direkt auf seinen Kopf gerichtet, sagte R. weiter aus. Daraufhin habe er auch auf ihn geschossen und ihn verletzt. „Ich hatte nicht die Absicht, sie zu töten. Ich hatte die Absicht, die Leute aufzuhalten, die mich angriffen“, sagte R.

Im Kreuzverhör fragte der Staatsanwalt Thomas Binger den Angeklagten, ob es angemessen sei, tödliche Gewalt anzuwenden, um Eigentum zu schützen. Er stellte auch Fragen zum Schweigen von R. nach seiner Verhaftung. Der Richter schickte daraufhin die Geschworenen aus dem Saal und warf Binger sichtlich verärgert unzulässige Fragen vor. Er habe außerdem versucht, Zeugenaussagen einzuführen, die Schroeder nicht zulassen wollte. Die Verteidigung beantragte daraufhin einen Abbruch des Prozesses.

R. hatte in der Vergangenheit erklärt, er sei nach Kenosha gereist, um Eigentum zu schützen, nachdem in zwei vorangegangenen Nächten im Umfeld der Proteste Feuer gelegt worden waren und es zu Plünderungen gekommen war. Über fünfeinhalb bisherige Prozesstage hinweg hatte die Anklage versucht, R. als Aggressor darzustellen. Selbst Zeugen der Anklage stützten aber häufig R.s Darstellung, in Notwehr gehandelt zu haben. Rechtsexperten hatten erklärt, möglicherweise müsse R. deshalb gar nicht mehr selbst aussagen. Der Richter wies R. eigens auf das Recht zur Aussageverweigerung und die möglichen Risiken einer Aussage hin.

Das Gericht muss darüber befinden, ob sich R. bei den Schüssen selbst verteidigte, wie seine Anwälte sagen. Im Falle eines Schuldspruchs droht ihm lebenslange Haft. Der Fall hat politische Brisanz. Zwar sind sowohl der Angeklagte als auch die Opfer Weiße, dennoch entzündete sich an der Tat eine Debatte über Selbstjustiz, das Recht auf das Tragen von Waffen und über die Unruhen nach der Tötung des Schwarzen George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz.

RND/AP

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